Heute gibt es keine Orientalisten mehr, sondern wenn es um die wissenschaftliche Erforschung des Islam geht, greift man umgehend in islamgrüne Soße. Dominique Thomas, einer dieser Pseudowissenschaftler, der schon äußerlich eine Salafistenerscheinung ist, wird vom Figaro vorgestellt als "Spezialist des radikalen Islam und Forscher an der Ehess", der Hochschule für Sozialwissenschaften. Von dort kommt auch Edgar Morin, der am 4. Juni 2002, in Le Monde gemeinsam mit Sami Naïr und Danièle Sallenave den Artikel schreibt: "Israël-Palestine: le cancer", Israel-Palästina: das Krebsgeschwür. Der Artikel ist ein Ausbruch von Haß gegen die Juden, gegen Israel und gegen dessen Premierminister Ariel Sharon.
Lehrer wie Edgar Morin ist Dominique Thomas zum Glück nicht, wie das Verzeichnis von 2011-2012 ausweist. 2007 bis 2008 wird er als Doktorand geführt, im Mai 2011 ist er immer noch Doktorand, nun schon mindestens fünf Jahre, und er hält im Rahmen einer Vorlesungsreihe über die Golfregion einen Vortrag zum Thema L’engagement djihadiste en péninsule arabe : trajectoires militantes et exemples de radicalisation. Die Verpflichtung zum Glaubenskampf auf der arabischen Halbinsel: Militante Laufbahnen und Beispiele der Radikalisierung. Im September 2010 ist der Propagandist mit der in den arabischen Staaten und auf sunnitischen Websites verbreiteten Nachricht L'islamophobie en Occident est l'oxygène d'Al Qaîda unterwegs. Die Islamophobie im Westen ist der Sauerstoff für Al-Qaida, wobei er weder definiert, was er unter Islamophobie versteht, noch was der Sauerstoff da bewirken soll. Die Kämpfer der Qaida leben, oft über viele Monate in schlecht gelüfteten Höhlen Afghanistans, von Koran, Waffen und Petrodollars, damit werden die Terroristen und die anderen Zweigstellen der Muslimbruderschaft reichlich versorgt, unabhängig davon, ob in den USA, von 18 bis 21 Uhr des symbolträchtigen 11. September 2010, ein Pastor einen Koran verbrennen will oder nicht.
Wenn man bis jetzt noch meinen könnte, Dominique Thomas wäre vielleicht doch Wissenschaftler, dann ist diese Illusion spätestens verflogen nach der Lektüre seiner Einschätzung der Entwicklung in Libyen, vom 24. Februar 2011. Darüber könnte man sich ausschütten vor Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Libye: «Un Etat islamique libyen est peu probable, sauf si le pays sombre dans l'anarchie durablement». "Ein libyscher islamischer Staat ist wenig wahrscheinlich, außer wenn das Land dauerhaft in der Anarchie versinkt." Nein, in die Hände von "Islamisten" könne der Staat nicht fallen. Die radikalen Muslime sind nun aber gerade diejenigen, und zwar die einzigen, die Anarchie verhindern können, mit Gewalt und Unterdrückung aller liberalen demokratischen Regungen. Für eine derartig beleidigende Fehleinschätzung sollten die radikal-islamischen Herrscher des Landes dem Dominique Thomas Einreiseverbot erteilen. Wer solche Freunde hat, bedarf keiner Feinde mehr.
Am 1999 vom Erziehungsminister geschaffenen Institut d'études de l'Islam et des sociétés du monde musulman (IISMM), dem Institut für Islamstudien und der Gesellschaften der islamischen Welt, einem Institut der Ehess, soll Dominique Thomas laut Website der Ehess auch noch beschäftigt sein. Gibt man seinen Namen dort in die Suchfunktion ein, erhält man allerdings kein Ergebnis, obgleich er angeblich assoziierter Forscher des IISMM ist, chercheur associé à l'IISMM.
Dieser "Spezialist", der nicht einmal in der Lage ist, sein Forschungsobjekt, den radikalen Islam in den arabischen Staaten, wissenschaftlich zu erfassen, wird den Lesern des Figaro von Jean-Marie Guénois angedient in einem Interview zum Thema: Entre 5000 et 10.000 salafistes en France. Zwischen 5 000 und 10 000 Salafisten in Frankreich. Die armen Leser bekommen das in der vente forcée vorgesetzt, dem 4,50€ kostenden Zwangsverkauf des Wochend-Hochglanzes. Zum Glück habe ich den Figaro in meinem Stamm-Café. Danke, Laurent!
"Gibt es ein salafistisches Risiko in Frankreich?"
"Der Salafismus, so wie er in Frankreich praktiziert wird, ist keine Gefahr für die Gesellschaft." Es folgen Erzählungen, daß nur ganz wenige Muslime, die sich radikalisiert haben bis hin zur Gewalt, aus Zirkeln salafistischer Prediger gekommen seien, der Salafismus lehne die politische Gewalt ab. Der Salafismus, auf den sich Al-Qaida berufe, sei ein anderer.
"Welches sind die verschiedenen Formen des Salafismus?"
Es gebe drei Strömungen, den "quietistischen", traditionalistischen, der jedes politische Engagement ablehne, den "reformistischen", der soeben sich im "arabischen Frühling" entwickele und zur Parteienbildung aufrufe, um sich Wahlen zu stellen, und den "aktivistischen", glaubenskämpferischen Salafismus, der sei am begrenztesten, le plus limité. "Er fordert die Gewalt, um die Legitimität der Staaten zu bestreiten und führt einen Kampf gegen den Westen. Diese drei Bewegungen stehen untereinander in Konkurrenz."
Das hinterfragt der Interviewer nicht. Diese drei Strömungen konkurrieren nicht, sie unterscheiden sich, was die Islamisierung nichtislamischer Staaten angeht, nicht inhaltlich, sondern sie sind Stufen zur Machtübernahme. Das Ziel ist für alle gleich, sie unterscheiden sich in Strategie und Taktik. Ein Mohamed Merah, ob er Salafi ist oder durch Stiefvater, Bruder und dreimonatigen Knastaufenthalt in "Schnellbesohlung", wie man sie zu Zeiten des real existierenden Sozialismus westlichen Sozialisten angedeihen ließ, für den Kampf geschult wird, er operiert in einem (noch) nicht bereiten Umfeld mit ungeeigneten Waffen. Er ist keine Konkurrenz, sondern er wirft die Bemühungen der "Quietisten" und "Reformisten" zurück.
Es geht weiter damit, daß Dominique Thomas die Rolle der von Nicolas Sarkozy ausgeladenen Prediger verniedlicht. Einer, der meint, wenn es nicht Hindernisse durch den Staat gäbe, würde man die Juden zwischen den Zähnen zerreißen, gilt ihm als jemand, der "eine konservative Vision der Gesellschaft" habe, die Judenfeindschaft müsse im Kontext des israelisch-palästinensischen Konfliktes gesehen werden. Die Prediger schwämmen auf dieser Welle, um zu mobilisieren und sich mit dem Kampf der palestinensischen Bevölkerung zu solidarisieren. "Solange keine energischen Maßnahmen ergriffen werden, ist das Risiko von Ausschreitungen gegenwärtig."
Die Verbannung der Prediger sei ein symbolischer Akt, der nichts an der Anwesenheit der Salafisten in Frankreich ändere. 5 000 bis 10 000 lebten hier, Tendenz steigend. Mit Internet und Satellitenschüssel könnten die Fernsehprediger weltweit gesehen und gehört werden, ihr Einfluß könne so nicht vermindert werden, denn sie seien sehr populär. Wenn es das "Drama" (sic!) in Toulouse nicht gegeben hätte, wäre die Einreise der Prediger nicht zum Problem geworden.
Wie auch bei den radikalen Muslimen - unterstellt, Dominique Thomas ist keiner - folgt die Drohung zum Abschluß, wenn auch eine feine, auf dem Niveau des Verprügelns einer Ehefrau mit einem Zahnstöcherchen. Das Gesetz über das Kopftuchverbot hätte schon Auswirkungen, aber man sollte die negativen Folgen der Einreiseverweigerung nicht überbewerten. "Auf dem Spiel steht die neue Generation der Führung, die in den arabischen Staaten hervorkommt. Sie nimmt für sich gewiß den politischen Islam in Anspruch, aber es gibt alle möglichen Nuancen. Diese Maßnahme läuft also Gefahr, als negatives Signal aufgenommen zu werden. Die Frage ist die neue politische Kartographie der arabischen Welt. Die Angelsachsen, viel pragmatischer als wir, werden daraus Profit ziehen. So haben die Amerikaner und die Engländer schon Kontakt aufgenommen mit vielen dieser neuen politischen Formationen, die hervorgekommen sind."
Mit anderen Worten, die radikalen arabischen Herrscher werden anders als die Prediger in Folge der Mohammed-Karikaturen die Massen nicht wegen einiger unwillkommener Imame aufmischen. Ihre Glaubensbrüder sind jetzt nämlich in Tunesien, Ägypten, Libyen nicht mehr in der Opposition zu den Diktatoren, sondern selbst Diktatoren an der Macht. Diese strategisch, politisch und wirtschaftlich wichtigen neuen Machthaber hat Nicolas Sarkozy vergrätzt. Um den USA und England den Rang abzulaufen, müßte sich Frankreich den Salafisten noch mehr öffnen, noch mehr Judenhaß, Geringschätzung von Frauen, Ablehnung des laizistischen demokratischen Staates dulden, kurz, der friedlichen Islamisierung Frankreichs noch mehr Vorschub leisten, als die Regierung das jetzt schon tut.
Das ist die moderne Islamwissenschaft in Aktion, die Dienerin des Islams und der Ansprüche der arabischen Staaten. Dominique Thomas wird von den Steuerzahlern Frankreichs finanziert, um eben diesen ihre Unterwerfung unter den Islam schmackhaft zu machen, der Figaro druckt's ab, und sein Besitzer Serge Dassault unterschreibt demnächst Lieferverträge französischer Hightech-Waffen nicht nur mit dem alten Freund aus Katar, sondern mit allen Blüten des arabischen Frühlings.