Einer in der langen Reihe kriegt die Hand geschüttelt
Die Eindrücke erster Hand sind "Besuch im Parlament, in einer Automobilfabrik, beim zentralen Freitagsgebet in Teheran, bei den Massenprozessionen zum Tod der Prophetentochter Fatima, und wir trafen zahlreiche Experten und Vertreter aus Politik und Forschung sowie Vertreter der religiösen Minderheiten (Christen, Juden, Zoroastrer)." Die Zeit hat nicht gereicht, auch noch das Evin-Gefängnis zu besuchen und die Baukräne zu bewundern, an denen Homosexuelle aufgehängt zu werden pflegen, wenn man sie nicht einfach vom Dach stürzt. Steinigung ist ebenfalls gerade nicht angesagt, so oft kommt sie leider nicht vor.
Der Empfang bei Ahmi geschieht in Privataudienz, schließlich sind die Delegationsmitglieder (noch) keine Vertreter der Bundesregierung, aber in den Landtag könnte es Delegationsmitglied Claus Hübscher, der Kreisvorsitzende der FDP-Delmenhorst, im Jauar 2013 schaffen. Über den Vertreter des deutschen Staatssenders ZDF und dessen zwei Jahre andauernde Versuche, den Präsidenten der Islamischen Republik Iran zu interviewen, kann Jürgen Elsässer nur hämisch lachen: Claus Kleber? Hahaha!
Ahmi hat es anscheinend nötig, sich mit diesem Häufchen dickbäuchiger, schlotterig bis geschmacklos gekleideter Judenhasser und Israelfeinde vor Fernsehkameras aufzustellen. Ob das seinem Vorgesetzten Ali Khamenei gefällt? Ahmi, das ist alles, was du vorweisen kannst an Fürsprechern?
Was die Parteinahme angeht, um die es nicht ging, das audiatur et altera pars, so gerät dem Jürgen Elsässer einiges durcheinander. Er und die Seinen sind bereits seit Jahren Partei des Iran, von keinem der namentlich bekannten Delegationsmitglieder ist je ein Wort gegen den Iran vernommen worden, sonst hätten sie die Reise nicht antreten können. Im Iran hätte angestanden, mit Ahmi zu diskutieren, warum Israel unbedingt von der Erdoberfläche ausgelöscht werden sollte, wie vorm Gebäude des Bassidji-Widerstandszentrums der Ghoweh-Ghasaieh, der Gerichtsmachtmobilisierung des Bassidji-Widerstandsbezirks der Ministerien und Ämter plakatiert: isra´il bayad az safhe-e ruzgar mahv shavad. Israel should be wiped out of the face of the world. Das wäre ein Einsatz für die andere Seite gewesen. Aber da der Präsident dem Häuflein der 14 Aufrechten mehr als eine Stunde widmete, werden die Leser ja vielleicht noch angenehm überrascht? Was den Neid angeht: Ja, ich bin neidisch, daß ich nicht in den Iran reisen kann, weil ich meine Seele nicht an die Kriegstreiber im Iran verkauft habe.
Nach langer Vorrede, in der er sich gebührend beweihräuchert, kommt der Reisende zum Punkt, genauer, zu zwei Punkten, der erste betrifft die Erwartung eines Krieges:
"1.) Während ich mit gewissen Sorgen die Reise angetreten hatte, weil ich von der Möglichkeit eines jederzeitigen israelisch-amerikanischen Angriffskrieg ausgegangen war, plagt diese Sorge im Land niemanden. Es gab bei keinem unserer Gesprächspartner auch nur den Hauch von Nervosität, geschweige denn Panik. Während in Israel laufend Zivilschutzübungen abgehalten werden, geht jeder im Iran seinen Alltagsgeschäften nach. Auf den Straßen gibt es keinerlei Militär und auch kaum Polizei. Auf Nachfrage erklärten alle Gesprächspartner unisono, dass sie NICHT von einem baldigen Krieg ausgehen und dass sie, falls er kommen sollte, ein großes Vertrauen in die eigene Verteidigungsfähigkeit haben."
Merkt er überhaupt, was er da schreibt? Das heißt doch gerade, daß niemand damit rechnet, daß Israel den Iran angreift, nicht einmal der "Maulheld" Ahmi, wohingegen Israel seinerseits auf Grund zahlreicher Ankündigungen einflußreicher Ayatollahs damit rechnet. Die Regierung Israels erklärt eben entgegen der Prosa des Günter GraSS nicht, sie nehme sich das Recht zu einem atomaren Erstschlag heraus, die Regierung veranstaltet keine Planspiele zur Auslöschung des iranischen Volkes. Die Führung des Iran aber nimmt billigend in Kauf, daß Tausende ihrer Glaubensbrüder bei einem nuklearen Angriff auf Israel ums Leben kommen. Der ehemalige Präsident des Iran (1989 bis 1997) und seinerzeitige Vorsitzende des Expertenrates Ayatollah Akbar Hashemi Rafsanjani, der von westlichen Politikern und Medien immer als als ein Politiker der Mitte und pragmatischer Konservativer eingeschätzt wird, verkündet in einer Freitagspredigt, vom 14. Dezember 2000:
“The Jews [who immigrated to Israel] should expect a ‘reverse exodus', because one day, the tumor will be removed from the body of the Islamic World, and then millions of Jews who moved there will become homeless again. And when will that be? We shall have to discuss it another time”… “If one day, a very important day, of course, the Islamic World will also be equipped with the weapons available to Israel now, the imperialist strategy will reach an impasse, because the employment of even one atomic bomb inside Israel will wipe it off the face of the earth, but [such a bomb] would only do damage to the Islamic World. It is not unreasonable to consider this possibility… the people who have no choice but to sacrifice themselves will not be intimidated by the [Israeli] violence. After all, they have nothing to lose. How can a man lose something when he believes that by blowing himself up, one moment he is in the material world and in another moment he is in a divine heaven, borne by the wings of God's angels. And when he comes there, he shall sit by the Prophet and God's offspring, in a welcoming ceremony honoring the Shahids.”
"Die Juden [die nach Israel eingewandert sind] sollten einem 'umgekehrten Exodus' entgegensehen, weil das Krebsgeschwür eines Tages vom Körper der islamischen Welt entfernt werden wird, und dann werden Millionen Juden, die sich dorthin begeben haben, wieder heimatlos werden. Und wann wird das sein? Das müssen wir ein andermal diskutieren" ... "Wenn eines Tages, eines sehr wichtigen Tages, die islamische Welt selbstverständlich mit den Waffen bestückt sein wird, die Israel heute zur Verfügung stehen, wird die imperialistische Strategie in eine Sackgasse kommen, weil der Einsatz von nur einer Atombombe in Israel es von der Erdoberfläche wischen wird, aber [solch eine Bombe] würde der islamischen Welt nur Schaden zufügen. Es ist nicht unvernünftig, diese Möglichkeit zu erwägen ... die Völker, die keine Wahl haben, als sich selbst zu opfern, werden durch die [israelische] Gewalt nicht eingeschüchtert werden. Letztlich haben sie nichts zu verlieren. Wie kann jemand etwas verlieren, wenn er glaubt, daß er in dem Augenblick, in dem er sich in die Luft sprengt, in der materiellen Welt ist, und im nächsten Augenblick ist er im göttlichen Himmel, geborgen von den Flügeln der Engel Gottes. Und wenn er dorthin kommt, soll er in einer die Märtyrer ehrenden Willkommenszeremonie neben dem Propheten und den Nachkommen Gottes sitzen."
Jürgen Elsässer führt dann noch Paris an, vor vier Wochen war er dort, der Vielgereiste, welltravelled, nennen Orientalen solche Persönlichkeiten und feixen sich einen dabei. Was meint er denn, warum dort "schwerbewaffnete Gendarmerie an jeder Ecke patrouilliert"? Das ist in der Hochzeit der Drohungen gegen den französischen Staat, seine Einrichtungen und seine Bürger nach den Schlächtereien an muslimischen Glaubensbrüdern, die im Auftrag der Ungläubigen gegen Muslime kämpfen, und an einem Rabbi und drei jüdischen Kleinkindern, begangen durch Mohamed Merah in Toulouse und Montauban. Wie das ein Beispiel für kriegslüsternde Franzosen sein kann, bleibt das Geheimnis des Jürgen Elsässer. Mit den Operationen Frankreichs in Libyen haben die Patrouillen jedenfalls nichts zu tun.
Was Punkt 2 der Hervorhebungen angeht, da wird es märchenhaft. Die Tausendundzweite Nacht bricht an! Sein Idol aber verteilt im Wahlkampf 2009 Kartoffeln an die Armen im Süden Teherans, damit sie ihn wiederwählen. "Bettler, Prostituierte, Elend, Schmutz – all das sucht man vergeblich"? Wieviele Minuten hat der Freund des Ahmi aufgewendet, danach zu suchen? Hat er, was die Prostitution angeht, schon gehört von der sigheh, der nekah-e monghate'e, der mut'ah, der Zeitehe? So viele verschiedene Bezeichnungen für ein so verbreitetes Phänomen! Darüber wissen ja sogar Wiki, die FAZ und das ZDF Bescheid. Bettler und Elend hat man ihm vielleicht als Fakire vorgestellt? بد بخت!
"Aber wussten Sie, dass der Arbeitstag im Iran nur 6 Stunden dauert, die Woche nur 30 Arbeitsstunden hat?" Ja, das wissen Leute in Europa, und sie wissen auch, warum, und warum sich das seit den Zeiten des verhaßten Schah nicht geändert hat. Vielleicht schreibt Jürgen Elsässer darüber im zweiten Teil seines Berichtes? Und daß der 1. FC Bayern gegen Real Madrid gewonnen hat, der soeben das Kreuz der Krone seines Emblems für den Großauftritt in Dubai entfernt hat und dafür gleich bestraft worden ist, das hätte noch Platz gehabt, stattdessen muß ein Edelhotel in Budapest denunziert werden. In Budapest gibt es halt andere Verlustierungen als in Isfahan, da haben die Studenten doch nichts anderes. Was tut der Schwager eines Linken, der im Studentenwohnheim von Isfahan haust, überhaupt in einem Firstclass-Hotel? Und was die Unterkunft in Isfahan angeht, da gab es zu Zeiten des Schah zu Gästehäusern umgewidmete Paläste. Die werden noch funktionieren sowie gute Hotels am Ort, aber für die Deutschen des Vereins "Islamischer Weg" und ihr bescheidenes Budget reicht die Studentenbutze. Richtig so, Ahmi, gut gemacht, und Jürgen Elsässer verschweigt das nicht schamhaft, sondern protzt noch damit, wie man die Delegation behandelt hat.
مردن برای همه است