Le Roy est mort ! Vive le Roy !
Vielleicht die Parteimitglieder, die für ihn den Wahlkampf geführt haben, und die durch ihn in Amt und Würden gelangten Regierungsmitglieder zerdrücken einige Tränen, schon allein ihrer verlorenen Posten und Pfründe wegen, wie die Courtisans et Courtisanes, die Höflinge und Maitressen des verstorbenen Königs von Frankreich, stehen sie hinter dem Vorhang und verfolgen aus den Augenwinkeln und gemischten Gefühls den vorbeiziehenden Sarg: Was wird die Zukunft bringen?
Eines Tages, im folgenden Jahr, gibt's für den ehemaligen Präsidenten noch einen Orden oder ein Upgrading des Ordens der Légion d'honneur, aber das ist auch alles. Derweil regieren die Geringschätzung und das Verdrängen seiner Persönlichkeit sofort nach dem Amtswechsel auf Blogs und in den Medien Frankreichs, der Blog Point de vue incorrect, Blog des inkorrekten Blickwinkels, und Le Figaro seien exemplarisch vorgestellt, beide deshalb, weil aus ihnen keine Zuneigung zu den jetzigen Gewinnern, dem Parti Socialiste und dessen linksextremen und kommunistischen Verbündeten, zu erkennen ist.
Die Lieblingsbeschäftigung der Franzosen ist dokumentiert im Verb râler : meckern, motzen, ärgern, röcheln, ächzen, rasseln, pfeifen. Le Français râleur, der Franzose als Meckerer und Nörgler, das ist ein stehender Begriff, Google.fr findet 3 730 Links, und es meckern eben diejenigen, die nichts unternommen haben, einen anderen Zustand zu erreichen als den, über den nun gemeckert, gemotzt und auf den gepfiffen wird.
Le Blog Point de vue incorrect
"Le Roy est mort, vive le Roy ! So ist es nun, wir sind endlich befreit von Sarkozy und seiner Clique von Geschäftsleuten und der Minister in ihrem Sold ... Platz den guten, großzügigen, selbstlosen Leuten, ein Willkommen an [Laurent] Fabius, [Michel] Sapin [inzwischen Außenminister und Minister für Arbeit, Beschäftigung und sozialen Dialog] und an alle die Komplizen von einst, der guten alten Zeit von [Präsident François] Mitterrand und seiner Clique von Geschäftsleuten und der Minister in ihrem Sold ... Wie ich die Zeit liebe, sie ist schelmisch und herausfordernd, aber sich selbst immer gleich und identisch für alle, und wenn das die einzige Gerechtigkeit in dieser Welt wäre, daß die Zeit gleich schnell vergeht für jeden und für alle? ... Nein, ich habe nichts vergessen ..."
Nach drei Abschnitten über die neue Regierung, mit der sich nichts ändern werde, daß Rechts und Links im Gegensatz zur Zeit des Staatspräsidenten François Mitterrand sich nicht mehr unterscheide, es nichts mehr zu revolutionieren gebe, nach einem Stich gegen die über Frankreich gekommene amerikanische Konsumgesellschaft, die alles zerstört und Gott durch den Dollar ersetzt habe, und einer Warnung, daß François Hollande seine Wahlversprechen schon auf Grund der seit 30 Jahren angehäuften und nun rückzuzahlenden Staatsschulden nicht wahrmachen könne, setzt es Schläge gegen den "toten König", den abgewählten Präsidenten Nicolas Sarkozy und seine Regierungsmannschaft.
"Was geschieht nun mit dem ehemaligen Präsidenten? Also, er wird uns bis zu seinem Tode 1,5 Millionen Euro im Jahr kosten, genau wie die Opas Giscard [d'Estaing] und Jacques [Chirac], die ehemaligen Präsidenten mit vergoldeter Pension, die das Wählervertrauen mißbraucht haben. Stellt Euch vor, daß jeder einzelne dieser "Kasper" sieben Sekretäre und Assistenten hat, ein Auto mit zwei Fahrern, einen im Verfassungsrat reservierten Platz zu 11 500€ pro Monat zusätzlich zu ihrer Pension von 6 000€ pro Monat, auch haben sie die Möglichkeit, beherbergt, ernährt und ähnliches in allen Botschaften Frankreichs weltweit zu werden. Versteht Ihr nun, warum sie sich alle darum reißen, die Nummer Eins der Nation zu werden, der höchste Beamte unseres typisch französischen Königreiches?"
Er fährt fort mit Schimpfkanonaden gegen Vergünstigungen, Freundschaften, zweifelhafte Berater, kurz alles, was ihre Unfähigkeit und Erfolglosigkeit ausmache, vor allem nach dem Mauerfall in Deutschland. Es sei "der alte Fabius" gewesen, der während seiner Amtszeit als Premierminister die gesellschaftlichen Vergünstigungen durchgesetzt habe, die Aufhebung der Besteuerung von in Antiquitäten und Kunstwerken angelegten Vermögen, um seiner eigenen Familie nicht zu schaden. Von den Sozialisten hätte niemand etwas zu befürchten, sie seien ebenso zwielichtig wie ihre Vorgänger, würfen allerdings auch noch einen Blick auf die Ärmsten der Armen. Zusätzlich bereicherten sie sich persönlich, aber in dem sie den Armen noch einige Krümel abgäben, während die von der UMP des scheidenden Präsidenten alles einnähmen und den Rest den Reichen überließen, die sie umgeben.
Le Figaro
Ich lese Le Figaro regelmäßig in meinem Stammcafé. Seit dem 6. Mai 2012, dem Tag der Niederlage in den Präsidentschaftswahlen, habe ich keinen einzigen Artikel gefunden, der über die Amtszeit des Nicolas Sarkozy sachlich berichtet, von Würdigung nicht zu reden. Stattdessen ist die Aufhebung der Immunität des Präsidenten ein heißes Thema, nicht nur die des Nicolas Sarkozy, sondern überhaupt die ehemaliger Präsidenten. Die Redakteure, Journalisten, Korrespondenten, sie können sich endlich schadlos halten, können vorgeben, daß sie objektiv berichten über Jacques Chirac, Helmut Kohl, Silvio Berlusconi, Carlos Saul Menem, Nicolas Sarkozy, Immunité, Chef de l'État. Sie verwechseln Sensationsheischerei, Dreckschleudern, mit Aufklärung ihrer Leserschaft über die Aktivitäten von Regierungen und deren Präsidenten. Der Schaden, den sie dem Amt damit zufügen, kümmert weder die Autoren noch die Herausgeber der Blätter, in diesem Fall Le Figaro, von der linksgewirkten Justiz nicht zu reden. Le juge Gentil, fait-il partie du syndicat de la magistrature ? Ist [der Untersuchungsrichter von Bordeaux] Michel Gentil Mitglied der Gewerkschaft der Richter und Staatsanwälte? fragt die Zeitung Sud Ouest, die Affäre Bettencourt betreffend.
Zwischen den beiden Wahlgängen, am Abend des 15. Juni 2012, an dem seine Immunität als Präsident beendet ist, knöpft sich Gary Assouline den abgewählten Präsidenten vor, er beteiligt sich an der Hatz: Ces affaires qui pourraient toucher Nicolas Sarkozy. Die Affären, die Nicolas Sarkozy betreffen könnten. Der sieht schon seit dem 6. Mai keine Sonne mehr: Der König ist tot! Die Schamlosigkeit kennt keine Grenzen. Es geht darum, daß Nicolas Sarkozy umgehend belangt werden kann. Die Anti-Sarkozy-Haßseite Mediapart des ex-Trotzkisten Edwy Plenel, des ehemaligen Chefredakteurs von Le Monde, die Richter und Staatsanwälte des Syndicat de la magistrature, der Gewerkschaft der Richter und Staatsanwälte, bekannt als politisch links bis linksextrem, gegründet am 8. Juni 1968, die Präsidentschaftskandidatin Eva Joly ist dort Mitglied, haben seit fünf Jahren alles gesammelt, was sie am Tag X gegen ihr Haßobjekt ins Feld führen könnten. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2012 wedeln sie schon einmal damit und betätigen sich so als Wahlhelfer der Linken. Le Figaro zählt der Affären vier, in denen sein Name vorkommt. Nun ist er ein Franzose wie jeder andere, er kann als Zeuge vernommen oder angeklagt werden.
Auf geht's zur Affäre Bettencourt, einer angeblich gesetzwidrigen Wahlkampffinanzierung 2007 durch die Milliardärin (L'Oréal), zur Finanzaffäre Karachi, der mutmaßlichen (immerhin!) Finanzierung seines Präsidentschaftswahlkampfs 2007 durch das libysche Regime, als Skandal präsentiert von Mediapart, und die Affäre der Meinungsumfragen des Elysée (= des Präsidenten).
Frankreich wird in Atem gehalten durch Klatsch und Tratsch, das lenkt ab von der Krisensituation, die weder Nicolas Sarkozy noch François Hollande ernsthaft anzugehen gedenken. Versuche in der Richtung, die Wiederbesetzung nur jeder zweiten im öffentlichen Dienst freiwerdenden Stelle, die Einrichtung eines Gerichts für jugendliche Wiederholungstäter, besetzt mit Richtern für Jugendliche und für Erwachsene, die Heraufsetzung des Rentenalters auf 62 Jahre, das alles scheitert soeben mit der Wahl des sozialistischen Präsidenten, aber was die Krankenschwester der Liliane Bettencourt deren Fahrer erzählt hat, ob Nicolas Sarkozy überhaupt zu Besuch bei der reichen Gönnerin war, ob sein Name gefallen ist, er Geld bekommen hat, das ist Thema Nummer Eins im Blätterwald, neben der bis zur Beschimpfung reichenden Kritik an Deutschland, den Deutschen und ihrer Kanzlerin.
Die anderen Affären sind ähnlichen Kalibers, die Anwälte des ehemaligen Präsidenten haben alle Hände voll zu tun: Geld von Muammar Khaddafi? Die einen, die Aufständischen, sagen so, der andere, ein ehemaliges Mitglied der Regierung des Diktators, sagt das Gegenteil, behauptet ein Dokument zu besitzen aus dem hervorgehe, daß der libysche Herrscher hat 50 Millionen Euro für den Wahlkampf 2007 bereitstellen wollen, und so geht's mit allen vier Affären. Ein AFP-Foto des Nicolas Sarkozy in der Haltung eines beim Klauen ertappten Schülers reichert den Artikel an; er ist verfaßt von einem stagiaire, einem Praktikanten der Redaktion. Ein solches Bild verbreitet Le Figaro über den Präsidenten Frankreichs, am Tag der Aufhebung seiner Immunität.
Und heute lese ich in der Papierausgabe des Figaro eine AFP-Meldung, in der sein Anwalt Thierry Herzog die Anschuldigungen bestreitet, daß er lückenlos belegt, wo sein Mandant im Wahljahr 2007 gewesen ist, und daß der Terminkalender die Unmöglichkeit eines Besuches bei dem Ehepaar Bettencourt zeige. Das hindert Le Figaro aber nicht, alles noch einmal zu wiederholen, was über den Präsidenten seit 2010 von der ehemaligen Buchhalterin und vom ebenso ehemaligen Vermögensverwalter der Milliardärin behauptet wird, sie habe von letzterem 150 000€ angefordert, die sie dem Schatzmeister des Wahlkampfs hätte überreichen wollen, und daß das Personal ihn im Wahlkampf auch persönlich bei den Bettencourts gesehen hätte. Ergänzt wird die Meldung mit der erstaunten Anmerkung, daß es nicht oft vorkomme, daß eine Person, die öffentlich in Frage gestellt werde, eine derartige Initiative ergreife. Verlinkt ist zur nochmaligen Lektüre der Praktikantenartikel.
So geht die Demontage des ehemaligen Präsidenten weiter, unbeschadet des Ansehensverlustes, den das Präsidentenamt dadurch erleidet. François Hollande kann sich schon einmal vorfreuen, was auf ihn nach Amtsende zukommt; denn es trifft jeden, unbeschadet der Folgen für das Ansehen des Landes. Eine Zeitung, die angeblich konservativ ist, sich allerdings die Schelte Deutschlands durch einen israelischen Sozialisten, einen Jew on Demand, auf ihrer vorletzten Seite leistet, nachzulesen bei Bedarf im Artikel Frankreich. Shlomo Ben Ami über deutsche Arroganz, eine solche Zeitung demontiert gleichzeitig ihr eigenes Land, la Grande Nation, der Linken und ihrer Abneigung gegen Staat und Nation bedarf es dazu nicht mehr.