Liebe Freunde!
Wie Ihr in zahlreichen Artikeln lesen könnt, ist meine Herrin mal wieder mit nichts zufrieden. Diesmal geht es um die Politik in Frankreich. Sans modération schlägt sie ein auf rechte und linke Politiker, Gnade vor ihren Augen findet kaum einer, und ihr Liebling Georges Frêche wird am 24. Oktober auch schon zwei Jahre tot sein. Jetzt aber schöpft sie Hoffnung, jedenfalls stellt es sich für mich so dar. Sie wippt durch die Wohnung, streichelt mich, in meinem Pferch, schaf stelle es sich vor! Sie reicht mir frische Möhren und klares Wasser, trällert vor sich hin und ruft plötzlich: "Wer hätte das erwartet, und so schnell? Habe ich den Sozialisten des François Hollande doch immer unrecht getan!"
Erst einige Wochen alt ist seine neue Regierung, schon einmal ist sie umgebildet und um weitere Minister reicher, firmiert unter Ayrault II, und statt 34 wirken nun 38 Staatsdiener in ihren schlichten Amtssitzen. Schon überschlagen sich die politischen Reformen, die den Ausweg aus Staatsverschuldung, mangelndem Wachstum der Wirtschaft und ganz allgemein der Hoffnungslosigkeit großer Teile der Bevölkerung weisen: Le changement c'est maintenant ! Der Wechsel, der ist jetzt!
Im Artikel Frankreich. Was auf die Bundesregierung mit François Hollande zukommt, hat meine Herrin die erste grundlegende Reform vorgestellt. Erziehungsminister Vincent Peillon reformiert das Schulwesen: Er will die Sommerferien einen Tag früher beenden und die Herbstferien, zu Allerheiligen, um einige Tage verlängern. "Herrin," blöke ich, "du hast es aber als lächerlich dargestellt. Ich meine, daß es sehr ernst gemeint ist, schaf sieht es schon daran, daß die Kinder noch gar keine Wähler sind, denen der Parti Socialiste entgegehenkäme, um sich für die nächste Wahl Stimmen zu sichern. Und ob die Eltern es gutheißen, daß ihre Sprößlinge noch weniger Tage im Jahr zum Unterricht gehen als die Kinder in anderen europäischen Staaten und dann pro Schultag noch mehr Unterrichtsstunden haben, das ist nicht sicher, oder? Nur böse Zungen haben die Reform unter Kosmetik verbucht, stattdessen zeigt hier ein sozialistischer Minister seine Unabhängigkeit von vordergründigen Interessen irgendeiner Klientel! Er muß darum bangen, ob seine Wähler das honorieren."
"Ja," gesteht meine Herrin ein, "ich habe mich geirrt, und das sehe ich an der nächsten Reform, diesmal durch die Ministerin für Frauenrechte und Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem. Kein Zweifel ist mehr möglich: Frankreich meint es ernst und revolutioniert jetzt die seit Jahrtausenden übel funktionierende Gesellschaft, in dem die Prostitution abgeschafft wird, das älteste Gewerbe der Welt."
Google.fr bietet 427 Ergebnisse zu Mon objectif, comme celui du PS, c'est de voir la prostitution disparaître. Mein Ziel wie das des PS ist es, die Prostitution verschwinden zu sehen, tönt es zustimmend aus allen Staatssendern, liest man es in linken Zeitungen und auf Feministinnen-Blogs, und den Wunsch Je souhaite que la prostitution disparaisse. Ich wünsche, daß die Prostitution verschwinde, bringt es auf 3 220 Ergebnisse. Sie gibt keinen Zeitrahmen vor, sie sei nicht naiv, und so darf schaf annehmen, daß sie die jetzt beginnende Regierungszeit des PS für so lange andauernd hält wie die Prostitution selbst, das Tausendjährige Reich ist dagegen wie ein Tag: Je ne suis pas naïve, je sais que ce sera un chantier de long terme.
Ich bin nicht überzeugt: "Herrin, ist es die Hitze, die deine Sinne vernebelt? Bist du guter Laune, weil du gestern teilnehmen konntest an einem der wunderbaren Feste, wie man sie nur im Süden Frankreichs feiert? Was ist das denn, wo du eingeladen warst, eine Confrérie de l'Escargot du Roussillon, eine Schneckenbruderschaft des Roussillon? Verbrüdern sich da die Schnecken gegen die Menschen? Und warum hat der Bürgermeister von Puigcerdà vor aller Augen Schnecken essen aber dennoch rezitieren müssen, er werde sie immer in Ehren halten? So hast du es mir jedenfalls berichtet!"
Meine Herrin sitzt da verklärten Blickes, und deshalb ist sie milde gestimmt: "Siehst du, in Frankreich kann man Kinder glücklich machen mit mehr Ferien, und eine junge Ministerin darf Wünsche äußern, von ihrem Amt aus jahrtausendealte Gebräuche abzuschaffen."
Ich werde böse. Muß ich als deutscher Heidschnuckenbock meiner Herrin Nachhilfe geben? "Die Rechte der Prostituierten auf ein selbstfinanziertes Leben hat sie dabei nicht im Blick, Strafen für sie und für ihre Freier, das verschlimmert die Lage, das Heer der Sozialhilfeempfängerinnen und der Delinquenten wird vergrößert. Sie träumt auch davon, die öffentlichen Mittel denjenigen Parteien zu streichen, die bei den nächsten Wahlen zur Nationalversammlung nicht die Hälfte der Sitze an Frauen geben. Das Recht der Frauen, sich ohne Quote durchzusetzen, will sie streichen: Statt Leistung ist das Geschlecht maßgebend. Herrin, warst du nicht immer gegen solche unwürdige Behandlung?"
Allmählich kommt sie zu sich: "Vielleicht hat die Ministerin solche Wünsche, weil sie Muslimin aus Marokko ist? Im Islam sind Frauen immer nur die Hälfte der Männer wert, sie kann die Demütigung nicht einschätzen, sieht keine andere Möglichkeit?"
So kenne ich meine Herrin, endlich kommt sie auf den Teppich. "Merkwürdig," blöke ich, "wenn es um den neuen Parlamentspräsidenten geht, einen Mann, der von seinem hohen Thron aus die Diskussionen der Nationalversammlung lenkt, dann beanstandet sie das nicht, dann ist Claude Bartolone auf Grund seiner Eignung auf den perchoir gestiegen." Meine Herrin lacht: "Na klar, meinst du, sie könnte es sich mit dem mächtigen Mann verderben? Der pustet sie so schnell aus ihrem Ministeramt, daß sie nicht merkt, wie ihr geschieht. Dann ist Schluß mit der muslimischen Alibi-Frau in der Regierung, oder meinst du, Najat Vallaud-Belkacem wäre aus einem anderen Grund dort eingesetzt? Mit ihr werden die 93 Prozent muslimischer PS-Wähler belohnt und die an der Place de la Bastille in den arabischen Frühling Frankreichs tanzenden Muslime aus aller Diktatoren Länder."
"Wer solche ReformerInnen unter seinen MinisterInnen hat, der/die/das wird auch mit Angela Merkel, der Euro-Krise und dem Euro-Kris fertig, " blöke ich erleichtert. "Was meinst du denn mit der/die/das," wundert sich meine Herrin. "Na, weißt du denn, ob nicht zur nächsten Wahl neutral- oder polygeschlechtliche Kandidaten aufgestellt werden, oder Transgender, vielleicht sogar auch Tiere, Schafe beispielsweise," bitte ich meine Herrin zu erwägen. "Schafe?" Sie lacht&lacht: "Aber nur Muttertiere, sonst kommen solche Böcke wie du noch an die Macht, und dann ist Schluß mit mehr Ferien und frommen Wünschen!" "Und mit der Frauenquote," ergänze ich finster.
Blök!
Euer Schaf
Kandidat zur nächsten Nationalversammlung