Im Indépendant, vom 30. Juni 2015, wird dieses Foto veröffentlicht. Der Fotograf lebt seit zehn Jahren in Perpignan. Er verfolgt wie ich am Sonntag, den 11. Januar 2015, die Demonstration unter dem Motto "Je suis Charlie". 20 000 Menschen sollen gemäß dem Fernsehsender France 3 teilgenommen haben. Die vom Innenministerium eingesetzte Präfektur verdoppelt die Zahl auf 40 000, und das bei einer Stadt von 110 000 Einwohnern. Man darf es sich aussuchen.
Im Artikel Perpignan. Attentat auf Charlie Hebdo schildere ich meine Eindrücke am selben Tag:
Im Demonstrationszug gibt es kein Kopftuch, kein Häkelmützchen, keine sonstige Islam-Uniform. Es ist allerdings schwierig, im Eilschritt Nordafrikaner von Südfranzosen zu unterscheiden, es mögen also nordafrikanische Muslime mitgelaufen sein. Schwarze sehe ich keine. Ein Bekannter, den ich treffe, versichert, er habe eine Frau mit Kopftuch gesehen. "Und die trug das nicht nur des starken Windes wegen?" Er lacht und zuckt mit den Schultern.
Gregory Herpe hat in der Menge diese Frau gefunden und sie auf einem Schwarzweißfoto festgehalten, mit ihrem geblümten Schleier und ihrem Poster "Je suis Française MUSULMANE ET JE CONDAMNE CET ACTE". Ich bin muslimische Französin, und ich verurteile diese Tat: "Not in My Name". Unmittelbar hinter ihr steht eine junge Muslimin mit Kopftuch. Im Hintergrund sieht man eine junge Frau mit langen lockigen Jahren und Jeans; sie hält ein Schild hoch آنا شارلي ana scharli, Ich bin Charlie; nordafrikanisch sieht sie nicht aus, und sie benimmt sich auch im Gegensatz zur muslimischen Französin nicht so, die um sie herum aufgestellten Personen ebenfalls nicht.
Es gibt eine Muslimin mit Kopftuch auf dem Foto "Mask et Chador", wobei der Fotograf offensichtlich nicht weiß, was ein Chador ist, und drei weitere Musliminnen mit Kopftuch in dieser Fotoserie, das Foto nennt er "Trouble", Störung, wobei diese Störung von den Musliminnen auszugehen scheint; auf sie richten sich neugierige bis böse Blicke.
Mehr ist nicht, und Gregory Herpe wird reichlich gesucht haben.
Er findet aber zum Ende der Demonstration doch noch einen Muslim in weißer Muslim-Uniform, Pluderhosen, Nachthemd und Mützchen, darüber eine schwarze Jacke; er wendet sich im Gebet gegen die Charlies, als wenn er sie bannen wollte: "Prayer".
Le club de la presse du Languedoc-Roussillon, mit Sitz in Montpellier, zeichnet das Foto "Not in My Name", am 25. Juni 2015, aus als "la meilleur photo de presse 2015", als bestes Pressefoto 2015.
Was man von der Kampagne "Je suis Charlie" halten kann, liest man im Artikel Frankreich kaputt. Kehraus, und was von der Wahrheit solcher Fotografien, in mehreren Artikeln über Visa pour l'Image, zuletzt am 1. September 2014, unter dem Titel Perpignan. Visa pour l'Image: 26 Jahre Propaganda.