18. Juni 2018

Es lebe Arminia Bielefeld! ¡Viva México!


"Gudrun," bescheidet mich eines Tages der Hauptschriftleiter des Herforder Büros der "Westfälischen Zeitung", "du mußt Sonntag nach Bielefeld, um über das Fußballspiel von Arminia gegen die Hammer SpVg zu berichten." Es mag auch eine andere Mannschaft des westlichen Westfalens gewesen sein, ich bin mir nicht sicher, es ist nämlich schon fast 60 Jahre her.

Update, vom 23. Juni 2018
Gegen die undefinierbare "Mannschaft" spielt für Schweden die "Nationalelf"!

"Ich weiß ja nicht einmal, was Abseits ist," wehre ich den Angriff ab, aber das läßt er nicht gelten: "Wer über Tennis-Turniere schreibt, der kann auch über Fußballspiele schreiben!" blafft er. "Beide Sportreporter fallen aus, du mußt ran!"

Ich also nach Bielefeld, zu denen "auf der Alm", wie das Feld genannt wird. Wo stehen die Anhänger von Arminia? Zu ihnen geselle ich mich ganz zwanglos, lausche ihren Kommentaren und notiere mir die wichtigsten. Plötzlich werden sie wütend und schreien: "Schiedsrichter, Telefon!"

Der Schiri verhängt einen Strafstoß gegen Arminia, obgleich die Bielefelder Zuschauer das nicht für gerechtfertigt halten. Ich notiere dies und vieles mehr. Zurück in Herford schreibe ich die Reportage, moniere alles, was auch die Bielefelder moniert haben, allerdings in gepflegter Sprache, die Unflätigkeiten lasse ich weg.

Am Montag steht das Telefon in der Redaktion nicht still: "Endlich haben Sie mal jemanden geschickt, der Ahnung hat! Bitte weiter so!" Ich werde schamesrot. Über Fußball schreibe ich nie wieder!

Aber Fußball ist seit der Zeit Teil meines sportlichen Interesses, wenn auch nur am Rande.

Was meine Sympathien angeht, so sind sie klar: Arminia Bielefeld gegen Borussia Dortmund? Ich bin für die von der Alm. Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt? Ich bin für die Borussen. Eintracht Frankfurt gegen die Mannschaft einer anderen Nation? Ich bin für Eintracht Frankfurt. Und erst recht bei den Länderspielen! Die deutsche Nationalmannschaft gegen die Mannschaft einer anderen Nation? Ich bin für Deutschland!

So ist das seit der Weltmeisterschaft von 1954. und so bleibt das bis Sonntag, den 17. Juni 2018. Da spielt ein "Mannschaft" genannter zusammengewürfelter Haufen Millionäre, darunter Paßdeutsche, gegen Mexiko. Deutsch ist an ihnen nichts mehr, für unsere Nation spielen sie nicht, sondern für ihr Bankkonto, und zwei spielen zusätzlich für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Von den Bio-Deutschen sind ein halbes Dutzend bei ausländischen Vereinen unter Vertrag. So richtig deutsch ist da nichts mehr, und deshalb wenden sich immer mehr Fußball-Fans von dieser "Mannschaft" ab. In der mexikanischen Mannschaft finden sich ausschließlich spanische Namen.

Es wird vorhergesagt, daß Deutschland wie immer das Auftaktspiel gewinnt. Meinetwegen!

Als das Spiel gegen Mexiko fast zu Ende sein muß, schalte ich doch ein und traue meinen Augen nicht. Mexiko führt in der 83. Minute 1:0. Da ertappe ich mich  bei einem Stoßseufzer: Möge das mindestens so bleiben, vielleicht sogar durch ein weiteres Tor verbessert werden! Dann gibt es drei Minuten Nachspielzeit. Warum, weiß ich nicht, hab' das Spiel nicht verfolgt, aber das sind für Mexiko drei weitere gefährliche Minuten. Ich zittere für Mexiko! Für die "Mannschaft" empfinde ich nichts.

Titel des Einspalters in meinem Lokalblatt L'Indépendant: "Der Champion aufm Teppich!" Und im Text: Hirving "Lozano löscht den glücklosen Özil aus."

Pasión y Orgullo
¡Viva México! ¡Viva México! ¡Viva México!

Update, vom 23. Juni 2018

Aktueller Kader
Heja, Heja, Sverige Heja!