5. März 2020

Die AfD bestimmt die Politik in Deutschland

Wenn man es recht betrachtet, jagt die AfD die Altparteien, wie von Alexander Gauland angekündigt.


Betrachtet man die beiden Wahlen, vom 5. Februar und vom 4. März 2020, so fällt auf, daß sich im ersten Fall die Parteizentralen von CDU und FDP und im zweiten Fall auch ihre Vertreter in Thüringen nicht nach ihren eigenen politischen Werten und Beschlüssen, sondern nach den Entscheidungen der AfD richten. Entscheidet sich die AfD, den FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich zu wählen, einen aus der bürgerlichen Mitte, zu der beide Parteien sich - zumindest in Schriften und Reden - zählen, kann sie dem nicht zustimmen. Entscheidet sich die AfD, gegen den sozialistischen Kandidaten Bodo Ramelow zu stimmen, kann sie nicht ebenfalls gegen diesen stimmen, weil die AfD das tut.

Ab dem 5. Februar 2020, zuerst aus dem fernen Südafrika, rotieren die Führungskräfte von CDU und FDP, sich von dem Votum der AfD abzusetzen. Die Bundeskanzlerin macht ex cathedra die Wahl rückgängig, die nicht an sich, sondern nur durch die AfD "unverzeihlich" wird. Sie erledigt die FDP gleich mit; denn die setzt durch die Desavouierung ihres eigenen Kandidaten ihre Existenz aufs Spiel. Kein Wunder, daß Christian Lindner jammert. Anstatt für ihren Kandidaten zu stimmen, wählen die 22 AfD-Abgeordneten das in ihren Augen gegenüber dem Kandidaten der Linken Bodo Ramelow kleinere Übel, einen FDP-Ministerpräsidenten.

Man stelle es sich vor! Die AfD bestimmt, wer Thüringen regiert! Das Zünglein an der Waage zu sein, ist seit Bestehen der Bundesrepublik die Rolle der FDP, in neuerer Zeit auch der Splitterpartei SPD. Ob die Wahl rückgängig gemacht wird, oder nicht, in beiden Fällen bestimmt die AfD die Politik.

Am 4. März 2020 demonstriert die FDP, daß sie Bodo Ramelow nicht will, in dem eine Abgeordnete gleich ganz weg bleibt und die vier anderen im Plenarsaal während der drei Wahlgänge demonstrativ sitzen bleiben. Die AfD bestimmt ihr Verhalten; denn die FDP-Abgeordneten dürfen nicht nur nicht mit der AfD für einen Kandidaten stimmen, sondern auch nicht mit ihr gegen diesen. Selbst Stimmenthaltung wie von der CDU kommt nicht in Frage; die FDP klinkt sich aus dem politischen Willensbildungsprozeß aus und demonstriert aller Welt, daß sie überflüssig ist.

Im Gegensatz zur Stimmenthaltung ist Nichtwählen keine politische Entscheidung, sondern die Verhöhnung des Parlaments und Ablehnung des politischen Systems, hier durch Politiker, die sich dieses Systems bedient haben, um in ihre Funktionen und an die damit verbundenen Vergünstigungen zu kommen, an die Tröge, wie böse Zungen das nennen.

Für die Ablehnung unseres politischen Systems ist in Deutschland der Verfassungsschutz zuständig.

Nicht umsonst werden nach dem d'Hondt-Verfahren die Nichtwähler wieder in den politischen Kreislauf eingespeist und den Parteien proportional zugeordnet. Die stärkste Partei gewinnt dabei am meisten: Wer hat, dem wird gegeben.

Während also die vier FDP-Abgeordneten ein Fall für die inkompetente Polit-Marionette Stephan Kramer sind, der aber sicher nicht weiß, was damit anzufangen wäre, verstoßen die CDU-Abgeordneten mit ihrer Stimmenthaltung gegen ihre eigenen Beschlüsse, die besagen, daß die CDU weder mit der Linken noch mit der AfD zusammenarbeitet. Die politische Äußerung der Stimmenthaltung ist insofern eine Zusammenarbeit, als daß die CDU-Abgeordneten damit den Kandidaten der Linken zum Ministerpräsidenten wählen. Wenn das keine Zusammenarbeit ist!

Es ist die AfD, die sie dazu veranlaßt; sonst käme die Zusammenarbeit mit der Linken für die CDU nämlich nicht in Frage. Der noch frei herumlaufende CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Daniel Günther muß dazu weiterhin viel Überzeugungsarbeit leisten, so lange, bis die CDU sich den Prozentzahlen der SPD angenähert hat, dann wird's was - nur, daß die Linke/Grüne/SPD-Front der CDU dann nicht mehr bedarf.

Gespannt darf man sein, wie's in Thüringen weitergeht, und welche Auswirkungen der Abschied der CDU und der FDP von ihren Parteiprogrammen, ihren politischen Werten, von Demokratie und Parlamentarismus für den Aufstieg der AfD und der linken Einheitsfront haben werden.

Eines ist jetzt schon sicher: Schuld an der fortschreitenden Polarisierung ist die AfD!

So geht es weiter: Thüringen: AfD-Politiker als Landtagsvizepräsident gewählt, orf.at, 5. März 2020

"Die Kandidaten von CDU, SPD, Grünen und FDP waren bereits im November zu Landtags-vizepräsidenten gewählt worden. Parlamentspräsidentin ist Birgit Keller (Linke). Die Wahl Kaufmanns womöglich mit Stimmen von FDP und CDU könnte neuerlich für politischen Wirbel sorgen."

Prof. Dr.-Ing. Michael Heinz Kaufmann
Thüringen. Neuer Vizepräsident des Landtags. Thüringer Landtag, 5. März 2020

Auf Kaufmann entfielen 45 Ja-Stimmen und 35 Nein-Stimmen bei neun Enthaltungen und keiner ungültigen Stimme.