11. April 2020

Das Schaf zur Zeit des Coronavirus 3

Liebe Freunde!


Ich bin noch gut in Form. Bei meiner Herrin bin ich da nicht so sicher. Sie kümmert sich nicht um mich, tüdert mich in meinem Pferch vorm Ferni nicht mehr an, ich darf in der Wohnung herumtrampeln und ganz neue Welten entdecken, beispielsweise Flaschen mit Wein. "Hol dir selbst deine Möhren und dein Heu, Wasser ist im Wasserhahn." Sie denkt nicht daran, daß ich den mit meinen Klauen nicht öffnen kann, blök!

"Wo sind denn Möhren?" Ich finde nur viele Bücher, Schränke mit Kleidern und Schränke mit Geschirr, ich finde ihre Sporttasche, mit der sie früher zwei Mal in der Woche ins Hallenbad ging, um 1000 Meter Rücken zu schwimmen, aber Futter finde ich keines. Da wird sie pampig, irgend wo muß der Frust ja hin: "Tu nicht so! dann geh halt auf den Wochenmarkt und hole dein Fressen selbst. Es ist doch nicht zum ersten Mal. Du warst ja sogar bei Lidl!"

Auf dem Wochenmarkt, der immer donnerstags stattfindet, stehen auf einem großen Platz die Händler mit Brot, Fleisch, Gemüse, Obst, in großem Abstand, Gitter vor ihnen aufgebaut, Geld und Wechselgeld werden auf einem sterilen Tablett ausgetauscht. keiner darf näher als zwei Meter an den anderen heran, es gibt eigens einen Aufpasser, der einschreitet, wenn sich welche zu nahe kommen.

Polizei kommt, die Bescheinigungen zu kontrollieren, die wir uns selbst ausstellen müssen: Name, Adresse, Tag mit Uhrzeit. Nur eine Stunde Ausgang ist gestattet. Siehe an, sie finden eine ältere Dame, die ohne Bescheinigung gekommen ist. Alle kennen sie. Sie wohnt zwei Minuten zu Fuß vom Marktplatz. Die beiden Polizisten zögern nicht, der Frau 135€ Strafe abzunehmen, da hilft kein Bitten. Auf dem Sender LCI blendeten sie gestern ein, daß schon mehr als 500 000 solcher Strafzettel ausgestellt wurden. Wenn man ein zweites, gar ein drittes Mal erwischt wird, kostet es immer mehr. Irgendwie zu Geld muß die Regierung kommen, die ihr Gesundheitssystem zu Tode gespart hat, vor allem zum Tode ihrer eigenen Bürger. Schutzmasken gibt es bis heute in keiner Apotheke zu kaufen, sie sind in Perpignan Bückware oder, wenn man Pech hat, Schwund aus dem Internet.

Gestern kommt meine Herrin wütend von ihrem Stundenausflug nach Hause, und ich mache mich ganz klein in einer Ecke des Wohnzimmers. "Schaf," stößt sie hervor, "du ahnst nicht, was ich erlebt habe! Seit ich weiß, daß wir nicht nur in unmittelbarer Nähe unserer Wohnung bleiben müssen, war ich im Stadtzentrum. Da gehe ich eine Straße entlang, in der es sehr viele von Muslimen betriebene Läden gibt, und was sehe ich?  Geöffnet sind die kleinen Tante Aische-Läden, in denen es nicht etwa das von der Regierung für eine Ladenöffnung zugelassene Nötigste zum Leben gibt, sondern vieles, das man sonst so brauchen kann, und dazu zählt auch ein Shiha-Laden, dessen Besitzer ungeniert und ganz entspannt vor der geöffneten Tür steht und mich freundlich anlächelt."

Heute mache ich mich auf die Klauen, um für meine Herrin und mich das Nötigste zum Überstehen von Ostern einzukaufen, angefangen bei den Croissants. Da kriege ich fast 'ne Krise! Im Supermarkt gibt es Schoko-Hasen mit Mundschutz. "Verscheißern kann ikke ma alleene," blöke ich, aber, *staun*, die gehen weg wie warme Croissants!

Vor seinem Hotel treffe ich den Hotelier, der lautstark und wild gestikulierend mit jemandem telefoniert. Ich warte, bis er aufhört und frage nach den Besitzern der Brasserie, in der meine Herrin sonst jeden Morgen ihr Croissant ißt, dazu einen Espresso trinkt sowie die Lokalzeitung L'Indépendant und den überregionalen Figaro liest. "Ob die weitermachen, wenn der Spuk vorbei ist, wissen sie noch nicht," antwortet er. "Außerdem hat mir eben ein Freund erzählt, daß das mit dem Wegsperren der Bürger noch bis Mitte Mai weitergehen könnte." Danach werden wir dann über Monate und Jahre das Elend verwalten, das die Maßnahmen gegen das Virus im Volk verursacht haben. Die Toten werden die durch Covid-19 übersteigen. Selbstmorde, Krankheiten durch Verzweiflung über den Ruin der Klein- und Kleinstunternehmen. Aber das wird dann in den Zeitungen unter "Verschiedenes" in wenigen Zeilen berichtet, wenn überhaupt!

Meine Herrin und ich wünschen Euch Chag Pesach sameach  und gesegnete Ostern!


Blök!
Euer Schaf, unmaskiert
und noch verschont
von Kochtopf, Spieß und Corona


Coronavirus sur mon blog

Le bêlement du bélier pendant le temps du coronavirus n° 1 à 10
Das Geblöke vom Schaf zur Zeit des Coronavirus 1 bis 10, ab 21. März 2020

"Man führt ein Volk nur, indem man ihm eine Zukunft zeigt, 
ein Chef ist ein Händler der Hoffnung."
"On ne conduit le peuple qu'en lui montrant un avenir, un chef est un marchand d'espérance."
(Napoléon Bonaparte)