Wie immer sind solche Perlen nur mit Anreißer online. Daraus geht aber bereits einiges hervor. Die Schlagwörter, unter denen der Figaro den Beitrag einordnet, sind Syrien, Rußland, Ägypten, Bashir al-Assad, Wladimir Putin, UNO, Arabische Liga. In diesem Dunstkreis bewegen sich die strategischen Überlegungen des Brookings Doha Center und seines Direktors Salman Shaikh. Der ist gleichzeitig Mitglied der Brookings Institution Saban Center for Middle East Policy des Israelis Haim Saban. Zuvor ist er "Sonderassistent des Sonderkoordinators der Vereinten Nationen für den Friedensprozeß im Nahen Osten" gewesen, und so sieht das auch aus, was er im Artikel liefert: Sondermüll.
Im Saban Center sind diejenigen tätig, die jährliche Foren veranstalten, von wo sie der staunenden Welt die Friedensmöglichkeiten im Nahen Osten verkünden, die Friedensinitiative der Arabischen Liga zwischen Opening Reception und Gala Dinner. Die Berichterstattung über das Saban Forum 2007 habe ich in Israel erlebt. Dort treffen sich israelische und US-amerikanische Politiker und Funktionäre.
An den Illusionen des Saban Forums hat sich auch 2011 nichts geändert, US-Verteidigungsminister Leon Panetta eröffnet es am 2. Dezember 2011. Das Forum diskutiert über die strategischen Herausforderung im Nahen Osten und ist "gerichtet auf die historischen Veränderungen, die in der arabischen Welt vor sich gehen und ihre Folgen für die US-israelische Sicherheit und Interessen in der nahöstlichen Region." Leon Panetta diskutiert die US-israelische Sicherheitsbeziehung, einschließlich der "Bemühungen, das Nuklearprogramm des Iran einzudämmen."
Dieser Freund Israels wird 2009 in seiner Eigenschaft als CIA-Direktor von Barack Obama in geheimer Mission nach Israel abgesandt, dessen Regierung zu warnen, keinesfalls den Iran zu bombardieren. Er will Garantien von Benjamin Netanyahu und Ehud Barak, daß die neue Regierung der "Falken" den Iran nicht angreift, ohne vorher Washington zu informieren, was nichts anderes heißt, als daß von dort dann ein Veto käme.
Wenn man sieht, wer das seit 2008 arbeitende Brookings Doha Center leitet und wer dort im Beratergremium sitzt, bekommt man den Rest:
Der ehemalige Stellvertretende Außenminister der USA Strobe Talbott, persönlicher Freund von Bill Clinton und Mann für die slawische Seele, sowie der Premier- und Außenminister Katars Scheich Hamad bin Jassim bin Jabr Al Thani sind gemeinsam Präsidenten des Internationalen Beratergremiums, Mitglieder sind u.a. Madeleine Albright und Zbigniew Brzezinski.
Strobe Talbott erklärt dem Time Magazine schon im Jahr 1992, daß die USA im 21. Jahrhundert in ihrer jetzigen Form möglicherweise aufhören zu existieren, weil das Konzept der Nation sich weltweit als veraltet herausgestellt hätte, Nationen existierten in der Natur (sic) nicht: All states will recognize a single, global authority. Man kann ermessen, was das bis heute für seine Ansicht über den jungen Staat Israel bedeutet: The modern democratic nation-state of Israel appears to Talbott problematic. Es lebe der "transnationale Progressivismus", es lebe die von den USA gelenkte Weltregierung!
Der Familienbetrieb Al Thani samt der Second Lady (von dreien) Sheikha Mozah bint Nasser al-Missned ist unermüdlich tätig in der Radikalisierung der Staaten des "arabischen Frühlings" im Sinne des Wahhabismus. Die USA und Frankreich unterstützen sie nach Kräften. Salman Shaikh, dessen Nationalität auch nach längeren Recherchen im Internet nicht herauszufinden ist, dient ihnen seit November 2010 als Direktor des Brookings Doha Center.
Wie meistens, wird man fündig, wenn man den Titel des Figaro-Artikels bei Google eingibt, und, Bingo! Schon am 23. Dezember 2011 bringt Nouvelles et Avis den Text in französisch. Das Obama-Kampforgan Huffington Post liefert Rethinking Russia's Role in Syria ebenfalls am 23. Dezember 2011, rechtzeitig unterm Tannenbaum der US-Christenheit.
Peinlich für den Figaro, denn inzwischen ist einiges geschehen, u.a. der Auftritt der Beobachterdelegation der Arabischen Liga unter Leitung des sudanesischen Generals Mohammed Ahmed Mustapha al-Dabi. Die Beobachter ziehen durch Syrien und finden nichts. Vielleicht sagt es dem Salman Shaikh jemand, daß der Delegationsleiter aus einem Freundesland des Iran ist: Sudan's speaker hails military cooperation with Iran, meldet die Sudan Tribune, am 5. März 2008, und die Schelte, daß die Arabische Liga ausgerechnet einen Sudanesen nach Syrien schickt, die Beobachterdelegation zu leiten, die kann man schon komisch nennen. Die Arabische Liga wählt ihn aus eben dem Grund. Es ist nicht belegt, ob Salman Shaikh je vom Iran gehört oder gelesen hat, von der Rolle des Islam, von Sunniten und Schiiten, von Muslimbrüdern und Wahhabiten, ob er weiß, was Alawi security officers sind, ob er schon einmal Iran PressTV eingeschaltet hat und von Machtkämpfen in Bahrein, im Jemen, von der Verteilung der Religionen in Syrien, ganz allgemein von den Kämpfen in der Region um die Vormachtstellung gehört hat, von Revolutionen, wenn's um die Durchsetzung der Macht des Iran geht, und von unrest, Unruhen, wenn Syrien gemeint ist. Revolutionen finden nach Iran PressTV auch statt in solchen Staaten, in denen der Islam überhaupt an die Macht gehievt werden muß. In Katar wäre, wenn's losginge, "Revolution", das Scheichtum baut nämlich wie in Libyen eben im Grenzgebiet der Türkei eine 20 000 Mann starke, von Abdel Hakim Belhaj geführte anti-syrische wahhabitische Armee auf, weiß Iran PressTV.
Nach Lektüre des Artikels ist auch zweifelhaft, ob Salman Shaikh von den Beziehungen des Iran und Syriens zu Rußland und China weiß sowie von diesen beiden Ländern zu den USA und der EU. Wenn er Rußland erwähnt, so gibt es diese Attribute: Erste Zeichen der Distanzierung vom Assad-Regime oder Präventivtaktik? Rußland möge eine Lektion gelernt haben, Rußland ist notwendig für eine konzertierte internationale Aktion gegen Syrien, Rußland muß einbezogen werden in den Aufbau eines Post-Assad-Syrien, muß Assad und seine Anhänger zum Abdanken bringen oder wichtige alawitische Sicherheitsoffiziere überzeugen, Assad abzusetzen für die Schaffung eines truly democratic Syria, vers une Syrie vraiment démocratique, hin zu einem wirklich demokratischen Syrien. Auch die russisch-orthodoxe Kirche hat historische Beziehungen zu den Christen Syriens, vor allem in Damaskus und Aleppo. Und so geht es immer weiter. Von besonderem Interesse ist die Ansicht des Salman Shaikh, daß 70 Prozent der Bürger Syriens der russischen Kirche und ihrem Chef, dem Patriarchen Kirill folgen: Some 70 percent of Syria's citizens follow the Russian church and its leader, Patriarch Kirill. Quelque 70 p. 100 des citoyens de la Syrie suivre l’église russe et son leader, patriarche Kirill. Wer hätte das gewußt? Entweder ist der Autor umnachtet, oder er hält Muslime nicht für Bürger, was man ja verstehen könnte, er sollte aber mit solchen realistischen Einschätzungen in Katar vorsichtig sein.
Gegen Ende des Artikels wird deutlicher, was beabsichtigt ist, Ägypten ins Spiel zu bringen, das eben dabei ist, zu Zweidritteln radikalislamisch zu werden. Der Vertrag von 2009 über eine strategische Partnerschaft mit Moskau könnte vertieft werden. Die Russen seien die größte Gruppe von Touristen in Ägypten. Die Vereinigten Arabischen Emirate kämen ebenfalls für eine intensivierte Partnerschaft mit Rußland in Frage.
Der letzte Absatz enthält die bei Muslimen obligatorische Drohung. Es bestehe dringender Handlungsbedarf in dem von Katar und vom Westen vorgeschlagenen Sinn, um Zivilisten zu schützen, einschließlich die Minderheiten. Bald gäbe es keine diplomatischen Möglichkeiten mehr, den innersyrischen Konflikt zu lösen, was die Russen bei Nichtwohlverhalten mit Krieg gegen ihren Alliierten konfrontiert, heißt das. Es liegt bei Rußland, sich zu entscheiden: Moscow must seize the opportunity. Moscou doit saisir l’occasion. Moskau muß (sic!) die Gelegenheit ergreifen.
Die Gelegenheit würde sein, der Muslimbruderschaft und noch radikaleren Salafisten zum Sieg im Land zu verhelfen, Syrien aus dem Einflußbereich des Iran zu lösen, innenpolitisch mit den zu erwartenden Folgen für die jetzt herrschenden schiitischen Alawiten und für eben die russisch-orthodoxen Christen, die angeblich 70 Prozent im Lande ausmachen, außenpolitisch und strategisch für die Machtverhältnisse im Iran, im Irak, im Libanon und letztlich auch in Rußland.
Wenn doch der Hasser aller Juden und Israels, der Gründer der syrischen Muslimbruderschaft, Scheich Said Ramadan al-Bouti, der Rechtfertiger der Selbstmordattentate, diese Genugtuung noch erleben könnte: Rußland entmachtet gemeinsam mit den radikalen Muslimen den Bashir al-Assad und arbeitet mit am Projekt der Muslimbruderschaft, vom 1. Dezember 1982!