16. November 2012

Israel. Der Islam Haupthindernis für den Frieden


Quotenqueen hat Richard Herzinger betreffend recht: "Wenn ihm in Sachen Islam und islamischer Zuwanderung auch jeder Realitätssinn und klares Urteilsvernögen regelmäßig abhanden kommen, hat sein Verstand in Sachen Israel noch nicht gelitten." Auf sein Füllhorn an Islamismus-Begriffen habe ich im Artikel Der Islamismus? Antwort auf Richard Herzinger hinreichend geantwortet.

Leider fallen Radikalislamisten, Radialislamisten, der islamistische Präsident Mursi und nochmal Radikalislamisten einmal mehr als Nebelkerzen in die Analyse und verhindern jede politische Klarheit. Nur deshalb kann Richard Herzinger in seinem Artikel Israel setzt sich zur Wehr zu diesem Ergebnis kommen: "Und mit einer wirklich nachhaltigen Niederlage der Hamas wäre das Haupthindernis für die Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen Friedensgespräche aus dem Weg geräumt."

Das Haupthindernis ist der Islam, Hamas hin, Fatah her.

Israelisch-palästinensische Friedensgespräche sind kein Wert an sich. Der Unterschied zwischen Fatah und Hamas ist, daß die Fatah jahrelang politischen und finanziellen Nutzen daraus gezogen hat und mit Hilfe solcher Parteien wie der SPD bis heute zieht, während die Hamas sie im Artikel 13 ihrer Verfassung untersagt und dafür ihre politische Anerkennung und finanzielle Entlohnung erst vom Iran, jetzt aus Katar erhält:

Initiatives, and so­called peaceful solutions and international conferences, are in contradiction to the principles of the Islamic Resistance Movement. Abusing any part of Palestine is abuse directed against part of religion. Nationalism of the Islamic Resistance Movement is part of its religion. Its members have been fed on that. For the sake of hoisting the banner of Allah over their homeland they fight. “Allah will be prominent, but most people do not know.”

Khaled Mashaal ist von Damaskus nach kurzem Zwischenaufenthalt in Kairo nach Doha umgezogen, er gilt als bester Freund des Emirs von Katar, desjenigen, bei dem westliche Politiker vom Schlage eines Christian Wulff als mittellose Bittsteller antichambrieren, um ihre Dienste anzubieten. Am 23. Oktober 2012 macht Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani 400 Millionen Dollar für die Hamas locker, und nur putzige Spiegel-Korrespondenten und ähnlich ideologisch verkleisterte Politiker und Journalisten könnten das als erste Schritte zur friedlichen Lösung des Nahostkonflikts interpretieren. Das strategische Ziel ist die Übernahme der Herrschaft durch die Hamas auch im Westjordanland.

Die Strategie der Muslime bezüglich Israels ist umfassend und abschließend definiert im Phased Plan, vom 9. Juni 1974, der Rest ist Taktik und Taqiyya. "Unser Phasenplan, den ich bereits erwähnte, geht dahin, einen unabhängigen souveränen palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt zu schaffen," bekräftigt der palästinensische Botschafter im Iran Salah Al-Zawawi nach dem Tode Yasser Arafats in einem Interview mit dem iranischen Fernsehsender Al-Alam TV. Er redet weder davon, daß es sich etwa um einen Palästinenserstaat an der Seite Israels handeln könnte, noch von Ostjerusalem, sondern er will alles, ganz Israel. Alle arabischen Staaten sehen das so, zu diesem Zweck haben sie die Fatah Anfang der 60er Jahre und die PLO 1964 gegründet, da ist Gaza unter ägyptischer Verwaltung und das Westjordanland von Jordanien gegen internationales Recht annektiert.

Aber noch ganz andere Experten als Richard Herzinger verkennen die Rolle des Islam, angebliche Islamexperten, wie erst heute wieder im Figaro zu lesen ist. Der "Spezialist für die islamistischen [sic!] Bewegungen" Dominique Thomas, hervorgegangen aus der linkslastigen EHESS, der École des Hautes Études en Sciences Sociales, EHESS-Professoren sind beispielsweise Jacques Derrida und Edgar Morin, interpretiert die jetzt stattfindenden Angriffe vom Gazastreifen auf Israel entlang seit den Anfängen der islamischen Lehre unzutreffenden Voraussetzungen und Annahmen. Schon die Analyse der Entwicklungen in Libyen zeichnen ihn als inkompetent aus. Am 24. Februar 2011 meint er, in die Hände von "Islamisten" könne der Staat nicht fallen: Libye: «Un Etat islamique libyen est peu probable, sauf si le pays sombre dans l'anarchie durablement». Ein libyscher islamischer Staat ist wenig wahrscheinlich, außer wenn das Land dauerhaft in der Anarchie versinkt.

Der grundlegende Irrtum, wenn nicht die böse Absicht, besteht darin, dem Islam und seinen Anhängern eine nicht existierende europäisch-westliche Rationalität im Zusammenleben mit Nichtmuslimen zuzuschreiben. Die Geschichte lehrt, daß sie nichts lehrt: Heute mehr als vor 1000 Jahren wird die Politik der (noch) Nichtmuslime von Unkenntnis des Islam geleitet. Während in vergangenen Zeiten der Kriege des Islam gegen die Ungläubigen seitens letzterer oftmals aus dem Glauben heraus die geeigneten Strategien der Abwehr entwickelt werden, sozusagen aus dem Bauch, zuletzt fast in Reinform zu bewundern bei den Entscheidungsträgern im Sechstagekrieg, bedürfte es heute des schwindenden Einflusses von Religion im jüdisch-christlichen Kulturkreis wegen umso mehr einer Analyse des Islam. Der aber wird ebenfalls als schwindenden Einflusses wahrgenommen, Religion in ihrer Bedeutung für politisches Handeln liegt in der westlichen Welt im toten Winkel.

So erklären sich Sätze wie die des Shimon Peres: "Wenn ich ein Araber wäre, dann wäre mein vordringlichstes Problem herauszufinden, wie der Armut zu entkommen ist, und nicht nur, Wahlen abzuhalten;" oder wie der berühmte Satz des Abba Eban: "Palestinians never miss an opportunity to miss an opportunity." Palästinenser versäumen niemals eine Gelegenheit, eine Gelegenheit zu versäumen. Wenn Gelächter töten könnte, wären beide Politiker nach Verkünden ihrer Sätze vom Gelächter der Muslime ins Jenseits befördert worden, des Sprengstoffs und der Qassam-Raketen hätte es nicht bedurft.

Im Interview mit Georges Malbrunot verbreitet der ewige Doktorand Dominique Thomas seine Phantasien über Hamas, Fatah, Salafisten und Glaubenskämpfer aller Art. Ich bin erstaunt, daß der erstklassige Grand Reporter sie ins Blatt setzt. Es ist zwar nicht seine Rennstrecke, er ist eher Experte für Syrien, aber die grundlegenden Kriterien zur Rolle des Islam in den Konflikten, von Marokko bis in die Philippinen, von den USA bis nach Europa, von den Vorstädten bis ins Zentrum von Paris, sind überall gleich, und überall werden sie gleichermaßen von westlichen Experten und anderen Interpreten negiert. Der Salafistenversteher Dominique Thomas ist einer von ihnen.

Man kann davon ausgehen, daß Experten, die sich der Propagandabegriffe "Islamophobie" und "Islamismus" bedienen, zu keiner Analyse und erst recht nicht zu Lösungsvorschlägen taugen. Das gilt auch für Richard Herzinger. Freundliche Bemerkungen in Richtung Israel nutzen aber nicht.

Erinnert sich noch jemand an die zahlreichen Abkommen zwischen Israel und Yasser Arafat, der hoch&heilig verspricht, Selbstmordattentate und Angriffe zugunsten von Friedensverhandlungen einzustellen? Aus dem Nichts führen plötzlich andere Terrorgruppen den Glaubenskrieg zur Vernichtung Israels weiter, nicht zuletzt ist die Hamas zu dem Behufe gegründet worden. Yasser Arafat bedauert, daß er die ihm angeblich unbekannten Gruppen nicht bremsen kann.

Die Glaubenskämpfer, die heute auf dem Hintergrund der Entwicklungshilfe Katars statt der Hamas operieren, tun dies im Einvernehmen mit ihr, Waffen und Finanzen kommen wie für Tunesien, Libyen, Syrien aus Katar. Sie testen die Hamas nicht, wie Dominique Thomas meint, sondern sie übernehmen von ihr Aufgaben, die sie gegenwärtig im Angesicht der Weltöffentlichkeit und des schönen Scheines nicht wahrnehmen kann. Die Hamas wird Deeskalation predigen, Ägypten und Katar werden sich peinlich berührt zeigen, und doch führen diese drei anderes im Schilde: Sie radikalisieren damit die Bevölkerung im Westjordanland und in Ägypten, "die Straße", in Richtung Salafismus, ob Variante Wahhabismus oder Muslimbrüder, das ist erst einmal sekundär. Dieser Kampf wird ähnlich wie zwischen dem Iran und der sunnitischen Welt später ausgetragen.

Im Gegensatz zu Israel ist Ägypten nicht unangenehm, sondern angenehm berührt, Mohammed Morsi bekommt Argumente, den Friedensvertrag zu kündigen. Die Hamas erwartet von Ägypten gar nichts, sie bekommt, was sie braucht, von Katar. Der Versuch von 2009 des inzwischen liquidierten Chef-Terroristen Ahmed Jaabari zur Annäherung der salafistischen und jihadistischen Gruppen wird anders realisiert, ohne daß nämlich die willigen Finanziers USA ($900 Millionen für PA, Gaza und Hamas) und EU (London Sitz in Europa) Argumente bekämen, Gelder für die Palästinenser zurückzuhalten sowie die Zusammenarbeit für den Frieden in der Nahostregion aufzukündigen. In diese für sie mißliche Lage wären die USA und die EU nämlich bei der Methode des Ahmed Jaabari gekommen.

All das verstünde besser, wer den Islam als treibende Kraft begreift.