12. Oktober 2023

Israel und Gaza. Eine quantitative Analyse

Liebe Freunde,

mich gibt es noch. Das hättet Ihr nicht gedacht, was? Wie sich treue Leser der Artikel meiner Herrin erinnern, bin ich hier zugange seit dem Mauerbau in Israel. Aber manchmal durfte ich nicht blöken, es wäre zu wichtig. Als Covid-19 kommt, erklärt sie tatsächlich, daß sie jetzt selbst das Schaf wäre. Doch als die junge Weltführerin Annalena vom Trampolin springt, kommt sie wieder zu sich: Kümmere du dich um die Chef-Diplomatin, das bringe ich nicht," haucht sie. Das ist anderthalb Jahre her, blök!

Update, vom 13. und 15. Oktober 2023
Emmanuel Macron und Wladimir Putin wollen neben Jordanien noch einen Palästinenserstaat.
Irlands Außen- und Verteidigungsminister Micheál Martin macht Israel Vorwürfe.

Jetzt aber soll ich mit meinen Klauen in die Tasten hauen, weil ihr zu Gaza-Israel nichts mehr einfällt, und sie meint, viele ihrer Leser hätten erst einmal genug aufbereitete Neuigkeiten von Leuten, die weder vor Ort sind, noch Familienmitglieder, um die sie sich sorgen, in Israel haben, und vor allem, denen die Reaktionen in Deutschland und Frankreich auf den Überfall der Hamas reichen.

In Frankreich sind alle, die etwas auf sich halten, ausgenommen La France insoumise (LFI) und le Nouveau Parti anticapitaliste (NPA), an der Seite der Israelis, Staatspräsident Emmanuel Macron wird um 20 Uhr einmal mehr stirnrunzelnd etwas lispeln, vielleicht militärische Unterstützung versprechen, CNews weiß jetzt schon, daß das nur Coup de com' ist, also nix Neues unter der Sonne!

"Schaf," ruft meine Herrin plötzlich, "in der guten alten Zeit meines Publizistikstudiums, ohne Internet, wir hatten nicht einmal einen Kopierer! habe ich quantitative Analyse gelernt, und die fällt mir heute ein, als ich meine Dorfzeitung L'Indépendant zum Thema Israel und Gaza lese."

Worum geht es? Es geht darum einzuschätzen, was die beflissenen Israelfreunde wirklich meinen, was immer sie reden und schreiben mögen. Bei Zeitungstexten hilft die quantitative Analyse, in der die Artikel zunächst nicht inhaltlich, sondern zeilen- und zentimeterweise analysiert werden.

Sie wirft mir die beiden Artikel, um die es ihr geht, und dazu ein Lineal in den Pferch vorm Ferni: "Da, sieh zu und rechne! Vergiß auch nicht die Überschriften und die Fotos," ergänzt sie streng.

Die beiden Artikel finde ich nicht im Internet unter L'Indépendant, wohl aber unter ähnlichen, ausführlicheren Titeln, auf der Website der Zeitung Midi Libre, die aus dem selben Verlagshaus Groupe La Dépêche kommt. Deren Präsident und Mitbesitzer Jean-Michel Baylet ist, ein sozial-liberaler linker Multifunktionär; er war mal Minister, ich habe dazu am 14. Juli 2018 geblökt und einige Gruppenmitglieder vorgestellt: 14 deutsch-okzitanische Tage der großen Harmonie.

Auf der ungeraden Seite France - International stehen, im Indépendant, am 12. Oktober 2023, Artikel über Gaza und Israel, der über Gaza steht oben, der über Israel darunter, blök!

La situation à Gaza est catastrophique. "Die Lage in Gaza ist katastrophal" und Comment Kfar Aza est passé du paradis à l'enfer. "Wie Kfar Aza vom Paradies in die Hölle gekommen ist"

Platz des Artikels. Gaza: 23 cm hoch, 19 cm breit - Israel: 16,8 cm hoch, 19 cm breit
Überschrift. Gaza: 1,5 cm hoch - Israel: 1 cm hoch
Foto. Gaza: überm Artikel, 19 cm breit, 7 cm hoch - Israel,  rechts oben, im Text: 8 cm breit, 6 cm hoch
Spalten. Gaza: 4 Spalten - Israel: 3 Spalten
Zeilen. Gaza: 100 Zeilen - Israel: 78 Zeilen

Die Titel sind im Internet wie oftmals länger und ausführlicher als in der Zeitung.

'La situation à Gaza est catastrophique', 'la population est terrifiée' : l'ONG Médecins sans frontières s'inquiète pour les civils. "'Die Lage in Gaza ist katastrophal', 'die Bevölkerung hat furchtbare Angst': Die NRO Ärzte ohne Grenzen macht sich Sorgen um die Zivilisten"

'Des coins de paradis transformés en enfer' : qu'est-ce que les kibboutz, ces villages communautaires massacrés par le Hamas ? "'Winkel des Paradieses in Hölle verwandelt'. Was sind Kibbuzim, diese von der Hamas massakrierten Gemeinschaftsdörfer?"

"So, Herrin," blöke ich schüchtern, "bis hierher habe ich keinen Inhalt kommentiert, ich weiß aber bereits nach der quantitativen Analyse, daß die Medien der Groupe la Dépêche nicht objektiv und ausgewogen berichten, sondern daß sie auf der Seite der palästinensischen Araber stehen; denn obgleich Israel von der Hamas überfallen wurde, und seine Regierung erst daraufhin Vergeltungsmaßnahmen einleitete, steht der Artikel zu Gaza groß und mit entsprechenden Fotos über dem kleineren zu Israel."

"Schaf," seufzt meine Herrin, "wenn du sie erst liest, die beiden Artikel, dann weißt du, auf wessen Seite die Mehrheit der Politiker und Medien Frankreichs steht."

Update, vom 13. Oktober 2023

So ist es, Emmanuel Macron erklärt sich genau, wie meine Herrin behauptet, blök! 

"Emmanuel Macron richtet sich an die Franzosen zum Thema des Krieges zwischen Israel und der Hamas [sic], während einer Rede, um 20 Uhr, diesen Donnerstag."


"Krieg zwischen Israel und der Hamas"? So herum? Es ist kein Terrorangriff der Hamas gegen Israel?

Nachdem er sich gestern, gegen Mittag, mit den Parteichefs besprochen hat, lispelt der Staatspräsident,  zur besten Sendezeit, ab 20 Uhr, zehn Minuten lang. Bei jedem gezischten "s" hüpft mein Schafsherz höher, blök! Er appelliert an die Einigkeit Frankreichs, gedenkt der 13 toten und der 17 verschollenen Franzosen. Tagsüber unterhält er sich telefonisch mit dem Präsidenten Israels Isaac Herzog, mit Premierminister Benjamin Netanyahu, den Regierungschefs Ägyptens, Jordaniens des Libanon, der VAE, Saudi-Arabiens und Katars, kurz, mit allen, die zu der Zeit wichtigeres zu tun hatten, als sich dem "Präsidenten der europäischen Länder" zu widmen, erzählt vom "Recht Israels, sich zu verteidigen", mahnt und belehrt die israelische Regierung, "dabei die Zivilbevölkerung zu schonen", erklärt Terror zu einem moralischen, politischen und strategischen Fehler, nicht aber zu einem Verbrechen an der Menschheit. Vor allem versäumt er es nicht, an die Position Frankreichs zu erinnern: "Frankreich wünscht, daß ein palästinensischer Staat entstehe."

"Der jüdische Staat kann nur Frieden haben, wenn Palästinenser eine eigene Nation haben, sagte der russische Präsident [Wladimir Putin]."

Wer versucht, es ihnen begreiflich zu machen, daß die Araber keine zwei Staaten wollen? Seit dem 29. November 1947 machen sie das Israel und der Welt in unterschiedlicher Intensität klar: Sie wollen, wie es das Gesetz des Islams fordert, das gesamte Gebiet, und sie sind eben dabei, dem mit Tausenden von Raketen sowie mit Mord und Totschlag einen Schritt näher zu kommen. 

Wer sagt es Emmanuel Macron und Wladimir Putin, daß die Palästinenser bereits einen Staat haben, Jordanien, 77% des ehemaligen britischen Mandatsgebiets? Was kann Israel dafür, daß die 80% palästinensischen Araber sich nicht selbst regieren dürfen, sondern die Herrschaft eines haschemitischen Königs erdulden, daß sie, die Mehrheit, dort Bürger zweiter Klasse sind, die man schon an ihren Pässen als Palästinenser erkennt? 

Profiliert sich Emmanuel Macron für eine Mitgliedschaft in BRICS+? Blök!

Update, vom 15. Oktober 2023

Statement by the Tánaiste [Minister of Foreign Affairs] on the situation in the Middle East
Published on 15 October 2023. Last updated on 15 October 2023

Meine Herrin kriegt sich nicht ein, und wirft's mir in meinen Pferch vorn Ferni: Der Außen- und Verteidigungsminister Irlands ist "besorgt über die Lage in Israel und im besetzten palästinensischen Territorium". Da er Gaza nicht eigens erwähnt, scheint er nicht zu wissen, daß Gaza nicht besetzt ist, jedenfalls nicht von Israel. Ich darf die Pressemitteilung und ihre Zeilen gezz wieder zählen, blök!

Von insgesamt 37 ganzen und halben Zeilen widmet er 6 Israel als Opfer des Hamas-Terrors. Die restlichen Zeilen sind den Opfern Israels und der Anklage Israels gewidmet, unterbrochen von 2 Zeilen mit Hinweis auf die "brutale Kriminalität" der Hamas, blök!

"Schaf, das nächste Mal wirfst du die Zählmaschine für Wörter an," rügt mich meine Herrin, "ich kann jetzt nur allgemein erkennen, daß das ein Pamphlet gegen Israel ist."



Blök!
Euer Schaf,
deutscher Heidschnuckenbock