2. Oktober 2023

Perpignan. Der Klimawandel fordert Opfer

"Perpignan - Paris mit dem Zug oder mit dem Flugzeug, ein Unterschied von ... 44 Minuten"
Perpignan – Paris en train ou en avion une différence de … 44 minutes. Par Diane Sabouraud, L’Indépendant, 2 octobre 2023 (Zeitung, nicht online)

Die Fahrzeit von Perpignan nach Paris beträgt mit dem Auto 7 Stunden, mit der SNCF 5 Stunden, ein Flugzeug braucht 90 Minuten. Aber eine Rechnung wird aufgemacht, daß ein Fluggast mit Gepäck ins Zentrum von Paris so viel Zeit benötigt, daß sich der Vorsprung des Fluges auf 44 Minuten reduziert.

Nicht nur, daß die meisten Berufstätigen außer einem Aktenmäppchen oder einem Musterkoffer nichts dabei haben; denn sie fliegen am Abend zurück, wird auch nicht berücksichtigt, daß für den Fluggast ein Anschlußflug von Orly oder vom Flughafen Charles-de-Gaulle anstehen kann, daß es einen direkten Bus zwischen beiden Pariser Flughäfen sowie einen Shuttlebus, der ca. 30 Minuten braucht, vom Flughafen Orly zur Place Denfert-Rochereau gibt, von Taxen nicht zu reden.

Für die Pariser Zentralregierung gibt es nur den Weg nach Paris, da ist er zu Ende: "Einmal einfach!"


Seit ich in Perpignan wohne, nunmehr mehr als 20 Jahre, steht auf der Tagesordnung die Verlängerung des TGV, des Schnellzuges, vergleichbar mit dem ICE, von Montpellier nach Perpignan. Aber das interessiert die Zentralregierung in Paris nicht, und so werden die Katalanen, im Jahr 2013, auf das Jahr 2030 und im Jahr 2023 auf das Jahr 2040 vertröstet, 2033 dann auf das Jahr 2050 usw.

Ein Regionalzug reicht, um in das Land der Westgoten zu gelangen, was will man da überhaupt?

"Schnellzug Montpellier - Paris: Das Projekt in der Versenkung"
TGV Montpellier - Perpignan : le projet aux oubliettes. L'Indépendant, 19 juin 2013

39 informative bis empörte Kommentare sind erhalten, darunter diese beiden:

thesaturn, "vor zehn Jahren"
"Wenn ich recht verstehe, wurde einerseits eine TGV-Strecke Paris - Montpellier, 750km, und andererseits eine TGV-Strecke Barcelona Perpignan, 200km, finanziert, und zwischen beiden ist nichts."

Lafontan, "vor zehn Jahren"
"Ein weiterer zentralistischer Artikel! Was schwer wiegt, ist nicht die Entfernung von Paris [850km], sondern daß nicht die Nähe zu Barcelona [200km] genutzt wird! Nord-Kataloniens Zukunft wie die ganz Okzitaniens liegt im Süden, gerade nebenan. Öffnet die Augen!"


Montpellier - Perpignan, in der Septimanie, heutzutage im Languedoc-Roussillon, liegt außerhalb der Vorstellungswelt der Regierung. Es kommen Zweifel auf, ob die meisten der Kommissions- und Regierungsmitglieder überhaupt je vom Languedoc-Roussillon gehört oder gelesen haben. Ihren Urlaub verbringen sie in Deauville oder auf der Île de Ré, wenn's in den Süden geht, dann über die Nationale 7 an die Côte d'Azur. Neuerdings ist auch Doha angesagt. Der Bericht der Kommission Mobilité 21, von vor zehn Jahren, erwähnt die Strecke Montpellier - Perpignan in drei kleinen Absätzen, die nichts als Ahnungslosigkeit dokumentieren.

Bis heute ist Perpignan nicht durch TGV mit Montpellier verbunden, der Zug fährt als Regionalzug. Da aber bis heute Paris Frankreich und Frankreich Paris ist, trifft uns das schwer, da mag Kommentator Lafontan gern die Zukunft Okzitaniens ins Feld führen. Weiß er nicht, daß die Zukunft aller Politiker, aller Regierungschefs von Gemeinden, Departements und Regionen in Paris liegt?

Von Toulouse, der Hauptstadt Okzitaniens, nach Bordeaux fährt man, noch bis zum Jahr 2030, in 2:20 Stunden, von da mit dem TGV in 2:10 Stunden weiter nach Paris. Es gibt 22 TGV/Tag. Seit Toulouse die Hauptstadt der vergrößerten Region Okzitanien ist, hat die Regionalregierung der Sozialistin Carole Delga kein Interesse an der Einbeziehung Perpignans in den politischen und wirtschaftlichen Machtbereich, weder zu Zeiten des Bürgermeisters der Républicains, noch und erst recht nicht zu der jetzigen Zeit des Rassemblement National unter Louis Aliot. Okzitanische Harmonie ganz ohne Berührung oder gar Beteiligung Perpignans, sondern die Sozialisten und ihre Medien sind unter sich:


Jetzt soll der Flughafen Llabanère, der Perpignan mit dem Flughafen Paris – Orly verbindet und defizitär arbeitet, nicht mehr von der Regierung subventioniert werden, weil das Passagieraufkommen, in den Jahren 2003 – 2019, pro Jahr unter 3 Millionen liegt, nur ca. 490 000 beträgt. 19% der Fluggäste sind beruflich und 67% aus anderen Gründen unterwegs. Der Tourismus macht 2% aus.

Es findet sich ein übergeordneter Grund der Abkopplung unserer Stadt vom Zentrum der 850km entfernten nördlichen Macht: der Klimawandel! Man verbraucht angeblich mit einem Flug 62 mal mehr CO2 als mit dem Zug, und das muß auf Gedeih und Verderb ganzer Landstriche aufhören. Das ist der Vorwand, einer von einem Bürgermeister des Rassemblement National regierten Stadt des sechstärmsten von 100 Departements Frankreichs den Hahn abzudrehen.

Ligne Perpignan - Paris : le vol du matin de retour en avril 2024. Par Diane Sabouraud, 

Ab 30. Oktober 2023 wird der Flug Perpignan - Paris, um 6:45 Uhr, von der Fluggesellschaft Transavia "aus Gründen der Programmoptimierung und des wirtschaftlichen Gleichgewichts" gestrichen. Ab dem 26. März und bis zur Zeitumstellung Ende Oktober 2024 soll er wieder aufgenommen werden.

"Transavia ist eine Fluggesellschaft, die 1965 in den Niederlanden als Transavia Holland gegründet wurde. Seit 2003 sind wir eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von KLM. KLM wiederum gehört zur AIRFRANCE KLM-Gruppe."

Unternehmer, Politiker und andere Bürger Perpignans, die regelmäßig nach Paris fliegen, um zu arbeiten oder ihr Mandat wahrzunehmen, können erst um 9:10 Uhr fliegen, der Vormittag ist futsch, zusätzlich wird eine Übernachtung fällig, weitere Kosten fallen an.

Bordeaux, die Stadt des "konstruktiven Republikaners" Alain Juppé, er wird auf meinem Blog reichlich gewürdigt, die Stadt ist knapp doppelt so groß wie Perpignan, wird anders behandelt, von dort nach Paris gibt es selbstverständlich 22 Verbindungen mit dem TGV nach Paris. Die Stadt ist vollständig nach Paris ausgerichtet und genießt deshalb einen Sonderstatus, den Lyon nicht erreichen kann.

Der Flughafen Bordeaux ist ein internationaler Flughafen zehn Kilometer westlich von Bordeaux. Der Flughafen dient auch als Militärflugplatz der französischen Luftstreitkräfte. Dem Flughafen werden sicher nicht die Subventionen gestrichen.

Frankreich ist halt wie zu Merowingerzeiten Paris und Umgebung, da hilft auch nicht die zweitgrößte Stadt, Marseille. Die zählt Papst Franziskus ja zum "Mittelmeer", denn er besucht ausdrücklich nicht Frankreich. Emmanuel Macron aber sieht sich in den Stiefeln Karls des Großen und als Herrscher des Gebietes der Karolinger, etwa der heutigen EU. Illusionen können tödlich sein.

Eine militärische Nutzung des Flughafens Llabanère wird nicht erwogen. Allmählich verstehe ich unsere Catalanistas, die lieber heute als morgen mit Süd-Katalonien fusionieren würden. Die aber wollen uns nicht haben, weil sie reich und wir arm sind. 😭