5. Januar 2013

WKI. Jildirim. Deutsch-türkische Allianz

Wer mit Muslimen gemeinsame Sache macht, 
sich mit ihnen politisch, wirtschaftlich und/oder militärisch gegen Nichtmuslime zusammentut, 
wird langfristig immer verlieren. 
Das gilt für alle!


Nachwort zu "Jildirim"

Wie eine düstere Tragödie mutet der Zusammenbruch der türkischen Armeen in Palästina und Syrien an. Die gewaltige Probe des vierjährigen Weltkrieges ging über ihre Kraft. Ein großes Volksheer, das in ruhmreicher Vergangenheit langer Jahrhunderte in zwei [?] Erdteilen Sieg und Ehre an seine Fahnen geheftet hatte, das im ersten Kriegsjahr heldenmütig die Dardanellen verteidigt und späterhin erfolgreich am Tigris, an der Donau und in Galizien gefochten hatte, sehen wir schließlich der inneren Auflösung und der Vernichtung anheimfallen. Wie hatte es zu solcher Katastrophe kommen können?

Gewiß war die Türkei durch lange unglückliche Kriege und innere Umwälzungen militärisch und finanziell geschwächt in den Weltkrieg eingetreten, gewiß sah sie sich in der britischen Weltmacht einem Feinde gegenüber, der, lebenskräftig, über unbegrenzte Mittel an Menschen und Kriegsgerät verfügte und zudem unmittelbar hinter seinen Fronten immer von neuem aus dem Vollen schöpfen konnte. Aber der wirkliche Grund des türkischen Zusammenbruchs lag tiefer, lag in der inneren Zersetzung des ganzen türkischen Staatsorganismus, einem bis in die Wurzel hinein faulen Verwaltungssystem, jener Paschawirtschaft, die, allen Reformen abhold, die reichen Schätze des Landes verwerflichem Eigeninteresse nutzbar machte, statt sie zum Wohl des Ganzen zu verwenden. Die jungtürkische Revolution hatte nur die äußeren Formen dieser Mißwirtschaft geändert, ohne ihren Kern zu treffen oder etwas zu bessern. Zu all diesem trat endlich eine gänzlich verfehlte Regierungspolitik gegenüber einem Teil der eigenen Landesgenossen. Das wehrlose Volk der Armenier wurde dadurch der Ausrottung nahegebracht, an der Volkskraft und dem Fanatismus des Arabertums in Syrien und dem Ostjordanland mußte die türkische Gewaltpolitik fehlschlagen und zum eigenen Verderben werden. Die Annahme scheint nicht ungerechtfertigt, daß der türkische Palästina-Feldzug einen anderen, jedenfalls nicht diesen katastrophalen Ausgang genommen haben würde, wenn die Türkei es verstanden hätte, beizeiten den Aufstand der Araber zu verhindern.

Es war eine tragische Fügung, daß Deutschland, seinem osmanischen Bundesgenossen die Treue haltend, in die Katastrophe hineingezogen wurde, daß deutsche Truppen fern der Heimat auf dem heißen Boden Asiens Gesundheit und Leben opfern mußten, um der Türkei den vertraglich zugesicherten Beistand zu erhalten. So gewinnt das "Jildirim-Unternehmen" als der Ausdruck deutscher Bundestreue in schwerster Zeit eine geschichtliche Bedeutung, die weit über den militärischen Rahmen hinausgeht. Daran vermag auch die Aussichtslosigkeit, zu der es unter türkischer Kriegführung von vornherein verurteilt war, nichts zu ändern. Es erübrigt sich, an dieser Stelle noch einmal näher darauf einzugehen, weshalb es so kommen mußte, warum auch der deutschen Führerkunst eines [Oberst Friedrich Sigmund Georg Freiherr von] Kreß [von Kressenstein], eines [Armeeoberbefehlshaber Erich von] Falkenhayn, eines [Otto] Liman v. Sanders auf dem verlorenen Posten Palästinas der Erfolg versagt blieb. Die Geschichte wird einst diesen Männern gerecht werden.

Nicht als Sieger kehrten die deutschen Palästina-Kämpfer aus dem fernen Osten in die Heimat zurück, aber sie brachten das stolze Bewußtsein mit heim, daß sie auf dem Boden des Heiligen Landes auch dann, als alles um sie herum zusammenbrach, die deutsche Waffenehre hochgehalten haben.

Trübe ist die Gegenwart, im Dunkel liegt die Zukunft, Deutschlands Verbindungen mit dem Orient sind durch den Ausgang des Krieges abgeschnitten. Auf den Gebirgen Kleinasiens kämpft osmanischer Heldenmut den letzten Kampf, und die Westmächte schicken sich an, das Erbe der Türkei anzutreten. Englands Fahne weht über Jerusalem; Mesopotamien wird ausgebaut zum Glacis für Britisch-Indien; und in der alten Kalifenstadt Bagdad residiert als König von Englands Gnaden der arabische Emir Feissal, ein gefügiges Werkzeug britischer Politik. Frankreich hat die Hand auf Syrien gelegt, in Kleinasien aber feilschen Italien und Griechenland um ihren Anteil an der Beute. Überall Reibungsflächen, Keime zu neuen Kämpfen! Deutschlands Einfluß scheint für alle Zeiten ausgeschaltet.

Und dennoch! Die Zeit wird kommen, in der das Samenkorn deutscher Kultur, von dem Blut des Weltkrieges gedüngt, im Orient aufgehen wird, um wenigstens in wirtschaftlicher Beziehung für Deutschland Frucht zu tragen. Dann wird auch im deutschen Volke das Erinnern wieder lebendig werden an jene stillen Schläfer in dem heißen Dünensand der Wüste von El Tih, deren Grabhügel der glühende Odem des Sirokko längst verweht hat, an die Gräber deutscher Helden in den Bergen von Moab und Judäa, die den Boden des Heiligen Landes mit ihrem Blute netzten und treu dem geschworenen Fahneneid ihr Leben hingaben für die Ehre des Vaterlandes.


"Jildirim". Deutsche Streiter auf heiligem Boden. Nach eigenen Tagebuchaufzeichnungen und unter Benutzung amtlicher Quellen des Reichsarchivs. Mit 4 Karten und 8 Bildtafeln. Bearbeiter: Dr. [Werner] Steuber, Obergeneralarzt a.D., 1917/18 Armeearzt in Palästina. Schlachten des Weltkrieges, Band 4. Druck und Verlag von Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. / Berlin 2. Auflage 1925

1917. Die Briten erobern Palästina

Das "Ägyptische Expeditionsheer", wie die britischen Einheiten seit Beginn der Offensive im Jahr 1916 genannt werden, muß sich im Frühjahr 1917 einer ersten schweren Prüfung unterziehen. Umfangreiche britische Verbände greifen Gaza an - und werden zurückgeworfen. Kurz danach versuchen sie, vom Sinai in den Süden Palästinas einzubrechen - wieder erleben sie ein Debakel. Sie erleiden hohe Verluste. Daraufhin wechseln die Engländer ihre Befehlshaber aus. An die Stelle von [Kommandeur] General [Sir Archibald Murray] tritt General [Sir Edmund Henry Hynman] Allenby, ein erfahrener Kavallerieoffizier. Er reorganisiert seine Einheiten und plant eine weitere Offensive.

Am 31. Oktober 1917 greifen die Engländer nach einer ganzen Serie von kleineren Ablenkungsmanövern Be'ersheva an. Bald nach Beginn der Kämpfe ziehen sich die Türken zurück. Die Engländer bleiben ihnen auf den Fersen und folgen ihnen bis nach Gaza, das [in der dritten Schlacht] am 7. November fällt. Danach dringen ihre Streitkräfte nordwärts vor. Nach mehreren Gefechten in der Küstenebene erreichen sie Jaffa und nehmen die Stadt am 16. November ein. Knapp einen Monat später erobern die Engländer auch Jerusalem - am 9. Dezember 1917. Anfang 1918 sind alle Gebiete südlich einer Linie zwischen dem Fluß Jarkon im Westen und dem Audscha, der nördlich von Jericho in den Jordan mündet, in ihrem Besitz.


Mordechaï Naor: Eretz Israel. Das zwanzigste Jahrhundert.
Übersetzung aus dem Hebräischen: Miriam Magall.
Könemann Verlagsgesellschaft mbH 1998, Seite 78