21. Juli 2023

Perpignan. Die Einschläge kommen näher


Heute fragt mich Thierry, der Besitzer meiner Brasserie de la gare, wo ich morgens frühstücke: „Hast du das gestern mit dem Transvestiten gelesen, den hinterm Bahnhof einer totschlagen wollte?“

Hatte ich, aber nur die Überschrift:

"Gericht von Perpignan: 
'Ich schlug den Transvestiten, weil der ein Tier ist, die Homos sind nicht normal'."
Tribunal de Perpignan : "Je frappais le travesti car c'est un animal, les homos ne sont pas normaux"

Ich gucke nochmal in die zerfledderte Zeitung von gestern und lese, daß die Tat stattfand auf dem Parkplatz, hinterm Bahnhof, am Nachmittag des Sonntag, 16. Juli 2023. 

Ein 68-jähriger Mann kommt bei den Hilfeschreien des Transvestiten angerannt, versucht zu schlichten und wird seinerseits von dem rasenden Mann, einem jungen Tschechen krankenhausreif zusammengeschlagen, erst am Kopf, dann, als er schon am Boden liegt, traktiert ihn der Mann mit Fußtritten. Passanten finden ihn und bringen ihn ins Krankenhaus. Er wird für zwei Tage krankgeschrieben. In einer Schnellgerichtsverhandlung, zwei Tage später, wird der Täter zu 18 Monaten Knast verurteilt, mit anschließendem fünfjährigen Verbot, Frankreich zu betreten. 

Der Tscheche  kommentiert:

„Tut mir leid für den Alten, wenn der sich nicht eingemischt hätte, wäre der Transvestit jetzt tot.“

„Hast du’s gelesen?“ fragt Thierry. - „Ja!“ - „Das ist unser Kumpel José!" 

Passanten finden ihn, er muß ins Krankenhaus. José kam bis vor kurzem wie ich des Morgens in die Brasserie, half, Stühle und Tische vor die Brasserie zu stellen, hat sich dann aber überworfen mit Thierry – längere Geschichte, irgendwas wegen 'nem Parkplatz - und trinkt seinen Kaffee morgens im Bahnhof. Die Nachricht, daß es José ist, stammt von einem anderen Gast, der wie wir jeden Morgen in der Brasserie seinen Kaffee trinkt und beste Beziehungen zu unserer Polizei hat.

So. Ich lege die zerfledderte Zeitung beiseite und schlage die von heute auf. Da lese ich auf Seite 3:

"Perpignan: unsoziales Verhalten, Aggressionen ... 
das Schwimmbad Moulin-à-Vent schließt gemäß Recht auf Rückzug der Bademeister"
Perpignan : incivilités, agressions...
la piscine du Moulin-à-Vent ferme après le droit de retrait des maîtres-nageurs. 
Par Océane Laparade, L’Indépendant, 20 juillet 2023

Der Artikel ist frei zugänglich.

Es geht darum, daß am Mittwoch Jungen einen Bademeister hindern, einen Schwimmkurs abzuhalten, ihn durch ständige Störung unmöglich machen. Als er nach mehrmaligen Verwarnungen einen der Jungen, der sich am Beckenrand festklammert, am Arm packt, um ihn von den Kursteilnehmern zu entfernen, umringt ihn eine Gruppe von 20 Personen, Frauen und Jungen, von denen sieben Frauen trotz Schlichtungsversuchs des offiziellen Vermittlers des Schwimmbades den Bademeister mit Faustschlägen angreifen. Die Polizei trifft ein und befreit den Bademeister.

Foto der Auseinandersetzung im Schwimmbad, am 19. Juli 2023

Die Frauen schreien, sie kämen mit ihren Ehemännern zurück, dann könnten alle was erleben. 

Gesagt, getan! Donnerstag gegen Mittag kommen zwei Männer im Schwimmbad an und bedrohen die anwesenden Bademeister und die Dame am Empfang. Sie wollen ins Schwimmbad eindringen und sich dort die Bademeister vornehmen. Umgehend rücken diesmal die nationale und die Polizei der Stadt an. Der angegriffene Bademeister reicht Klage ein gegen die beiden Männer.

Das Schwimmbad wird für den Rest des Donnerstags geschlossen, es sollte aber laut meiner Dorfzeitung Indépendant heute, ab 9 Uhr, wieder geöffnet sein. Na, toll, denke ich. Montag- und freitagmorgens schwimme ich immer meine 1000m Rücken. Das kann ja heiter werden! 

Am Eingang treffe ich einen der Bademeister, wir kennen uns, weil ich da seit Jahren viele Tausende von Metern geschwommen bin, und er verrät mir, daß es sich um Zigeuner handelt, gitanes.


Heute Abend feiere ich auf der Place de belgique den belgischen Nationalfeiertag mit Moules frites. 

Das Leben in Perpignan kann so schön sein!