5. August 2022

Annalena Baerbock ergreift den transatlantischen Moment in einer neuen Welt


Aussenministerin Annalena Baerbock verkündet Deutschlands Führungsanspruch an der Seite der USA. Die Amerikaner freut’s, die Europäer gruselt’s. Von Wolfgang Koydl, Weltwoche, 5. August 2022

"In einer Grundsatzrede in New York verkündete sie Deutschlands Führungsanspruch in der Welt. Dazu müssten sich alle «mutig […] neuen Vorstellungen öffnen». Das hört er sicher gern, der Pole, der Däne oder der Franzose.

Update, vom 6., unterm, und 7. August 2022, im Text
Die "regelbasierte Weltordnung" in Venezuela in Aktion als «Räuberische West-Ordnung»

Gut, anders als Wilhelm will Baerbock nicht allein den Führer machen, sondern zusammen mit den USA. «Unwiderruflich». Auf Augenhöhe. In einer partnership in leadership."

"Den transatlantischen Moment ergreifen: Unsere gemeinsame Verantwortung in einer neuen Welt -
Rede von Außenministerin Annalena Baerbock an der New School, New York"
Seizing the Transatlantic Moment: Our Common Responsibility in a New World - 
Speech by Foreign Minister Annalena Baerbock at The New School in New York

Man beachte bitte den Unterschied der Titel in Amerikanisch/Englisch und in Deutsch. Typisch deutsche "schwierige Zeiten", aber eine "neue Welt" gibt's nicht, sondern ein "neues globales Umfeld".

Schon in der Überschrift verschleiert das Auswärtige Amt den deutschen Lesern, worum es geht, um die neue Weltordnung und die Unterordnung Deutschlands unter die Strategien der USA zum Erhalt ihrer Vorherrschaft in der Welt. 

Der Unterschied der Art der Beziehungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens zu den USA: Frankreich und Großbritannien sind Vasallen. Deutschland ist Untergebener, der Untertan.

In schwierigen Zeiten den transatlantischen Moment nutzen - 
unsere gemeinsame Verantwortung in einem neuen globalen Umfeld. 
Rede von Außenministerin Annalena Baerbock an der New School, New York

"Wir alle dachten, dass der Krieg nie auf den europäischen Kontinent zurückkehren würde – das galt besonders für meine Generation."

Als die NATO ohne UN-Mandat und mit begeisterter Unterstützung ihres Vorgängers, des grünen Außenministers Joschka Fischer, ab dem 24. März 1999, Jugoslawien bombardiert, ist Annalena Baerbock, geboren am 15. Dezember 1980, 18 Jahre alt. Zum Bundestag 1998 darf sie noch nicht wählen, wird aber gewiß mit den Grünen gehalten haben, wenn man ihrem Werdegang bei Wiki folgt.

Update, vom 7. August 2022

Wie man aber inzwischen auf RT Deutsch lesen kann, stammen auch diese geschichtsvergessenen Worte der Außenministerin aus der Feder der regelbasierten US-Unordnung:

Nachrichtenagentur AP löscht den Jugoslawien-Krieg aus der Geschichte – 
Das Narrativ nicht gefährden. von Nebojša Malić, RT De, 7. August 2022

Feb. 24, 2022: Russian President Vladimir Putin chews up the world order and 77 years of almost uninterrupted peace in Europe by invading Ukraine, disrupting the supplies of food it produces for many of the planet’s 8 billion people.

Balkan: Chronologie der US-albanischen Zusammenarbeit

Aber weiter im Redetext der untertänigen Annalena Baerbock:

"Jetzt ist der Moment da, in dem wir sie schaffen müssen: eine gemeinsame Führungspartnerschaft.
Nicht nur wir als Deutsche und Amerikaner – wie wir vor dreißig Jahren dachten.
Sondern wir als Europäer und Amerikaner."

Die anders als in Ankara in ein langärmeliges blaues Gewand sittsam gekleidete Außenministerin Deutschlands formuliert vor dem Publikum der New Yorker New School for Social Research den deutschen Anspruch, als Deutsche mit den USA eine "Führungspartnerschaft" der Welt zu bilden, Deutschland nicht allein, sondern im Schlepptau bietet sie die anderen EU-Staaten an. 

Die Partner in der Führung der Welt, die USA und Deutschland, bestimmen laut der Rednerin
"Wenn wir nur einen kleinen Teil ihres [der "Gründerinnen und Gründer der New School"] Mutes und ihrer Zuversicht aufbringen können, dann haben wir alles, was wir brauchen, um diesen transatlantischen Moment zu nutzen.

Und die transatlantische Partnerschaft für das 21. Jahrhundert aufzubauen – eine gemeinsame Führungspartnerschaft Europas und der Vereinigten Staaten."

Wer die Lektüre dieser unsäglichen Rede bis zu den zitierten Sätzen durchgehalten hat, wird mir zustimmen, daß ich dem Autor Wolfgang Koydl erneut widerspreche. Es ist umgekehrt: Die Amerikaner gruselt's, die Europäer freut's, vor allem die Deutschen und die Franzosen. 

Die Amerikaner, weil ihnen klar wird, daß sie bei ihren großen Projekten des Krieges gegen Rußland, China und gegen die multipolare Weltordnung der Unbedarftheit der deutschen Politik wegen von Deutschland keine Unterstützung erwarten können, die Deutschen, weil sie sich einbilden, ihre Außenministerin wäre eine "junge Weltführerin" auf Augenhöhe mit den Amerikanern, und die Franzosen, weil sie sehen, daß Deutsche dabei sind, ein für allemal durch ihre Unterwürfigkeit unter die USA die führende Position Deutschlands in der EU zu verspielen. Für die Franzosen war das immer eine "Hegemonie", die nun zu Ende geht. Und das soll sie nicht freuen?

Ein Stück mehr bin ich für die Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen. 👿 

Wer bislang nicht verstanden hat, was die "regelbasierte internationale Ordnung" ist, der wird fündig beim ukrainisch-stämmigen Aachener Bundestagsabgeordneten der Linken Andrej Hunko:

Fragen von Andrej Hunko an die Bundesregierung
Mündliche Frage zur Definition des Begriffs der regelbasierten Ordnung durch die Bundesregierung. Die Linke, 7. November 2019

Ihm antwortet auf seine Anfrage der SPD-Staatsminister  im AA Michael Roth und nennt allerlei skurrile Beispiele, was er meint, daß es unter den Begriff gehörte, darunter das pünktliche Bezahlen von [GEZ?] Beiträgen, und die Freiheit von "Freundesgruppen", sich zusammenzuschließen.

Wesentlich aber ist dieser Satz: "Die Begriffe 'Völkerrecht' und 'regelbasierte Weltordnung' ergänzen sich. 'Regelbasierte Ordnung' ist dabei ein politischer Begriff, 'Völkerrecht' ein juristischer."

Es fällt dem Herrn Staatsminister nicht einmal auf, daß er mit der Definition der "regelbasierten Weltordnung" als "politischer Begriff" das Völkerrecht nicht ergänzt, sondern es aushebelt. 

Der Stärkere oder derjenige, der meint bzw. sich einbildet, der Stärkere auf dem internationalen Parkett zu sein, sieht sich berechtigt, mit seiner Politik die "regelbasierte Weltordnung" zu bestimmen.

Update, vom 6. August 2022

Endlich, endlich! kann ich Wolfgang Koydl einmal recht geben:

Ein britisches Gericht entscheidet, wem Venezuelas Goldschatz gehört. 
So funktioniert die regelbasierte Weltordnung. Von Wolfgang Koydl, Weltwoche, 6. August 2022

"Vielleicht sollte man ihn besser abkürzen, so oft wie westliche Politiker den Begriff im Mund führen: RWO geht flotter über die Lippen als «regelbasierte Weltordnung». Dahinter verstecken sich Spielregeln, die der Westen ausgeheckt hat, ohne die Welt zu fragen. Und nun setzt er sie gnadenlos durch. Warum? Weil er es [noch!] kann. ...

Was der grosse Bruder [USA: Raub des Vermögens Afghanistans und Rußlands] kann, kann der treue Pudel auch. Soeben hat der britische Supreme Court entschieden, wem Venezuelas Goldreserven gehören. Nein, nicht der Regierung von Nicolas Maduro, die die 31 Tonnen für zwei Milliarden Dollar verkaufen und in Gesundheits- und Sozialprogramme stecken wollte. Sie gehören Juan Guaidó. Er hatte sich vor drei Jahren zum Präsidenten ernannt – und war vom «Westen» anerkannt worden. Regierungsmacht hat er freilich nicht.


Venezuela opposition leader Juan Guaidó wins U.K. court ruling in battle over gold. By AP,

The British government recognizes Guaidó as Venezuela’s president, and the Bank of England has refused to hand the gold over to President Nicolás Maduro.

Wer nun meint, das könnte demnächst auch umgekehrt werden, und andere Weltmächte bestimmen, wem die Schätze der USA gehören, dem sei mitgeteilt, daß von den USA nur Schulden von insgesamt mehr als 91 Billionen US Dollar enteignet werden können. Ihr Gold werden sie nicht in der Zentralbank von Beijing oder Moskau deponiert haben. Die USA leben auf Kosten anderer.

Die Erfahrung Venezuelas wird die Finanzminister der Staaten der Welt darüber nachdenken lassen, wie sie ihre Goldreserven am besten und schnellsten aus den Zentralbanken der westlichen Wertegemeinschaft nach Hause holen. Sie sollten sich beeilen; denn bald werden diese Staaten Gesetze beschließen, die eine solche Repatriierung unmöglich machen.


3. August 2022, 17:00 Uhr
Öffentliche Schulden: 30,623196 Billionen US Dollar
Gesamtschulden: 91,804381 Billionen US Dollar

29. Januar 2023, 8:45 Uhr
Öffentliche Schulden: 31,519526 Billionen US Dollar
Gesamtschulden: 93, 934746 Billionen US Dollar

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