3. Juli 2024

Mir lebn ejbik. Es firt kejn weg zurik ...

Mir lebn ejbik

Mir lebn ejbik, ess brent a welt,
mir lebn ejbik on a groschn gelt,
un ojf zepukenisch di ale ssonim
was wiln unds forschwarzn undser ponim:
Mit lebn ejbik, mir sajnen do,

mit lebn ejbik in jeder scho,
mir weln lebn un derlebn,
schlechte zajtn ariberlebn.
Mir lebn ejbik, mir sajnen do!

Wir leben ewig, es brennt eine Welt.
Wir leben ewig ohne einen Groschen Geld.
Und sollen alle Feinde zerspringen,
die uns das Leben sauer machen wollen:
Wir leben ewig, wir sind da!

Wir leben ewig zu jeder Stunde.
Wir wollen leben und weiterleben
und schlechte Zeiten überleben.
Wir leben ewig, wir sind da!

Text: Lejb Rosental. Melodie: unbekannt

"Mir lebn ejbik" ist das der Nachwelt bekannteste Final-Lied des Ghettotheaters. Es entstand 1943. 
Als Melodie wurde ein Can-can aus einer Operette verwendet.

Es firt kejn weg zurik ...

Bis zu dem Zeitpunkt, als Wilna (Vilnius) im Juni 1941 von deutschen Truppen eingenommen wurde, galt diese Stadt als kulturelles und geistiges Zentrum des aufgeklärten Ostjudentums. Sie wurde auch das "Jerusalem Litauens" genannt.

Nach der Errichtung des Ghettos 1941 entstand eine Widerstandsbewegung, welche - einzigartig in Osteuropa - alle jüdischen politischen Spektren in sich vereinigen konnte: die "Farejnikte Partisaner Organisazje" (F.P.O.). Eine Anzahl von jiddischen Liedern, die vor 1943 geschrieben wurden, erzählen von den Frauen und Männern dieser Widerstandsbewegung.

Trotz Hunger, Not und Angst gab es im Ghetto auch ein jiddisches Theater. Schmerke Katscherginski, ein Überlebender des Ghettos, hat in seiner Anthologie "Lider fun di Getos un Lagern", New York 1948, u.a. auch die Lieder aus "Revuen" 
herausgegeben, die zwischen 1941 und 1943 in Wilna aufgeführt wurden. Diese Lieder erzählen von den alltäglichen Schwierigkeiten, denen die Bewohner im Ghetto ausgeliefert waren, und zeugen von deren Wissen über die Lage im und um das Ghetto. Im September 1943 wurde das Ghetto von den deutschen Besatzern aufgelöst, die Bewohner umgebracht.


Freund, Florian: Es firt kejn weg zurik. Geschichte und Lieder des Ghettos von Wilna 1941 - 1943 
199 S. : Ill., Notenbeisp.. - ISBN 3-85452-222-3. - Florian Freund...(Hg.). 
Mit einem Vorwort von Simon Wiesenthal. Wien: Picus, 1992

Schtiler, schtiler... Das Ponar - Wig-Lied

Am 5. April 1943 wurden 4000 Juden - Männer, Frauen und Kinder - in Ponar, der Vorstadt von Wilna (Litauen), von der SS erschossen. Dieses Ponar-Wiegenlied erinnert an das unglaubliche Ereignis. Die Melodie schrieb ein elfjähriger Junge anläßlich eines Wettbewerbs im Ghetto 1943 zu dem Gedicht von Sholem Katscherginsky.

Das Ponar - Wig lied
Musik: Alexander Wolkowycki. Text: Schmerke Katscherginski

Eine jüdische Mutter singt ein Wiegenlied für ihren Sohn, dessen Vater ermordet wurde. "Weine nicht, mein Sohn," sagt die Mutter, "Tränen rühren unsere Feinde nicht," und sie tröstet ihren Sohn mit Worten der Hoffnung, daß der Tag der Befreiung endlich kommen wird:

Sidor Belarsky sings Songs of the Holocaust. Hatikvah. Music International

'Ss wert der Chójschech wu zerunen,
Fun der Finsster lojchtn Sunen,
Rajter kum geschwint,
Dich ruft dajn Kind.

Die Dunkelheit wird dann verschwinden.
Aus der Finsternis leuchtet Sonne.
Reiter, komm geschwind,
Dich ruft dein Kind.

Im Wald von Ponar wurden 100 000 Menschen ermordet, davon waren 70 000 Juden aus Wilna.


„Unser Rebbe, unser Stalin …“
Jiddische Lieder aus den St. Petersburger Sammlungen 
von Moishe Beregowski (1892–1961) und Sofia Magid (1892–1954)
Elvira Grözinger und Susi Hudak-Lazic 
unter Mitarbeit von Matthias Schramm und Sebastian Schirrmeister 

"Ich bin zum ersten Mal in Ihrem Jüdischen Museum", sagt Sholom-Aleichem in Jiddisch als Grußwort zur Eröffnung des Jüdischen historisch-ethnographischen Museum von Sankt Petersburg, am 12. Mai 1914, vor genau 100 Jahren. "Mir wurden Dinge gezeigt, die mich an meine glückliche Jugend erinnerten, die ich in dem einst glücklichen Dorf Kasrylovka verbrachte. Ich bereue nicht, hierher gekommen zu sein. Ich verlasse diesen Ort mit den besten Hoffnungen. Ich würde wünschen, daß jeder Jude dieses Museum besucht, wenn bessere und fröhlichere Tage für die Juden dieses Landes kämen, wenn dieses Museum sich vergrößerte, blühte und sich in ein echt jüdisches, reiches Museum verwandelte."

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