Mehrfach sind die Behauptungen des Stéphane Hessel widerlegt worden, auch von französischen Publizisten. Der Forschungsdirektor am CNRS Pierre-André Taguieff beispielsweise schreibt, am 3. Oktober 2011, La fin d'une légende : "Stéphane Hessel co-rédacteur de la Déclaration universelles des droits de l'homme". Das Ende einer Legende: "Stéphane Hessel Mitverfasser der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte". In den Anmerkungen findet man eine Menge Links zu Artikeln, die er und andere zu den Lügen und Verdrehungen des Stéphane Hessel seit dem ersten Erscheinen des Pamphlets verfaßt haben, und wofür er sich hat beschimpfen und verklagen lassen müssen als Beschmutzer des großen Kämpfers für Recht und Gerechtigkeit. Die gesamte linke Intellektuellenszene Frankreichs mobilisiert sich für Stéphane Hessel, wo er auftritt, schart sich um ihn die Elite Frankreichs, auf daß auch auf sie ein wenig des Glanzes falle.
Der erklärte Gegner Israels und überzeugte Freund der palästinensischen Sache Pascal Boniface möge hier für viele stehen. Auf seinem Blog im Nouvel Observateur verteidigt der Direktor des staatseigenen, ebenso israelfeindlichen Institut de Relations Internationales et Stratégiques (IRIS) seinen Freund Stéphane Hessel. Pierre-André Taguieff : insultes inadmissibles en toute impunité contre Stéphane Hessel. Untragbare Beleidigungen ganz ungestraft gegen Stéphane Hessel. Ein Rausschmiß des Kritikers aus seiner Arbeitsstelle, dem CNRS, das heißt die Vernichtung seiner Existenz, ist ihm das mindeste der Sühne.
Selbstverständlich behauptet auch Pascal Boniface, Stéphane Hessel wäre Mitverfasser der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, celui qui avait partiellement rédigé la Déclaration Universelle des Droits de l'Homme de 1948, derjenige, der die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte teilweise [sic!] verfaßt hat. Diese Variante mit Ergänzung durch das Wort "partiellement" ist neu. Es ändert nichts daran, daß die Lüge erhalten bleibt. Die weitere Lüge, Stéphane Hessel wäre Jude, kolportiert Pascal Boniface ebenfalls, in dem er es ungeheuerlich findet, wenn Pierre-André Taguieff schreibt: Son identité juive inexistante, il l’utilise quand ça lui sert pour légitimer ses appels à la haine contre Israël. Bei seiner nichtexistierenden jüdischen Identität, benutzt er diese, wenn sie ihm dient, seine Aufrufe zum Haß gegen Israel zu legitimieren.
Genauso ist es, wie man in der Jüdischen Allgemeinen liest, wo er sich auch noch israelische Identität aneignet: "Wir [Israel] sind gegründet worden aus Recht, durch eine Rechtscharta. Darum müssen wir [die Juden, Israel] uns auch rechtsstaatlich verhalten, nicht rein machtstaatlich."
In einem Interview mit der FAZ sagt er: "Ich mag ein schlechter Jude sein, denn ich gehe nicht in die Synagoge. Ich lasse mir aber von niemand meine Kritik an der Politik Israels verbieten", zitiert ihn Interviewer Joseph Hanimann.
Im Video Stéphane Hessel fustige Israël et la France, einer Sendung des Juden Serge Moati, geißelt er Israel und Frankreich, weil es sich seiner Meinung nach noch nicht genug von Israel abwendet. Eben ist er im Begriff, sich als Jude zu stilisieren, als ihm der Journalist ins Wort fällt und "juif" übertönt mit "Jules, Jules!", anspielend auf den Film Jules et Jim.
Der jüdische Rechtsanwalt Gilles-William Goldnadel hat jetzt ein Antwortpamphlet herausgegeben: Le Vieil homme m'indigne ! Es ist wie oft auch in Deutschland, die Juden müssen ihre Sache gegen Angriffe von Nichtjuden selbst vertreten, andere Nichtjuden, die durch ihre Position in Politik oder Medien in der Lage wären, den Tatsachen zügig zum Durchbruch zu verhelfen, halten still, wenn sie nicht gar in die Kerbe der Angreifer schlagen. Kleine Blogger wie ich erreichen nur wenige Leser. So kann Stéphane Hessel für Millionen zur Ikone werden. Es ist von der französischen Regierung im Rahmen ihrer politique arabisante politisch so gewollt.
Gilles-William Goldnadel informiert über den angeblichen Juden, daß im sehr passenden Augenblick im Nachwort des Pamphlets "Indignez-vous!" (Seite 25), wo dem Stéphane Hessel ein jüdischer Vater angedichtet wird, ausgelassen werde, "daß die Familie des Großvaters von Stéphane Hessel schon seit einer Generation zum lutherischen Protestantismus konvertiert war, und daß seine Mutter die Tochter eines protestantischen und antisemitischen preußischen Bankiers war." (Goldnadel, Seite 31)
Inzwischen sind alle Lügen des Stéphane Hessel entlarvt, die Verfälschungen korrigiert, die Auslassungen ergänzt, und man sollte meinen, nun sei es genug, aber er schafft es wieder in die Schlagzeilen, diesmal durch die Verleihung eines vom deutschen Philosophen Peter Sloterdijk und seinem Freundeskreis gestifteten Kulturpreises, mit dem alles wieder auflebt, als wenn nie etwas richtiggestellt worden wäre, voran die Lüge des Stéphane Hessel, er wäre Mitverfasser der am 10. Dezember 1948 im Pariser Palais Chaillot von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Anwesenheit des Staatspräsidenten Frankreichs Vincent Auriol angenommenen und verkündeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Französische und deutsche Bewunderer des Stéphane Hessel wiederholen die Lügen bis heute, beispielsweise Victor de Sepausy, auf der Website ActuaLitté, und Johannes Wetzel, in WeltOnline, am 1. Februar 2012.
Selbst Wikipédia wagt es nicht mehr, die Lüge zu bringen und erfindet für Stéphane Hessel eine neue Art seiner Mitarbeit an der Allgemeinen Erklärung, sie sei entstanden avec la diligence de Stéphane Hessel, mit dem Eifer des Stéphane Hessel. Dafür gibt es die Variante, daß das Dokument unterzeichnet worden sei, signée le 10 décembre 1948.
Das ist ebenfalls nicht richtig, aber wenigstens wird der Lieferant des umfangreichen ersten Entwurfs erwähnt, John Peters Humphrey, der die Arbeiten an der Allgemeinen Erklärung bis zu ihrer Annahme durch die Generalversammlung leitet, und es wird nicht behauptet, daß sie Stéphane Hessel für Frankreich unterzeichnet habe.
Auf dem Niveau von Wikipédia findet man die versammelten Mitglieder der Anwaltskammer von Montpellier, die sich sich vor Ehrfurcht vor dem "Weltbürger" überschlagen, sich von ihm belehren lassen und seine Version in ihrer Kammerzeitschrift Hérault Juridique&Economique, 25 décembre 2008 et 1 janvier 2009 verkünden. Dem Präsidenten der Anwaltskammer ist es eine Ehre, den Freund Stéphane Hessel anläßlich des 60. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu feiern. Keiner dieser Juristen weiß anscheinend, daß in den Vereinten Nationen im juristischen Sinne nicht verbindliche Erklärungen von niemandem unterzeichnet, sondern daß sie angenommen und verkündet werden. Auch dazu kann Stéphane Hessel vor willigem Publikum Märchen erzählen.
Man bräuchte nur auf offiziellen Websites der Vereinten Nationen nachzusehen, wo die Entstehung des Dokumentes, seine Verfasser und das Procedere zur Annahme und Verkündung aufgelistet sind, auf dem Fact Sheet No. 2 zum Beispiel: The Universal Declaration of Human Rights was adopted and proclaimed by the General Assembly, und auf der Liste der Verfasser: Members of the Drafting Committee. Die Vereinten Nationen nennen neun Mitglieder des Komitees: Eleanor Roosevelt, USA, Vorsitzende, Peng Chun-Chang, China, Stellvertretender Vorsitzender, Charles Habib Malik, Libanon, Berichterstatter; William Hodgson, Australien, Hernán Santa Cruz, Chile, René Cassin, Frankreich, Alexander E. Bogomolov, Sowjetunion, Charles Duke (Lord Dukeston), Großbritannien, und John Peters Humphrey, Kanada, UN Direktor der Abteilung für Menschenrechte. Die Aufzählung der sechs Mitglieder ohne Funktion erfolgt in alphabetischer Ordnung der von ihnen vertretenen Staaten (englische Bezeichnung).
Über das Mitglied des Redaktionsausschusses René Cassin (1887 - 1976) weiß die offizielle Website der Vereinten Nationen, The Universal Declaration of Human Rights: "Jurist und Richter, war René Cassin eine Schlüsselfigur bei den Beratungen, die während der drei Sitzungen der Menschenrechtskommission abgehalten wurden, wie auch bei denen des Redaktionsausschusses der Kommission. Als Sohn eines jüdischen Kaufmanns war Herrn Cassins Engagement beim Entwurf der Allgemeinen Erklärung und seine übrige Arbeit für die Menschenrechte, wofür er 1968 den Friedensnobelpreis erhielt, maßgeblich geprägt durch seine persönliche Antwort auf den Holocaust. Er war Mitglied (1959 - 1965) und Präsident (1965 - 1968) des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Heute steht das Gerichtsgebäude zu seinen Ehren in der Rue René Cassin, in Straßburg."
Daraus wird im Pamphlet des Stéphane Hessel: "Nie könnte ich in der Erarbeitung die Rolle René Cassins vergessen, des nationalen Kommissars für Justiz und Erziehung der Regierung des freien Frankreich, in London, 1941, der 1968 Friedensnobelpreisträger war, noch die des Pierre Mendès France im Wirtschafts- und Sozialrat, an den die Texte unterbreitet wurden, die wir erarbeiteten, bevor sie durch die für soziale, humanitäre und kulturelle Fragen zuständige Dritte Kommission der Generalversammlung geprüft wurden." René Cassin wird noch einmal bemüht, um den USA den ihnen gebührenden Schlag zu versetzen: "René Cassin verdanken wir den Begriff der 'allgemeinen' und nicht der 'internationalen' Rechte, wie unsere angelsächsischen Freunde das vorschlugen." (Seite 15)
Peter Sloterdijk wiederholt die Lüge gegenüber Michael Freund, vom österreichischen Standard, in einer weiteren Variante. Das Interview ist, anspielend auf die literarische Figur des Fürsten Myschkin, betitelt: Fragen des Idioten an die gegenwärtige Gesellschaft. Man sollte besser titeln: "Fragen von Idioten an Idioten, beantwortet durch Idioten". Stéphane Hessel wäre "integriert in ein Komitee der provisorischen französischen Regierung, in der Redaktion der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte - also vollkommen abenteuerlich." Der Philosoph verleiht einen Preis an jemanden, dessen Leben er nicht kennt, oder dessen Leben er kennt und die Lüge prämiert. Es sollte sich nicht zu ihm herumgesprochen haben, daß sein Preisträger mitnichten ein großer Widerstandskämpfer war, sondern von Mai 1941 bis März 1944 sein junges Leben lang in London verweilte, bevor er drei Monate ins Abenteuer aufbrach, daß er nicht an der Redaktion der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mitgewirkt hat?
Pierre-André Taguieff schreibt in der Zeitschrift Marianne über den Widerstandskämpfer Stéphane Hessel: "Von März 1942 an arbeitet er in London für die Sektion R des Zentralbüros für Aufklärung und Aktion (BCRA). Seine kurze Tätigkeit im Widerstand auf französischem Boden hat drei Monate und neun Tage gedauert, von Anfang April 1944 bis 9. Juli 1944 (er wurde von der Gestapo am 10. Juli verhaftet). Ende März 1944 kommt Hessel von London mit einem Lysander (Flugzeug der RAF) in Frankreich an: er nimmt teil an der Mission 'Greco', die in Frankreich die Radioverbindungen der verschiedenen Widerstandskreise im Hinblick auf die Landung der alliierten Truppen reorganisieren sollte. Seine Rolle im Widerstand, die niemand zu leugnen gedenkt, und die man selbstverständlich begrüßen soll, sie war sehr bescheiden, oder, wenn man so will, zweitrangig. Weit entfernt davon, ein 'großer Widerstandskämpfer' zu sein, spielte er eine ehrenvolle Nebenrolle."
Die Preisverleihung des Freundeskreises um Peter Sloterdijk ist nichts als eine Propagandaaktivität zur Ehrung eines Mannes, der unermüdlich an der Delegitimierung Israels arbeitet. Die Wahl des Daniel Cohn-Bendit als Laudator bestätigt diese Einschätzung. In dessen Partei Les Verts/Ecolos findet man, angefangen beim Führungskader, nichts als kritiklos die palästinensischen Araber hofierende Mitglieder. Einer von ihnen sei erwähnt: Silvain Pastor.
Auf die Idee nachzulesen, was René Cassin zur Entstehung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte berichtet, kommt niemand der Hessel-Fans. Sie alle tun es ihm nach und entfernen die Juden und ihre Leistungen aus der Geschichte. Im Artikel La genèse de la Charte des droits de l´homme schildert René Cassin im Courrier de l'Unesco, vom Januar 1968, die Entstehung der Allgemeinen Erklärung.
Gegenüber den Vereinten Nationen wagt Stéphane Hessel, der schon in seinen Memoiren Danse avec le siècle, 1997, behauptet, Mitverfasser zu sein, dieses nicht mehr. Dort kommt er mit der Lüge nicht durch. Anläßlich des 60. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist erstmalig Schluß mit Lügen: "J'assistais aux séances et j'écoutais ce qu'on disait mais je n'ai pas rédigé la Déclaration. J'ai été témoin de cette période exceptionnelle", ajoute-t-il. Ich habe an den Sitzungen teilgenommen und zugehört, was gesagt wurde, aber ich habe die Erklärung nicht verfaßt. Ich war Zeuge dieses außergewöhnlichen Zeitabschnitts," ergänzte er. Aber das hindert ihn nicht, danach wieder weiterzumachen damit.
Nicht nur Palästinenserfreunde wie Pascal Boniface und Peter Sloterdijk, sondern auch deutsche Regierungsmitglieder haben ein Interesse daran, die Lüge über die Mitverfasserschaft aufrecht zu erhalten. Der Ständige Vertreter Deutschlands bei der UNESCO Günter Overfeld ist einer von ihnen. Er ist Vorsitzender des Komitees für Abkommen und Empfehlungen des UNESCO Exekutivrates. Am 30. September 2008 werden die Menschenrechte gefeiert, und einer der Ehrengäste ist H.E. Mr. Stéphane Hessel, Ambassador of France, Co-editor of the Universal Declaration of Human Rights, Seine Exzellenz Stéphane Hessel, Botschafter Frankreichs, Mitherausgeber der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Es verwundert nicht, daß in einer UN-Organisation, die den nichtexistenten Staat Palästina als Vollmitglied aufnimmt, trotz besseren Wissens der in seinem Israelhaß sehr lebendige Stéphane Hessel an die Stelle des Juden René Cassin (1887 - 1976) tritt und mit einer nichtexistenten Rolle geschmückt wird. Deutlicher kann der Zusammenhang zwischen Antisemitismus und Israelfeindschaft nicht dokumentiert werden.
Die Lüge schafft es mit Quellenangabe in den deutschen Wiki-Beitrag sowie in mehr als 1000 englische und 22 000 französische über Stéphane Hessel co-editor bzw. co-rédacteur, die kritischen Beiträge eingerechnet. Endlich kann Kritikern widersprochen werden; denn de.Wiki präsentiert einen amtlichen Beleg aus den Vereinten Nationen über Stéphane Hessels Einsatz. "Er assistierte als 'Co-Editor' bei der Erarbeitung, selber Verfasser oder Unterzeichner der Erklärung war er jedoch nicht." Der Begriff wird nicht übersetzt. Er bedeutet "Mitherausgeber", französisch "co-rédacteur": S. Exc. M. Stéphane Hessel, Ambassadeur de France, Corédacteur de la Déclaration universelle des droits de l'homme.
Seine Exzellenz Günter Overfeld, seit 2007 Ständiger Vertreter Deutschlands bei der UNESCO, sollte nicht wissen, daß es in den Vereinten Nationen namentliche Herausgeber oder Mitherausgeber nicht gibt? Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wird erarbeitet, von wem, siehe oben, gedruckt, von der Generalversammlung am 10. Dezember 1948 angenommen, dann kommt das Papier in den nächsten Dokumentenband. Das Ergebnis kann man auf der offiziellen Website des Office of the High Commissioner for Human Rights nachsehen. Zunächst klickt man auf die Universal Declaration of Human Rights. 183. General Assembly, 10 December 1948, dann auf den ersten Link zur General Assembly resolution 217 A (III), und man gelangt auf die eingescannten Originalseiten 71 - 77 mit der veröffentlichten Universal Declaration of Human Rights, angenommen auf dem Hundred and eighty-third plenary meeting, 10 December 1948.
Vernichtung des Andenkens toter Juden und gelebte Israelfeindschaft
Betrachtet man die Kampagne in Politik und Medien für das Machwerk Indignez-vous ! und seinen Autor nicht im einzelnen, sondern grundsätzlich, dann bleibt von der Sloterdijkschen Abenteuerlichkeit nichts übrig, und Stéphane Hessels Aktivitäten reduzieren sich auf die eines in Lohn und Brot des französischen Staates stehenden Regierungsbeamten. Ein solcher ist wie schon zu Vichy-Zeiten antisemitisch:
Stéphane Hessel spricht den Juden, die er erwähnt, ihre Identität und ihre Leistungen ab. Ihre Aussagen verfälscht er. So im Fall des deutschen Juden Walter Benjamin und dessen Interpretation des Angelus Novus, von Paul Klee. Er setzt seine an die Stelle und behauptet, es wäre die von Walter Benjamin. Der aber hat nirgends geschrieben: "Die Figur des Engels öffnet die Arme, als wenn sie einen Sturm in Schach halten und abwehren wollte, den er (Walter Benjamin) mit dem Fortschritt identifiziert." (Seite 14)
Stattdessen schreibt Walter Benjamin nicht über einen zurückzuweisenden Fortschritt, der nämlich kommt seiner Interpretation nach als unaufhaltsamer Sturm vom Paradies her, er sieht ihn als Teil der Schöpfungsgeschichte und damit von Engeln und erst recht von Menschen nicht abwehrbar: "Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradies her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, dass der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm".
Der Skandal ist nicht, daß Stéphane Hessel das Bild anders interpretiert, jeder mag es interpretieren, wie er es sieht, sondern daß er behauptet, seine wäre die Interpretation des Walter Benjamin. Er setzt sich an dessen Stelle und funktioniert den Juden ihm zum Bilde um.
Mit den beiden Juden Pierre Mendès France und René Cassin verfährt er ähnlich. Während er Pierre Mendès France, den er seit 1943 aus London kennt, und dessen Mitarbeiter zu Zeiten der IV. Republik er ist, was er nicht erwähnt in seinem Pamphlet, eine Statistenrolle zuschreibt, ihm wären die von Stéphane Hessel und dem übrigen Redaktionsteam erarbeiteten Textentwürfe zur Kenntnis unterbreitet worden, und der hätte sie weitergeleitet, wird René Cassin in seine Kriegsposition als Justiz- und Erziehungskommissar im Widerstand gebannt. In den Vereinten Nationen wird er zu einer Art Assistent beim Verfassen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Stéphane Hessel nimmt seinen Platz als Mitverfasser ein. René Cassin ist u.a. von 1946 bis 1960 Vizepräsident des Staatsrates Frankreichs, von 1946 bis 1958 ist er offizieller Vertreter Frankreichs bei den Vereinten Nationen und in dieser Eigenschaft Mitglied der Menschenrechtskommission. Für seinen wesentlichen Einsatz bei der Erarbeitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erhält er 1968 den Friedensnobelpreis. Stéphane Hessel formuliert es in seinem Pamphlet so, als wenn René Cassin diesen Preis für seine Rolle im Widerstand erhalten hätte. (Seite 15)
Die Judenfeindschaft des Stéphane Hessel durchzieht das ganze Pamphlet. Entweder eignet er sich ihre Leistungen an, setzt sich gar an ihre Stelle, oder er erwähnt sie nicht. Einen eigenen Wert und eine Identität aus sich heraus haben Juden für ihn niemals. Von seinen jungen Anhängern kann man nicht erwarten, daß sie wissen, daß Pierre Mendès France und René Cassin Juden waren. Stéphane Hessel benutzt die Bezeichnung "Jude" nur dann, wenn sie seine Anklagen gegen Israel unterstreicht: Richard Goldstone, "dieser südafrikanische Richter, Jude, der sich sogar Zionist nennt, klagt die israelische Armee an..." (Seite 17)
Und um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, daß er nicht Kritik an der Regierung Israels meint, sondern seinen Judenhaß auslebt, ergänzt er: "Ich teile die Ergebnisse des südafrikanischen Richters. Daß die Juden selbst Kriegsverbrechen begehen können, das ist unerträglich. Leider zeigt die Geschichte wenig Beispiele von Völkern, die Lehren aus ihrer eigenen Geschichte ziehen." (Seite 18)
Als ihn Yohann Taieb und Jonathan Curiel auf dem Pariser Büchersalon, am 18. März 2011, zur Rede stellen, wird der angebliche Pazifist Stéphane Hessel handgreiflich. Ein Video dokumentiert die Szene.
Seine Judenfeindschaft drückt er aus in zügellosen Anklagen Israels. Im Internet findet man zahlreiche Beispiele, zwei davon sollen hier in Videos gezeigt werden. Anfang Januar 2009, auf einer Pariser Demonstration für Gaza, umgeben von älteren französischen Aktivisten und von erstaunt bis ratlos dreinblickenden arabischen Jugendlichen, schreit er ins Mikrofon:
- Israel Mörder! Gaza eingeschlossen ... mit Tausenden von Kindern!
- Und über ihnen hält man mit Flugzeugen drauf!
- Das ist skandalös!
- Israel muß aus den Vereinten Nationen ausgeschlossen werden!
- Die Grundlage der internationalen Werte ist das internationale Recht. Dieses Recht wird verhöhnt!
- Dieses Recht wird vergewaltigt!
- Die Kinder werden massakriert!
- Also muß man nein sagen!
- Man muß protestieren!
- Europa muß protestieren, Frankreich muß protestieren!
- Frankreich soll es nicht akzeptieren, daß die Beziehungen zwischen Israel und Europa noch, noch und noch stärker werden!
- Das ist ein Skandal!
Hans-Gert Pöttering geleitet den alten Herrn zu seinem Platz und erklärt ihm, daß er seit einem Jahr Vorsitzender der KAS sei. Stéphane Hessel gratuliert ihm dazu. "Große Freude, daß Sie hier sind!" - "Vielen Dank." Beide Herren verstehen sich prächtig: "Na, wunderbar!"
Stéphane Hessel sitzt kaum (0:38), da beginnt auch schon seine Hetze gegen Israel, wohlgefällig und mit viel zustimmendem und bewunderndem Kopfnicken entgegengenommen von Hans-Gert Pöttering. Im Anschluß daran ergießt sich die mit einer unerschütterlichen Selbstsicherheit vorgetragene vollständige Fehleinschätzung der Entwicklung in den arabischen Staaten, gefolgt von einer eigenwilligen Interpretation des Islam über die Zuhörer:
"Ich konstatiere, daß wir unserem Verbündeten und Freund, dem Staat Isra-eeel, viiiiel Liebenswürdigkeit gegeben haben, und daß wir nicht sehr auf die durch diesen Staat begangenen Verletzungen gegenüber seinen palästinensischen Nachbarn, und manchmal sogar auch gegenüber seinen arabischen Mitbürgern geachtet haben. Diese Verletzungen sind meiner Meinung nach zu lange ungestraft geblieben! Wenn man sich wie Sie sicherlich mehrmals vor Ort begibt, was mir mehrere Male geschehen ist, wenn man den Zustand feststellt, in dem sich Gaza befindet seit der Operation Gegossenes Blei, wenn man gewahr wird, was Jerusalem geschehen ist, wo die Häuser zerstört sind, was sich ereignet hinter der Mauer, wo die bedauernswerten palästinenischen Bauern keinen Zugang zu ihrem Land haben, weil da eine Mauer gebaut ist zwischen ihrem Dorf und ihrem Land, also wirklich, das rührt Sie, und man hat die Neigung, diese Rührung um sich herum zu verbreiten.
Ich habe den Eindruck, das ist ein Schlüsselproblem für eine Gesamtheit von Situationen in der Welt, und es scheint mir, daß man mir nicht darin widersprochen hat, weil wir das in Tunesien, in Ägypten außerordentlich und begeisternd erlebt haben, selbst in Libyen und in Syrien, in Saudi-Arabien, im Jemen und anderswo. Mir scheint, daß dieses Wiedererstarken eines Willens, demokratisch zu leben, ohne das Gewicht der Despoten seitens der gesamten Bevölkerung stattfindet, die sich, man muß es anerkennen, mit einem außerordentlichen Mut geäußert hat, und die Erfolg hatte darin, diejenigen die sie unterdrückt hat, zum Abdanken zu bringen. Das ist eine Neuerung, die wir nicht unterschätzen dürfen.
Wir haben die Neigung, den Islam einzuschätzen als eine Religion, die gleichzeitig auch politisch ist, und wir stellen uns nicht leicht Staaten vor, die gleichzeitig muslimisch und laizistisch sind. Wir haben damit unrecht. Es gibt davon besonders einen, in dem die größte Anzahl von Muslimen weltweit lebt: Indonesien (3:22), und das seit einiger Zeit eine Regierung hat, die in etwa laizistisch ist.
Man hat während der Zeit meiner Generation nichts Besseres geschaffen als Europa, aber man ist nicht bis zur Vollendung gegangen. Also unterschreibe ich Ihre Idee, daß, wenn wir ein Europa haben, politisch einheitlicher, als es ist, besser regiert, als es ist - wir haben wohlverstanden gegenwärtig Cathrine Ashton, und das macht mir wirklich immer Freude, bin ich mir aber nicht sicher, daß wir in ihr schon die Vertreterin eines Europas sehen, das politisch geeint und wirklich stark ist. Das wird kommen. Also, ja, wir haben das nötig."
Das süffisante Lächeln des Hans-Gert Pöttering wird die Einigung Europas sicher noch lange begleiten.
Hinter einem solchen Scharlatan laufen Millionen her, wie hinter dem Rattenfänger von Hameln. Die Fähigkeit des Stéphane Hessel besteht darin, das Andenken der Juden zu vernichten, sich bei Bedarf an ihre Stelle zu setzen, Israel zu denunzieren und zu delegitimieren, die Entwicklungen in den arabischen Staaten völlig fehleinzuschätzen, den Islam nicht einmal in Grundzügen zu kennen, von den gesellschaftlichen Verhältnissen und den Spannungen zwischen den Muslimen und den "Ungläubigen" in Indonesien nichts zu wissen sowie Hirngespinste über ein vereintes Europa und sein Personal vorzutragen. Nebenbei macht er die nicht anwesende Britin Catherine Ashton, Stellvertende Präsidentin der Europäischen Kommission, lächerlich. Das alles in vier Minuten.
Ein solcher ist zu recht bis heute Diplomat im Dienst der Regierung Frankreichs. Für die Arabienpolitik ist er Gold wert. Das Quai d'Orsay bedient sich seiner, organisiert und finanziert ihm über mehrere Jahre die Reisen ins Westjordanland und nach Gaza, einschließlich der Termine mit Hamas-Führer Ismaël Haniyeh, seinen Ministern und Staatssekretären sowie Vertretern des Hezbollah-Senders Al-Manar. Das dem Außenministerium unterstellte Institut français London veranstaltet zu seinen Ehren ein Konzert, in dem u.a. Bedrich Smetanas sinfonische Dichtung Mein Vaterland aufgeführt wird, mit der Melodie zur israelischen Nationalhymne HaTikva. Das alles zu Ehren des von François Mitterrand 1981 zum Botschafter erhobenen typischen Vertreters Frankreichs, und er ist seiner Regierung und den französischen Intellektuellen gar nicht peinlich.
Im Gegenteil! Linke französische Palästinenserfreunde aus Politik und Wissenschaft im Schulterschluß mit Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker machen sich dafür stark, dem Stéphane Hessel den Friedensnobelpreis zuzuerkennen: Le prix Nobel pour Stéphane Hessel ! titelt Le Monde. Edgar Morin, Michel Rocard, Peter Sloterdijk und Richard von Weizsäcker, Mitglieder eines Collegium international éthique, scientifique et politique, das sie zur eigenen Aufwertung selbst gegründet und Stéphane Hessel zum Vizepräsidenten ernannt haben, machen sich dafür 2011 stark, manus manum lavat. Da es nichts wird, bekommt er wenigstens den Myschkin-Preis und freut sich im Théatre de l'Odéon, das wäre für ihn, den demnächst 95-jährigen, sein letzter. Wer sähe es nicht in seinen leuchtenden Greisenaugen, daß er den Friedensnobelpreis noch nicht abgeschrieben hat, und ehrlicherweise muß man zugeben, daß er im Kreise einiger Preisträger bestens aufgehoben wäre: Yasser Arafat, der Dalai Lama, die Vereinten Nationen und ihr Generalsekretär Kofi Annan, Jimmy Carter, die Internationale Atomenergie-Agentur und ihr Direktor Mohamed ElBaradei, Al Gore, Martti Ahtisaari, Barack Obama, Tawakkul Karman, zu ihnen allen paßt Stéphane Hessel bestens.
Ich wünsche ihm, daß er den Preis bekommt. Er hat ihn verdient!