- im Ausschluss monetärer Staatsfinanzierung durch die Notenbank,
- in der Bestimmung, dass die Mitgliederstaaten und die Gemeinschaft nicht für ihre gegenseitigen Schulden haften.
Dieser Grundsatz hat drei Adressaten:
- Die staatlichen Schuldner. Sie sollen wissen, dass Bedienung und Rückzahlung von Schulden ganz allein ihre Sache sind.
- Die aktuellen und potentiellen Kreditgeber. Sie sollen ihre Kredite in dem Bewusstsein vergeben, dass hinter dem jeweiligen staatlichen Schuldner kein weiterer Bürge oder Garant steht.
- Die nationale und internationale Öffentlichkeit. Sie soll das Finanzgebaren der Staaten kritisch begleiten und Fehlentwicklungen rechtzeitig in die öffentliche Wahrnehmung bringen.
Die erhoffte disziplinierende und abschreckende Wirkung des No-Bail-Out-Prinzips auf die Finanzpolitik der Mitgliedsstaaten hing allerdings davon ab, dass das Prinzip (1) glaubwürdig vermittelt und gelebt wurde, und dass (2) die Schuldnerstaaten die darin liegende Drohung nicht nur verstanden, sondern ihre Finanzpolitik ausreichend rational daran ausrichteten. Zweifel daran bestanden insbesondere in Deutschland. Deshalb kam 1996 auf deutsches Betreiben der ergänzende Stabilitätspakt mit automatischen Sanktionen zustande.
Das Schicksal des damaligen Stabilitätspaktes und die seit 2010 stattfindenden heftigen Diskussionen um Rettungsschirme, Eurobonds und die Monetarisierung der Staatsschuld zeigen, dass die in den neunziger Jahren geäußerten deutschen Zweifel berechtigt waren. (Auszug aus: Beachtung des No-Bail-Out-Prinzips, Seite 88f.)
Offenbar wurde der Vertrag sowohl von den meisten Vertragspartnern als auch von den Märkten ganz anders gelesen, als es seinem Wortlaut und legalen Gehalt entsprach. Auch das kann man wohl nur psychologisch erklären: Wirtschaftlich gesehen war die Einführung des Euro ja nichts anderes als die Hingabe der D-Mark an alle Mitglieder des Euroraumes. Offenbar dachten viele Partner-Länder ebenso wie die Märkte, dass damit ein Solidaritätsversprechen des D-Mark-Währungsraumes an die neu hinzutretenden Mitglieder verbunden sei.
Nicht verstanden wurde dagegen, dass die sich um das No-Bail-Out-Prinzip rankende spezifische Konstruktion des Maastricht-Vertrages exakt dies verhindern sollte. Diese Konstruktion wurde akzeptiert, um den Deutschen entgegenzukommen und ihnen die Zustimmung zu erleichtern. Richtig ernst genommen wurde sie wohl nur in Deutschland, vielleicht auch noch in Österreich und den Niederlanden. (Vertragsbrüche, Seite 98)