Auge um Auge, Zahn um Zahn - Niemals Frieden in Nahost?
Wer bei Google.de Israel "Auge um Auge" eingibt, erhält ungefähr 149.000 Ergebnisse, in 0,19 Sekunden. Auf der ersten Seite geht's dabei hauptsächlich um den aktuellen Nahostkonflikt, den zwischen "Israel und Hamas". Israel beginnt ihn, und "die Hamas schwört Rache" (nordbayern.de), es geht um einen "neuen Krieg zwischen Israel und den Palästinensern", nicht umgekehrt (WeltOnline), Bayern2 fragt: "Müssen viele Palästinenser unnötig leiden, weil das israelische Militär ihre Häuser unter Beschuss nimmt?" Der Spiegel hat sich in Nr. 1/1969 von seiner Begeisterung über den Sieg Israels im Sechstagekrieg erholt. Rudolf Augsteins Israel soll leben und: "Die arabischen Gegner wollten ihm nicht ein Stück Land oder eine Konzession fortnehmen. Sie hatten es auf seine Existenz abgesehen," das war gestern: "Anderthalb Jahre nach dem Blitzkrieg, mit dem sich Israel fürs erste vom militärischen Druck feindseliger Araber ringsum befreite und seinen Herrschaftsbereich den biblischen Grenzen annäherte, gilt im gelobten Land wieder der Atavismus: Auge um Auge, Zahn um Zahn." Für den SPIEGEL ist die biblische Welt wieder in Ordnung. Das "Waldorf-Urgestein" Moritz Morgenstern meint zum Thema: "Israels Politik gegen die Palästinenser nimmt immer schlimmere Züge an," Krieg herrsche zwischen Israel und Palästinensern. "Israel geht im Gazastreifen mit Brachialgewalt gegen militante Palästinenser vor," berichtet der Südkurier unter der Überschrift "Auge um Auge". "Die intensiven Bemühungen um Entspannung im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern im Gazastreifen haben einen herben Rückschlag erlitten," vermeldet das Luxemburger Tageblatt.
Allein Wikipedia erklärt sachlich, was das heißt עין תּחת עין ajin tachat ajin, Auge um Auge, es heiße nicht etwa "wie du mir, so ich dir", dem widerspreche der biblische Kontext, und Ulrich Sahm kritisiert:
"Die Beschäftigung mit Israels 'Reaktion' auf Terroranschläge wäre nichts Absonderliches, wenn sie nicht mit biblischen Versen, einer angeblichen 'jüdischen Mentalität' und Vorurteilen begründet würde. Jeder zweite deutsche Kommentar zu Israel enthält die (falsche) Behauptung, dass Israels Regierung gemäß dem Prinzip 'Auge um Auge, Zahn um Zahn' handle. In Deutschland birgt die Verwendung vorbelasteter Begriffe aus der Tradition des Antisemitismus die Gefahr, unbeabsichtigte Emotionen zu erwecken. ..."
In den Google News sind zu "Auge um Auge" 14 Beiträge archiviert, einige davon befassen sich mit der Sendung, vom 25. November 2012. Die versammelten deutschen Medien ergötzen sich an den Körperteilen und hinterfragen nichts. Sogar die totgeglaubte Frankfurter Rundschau beteiligt sich noch und beweist, daß sie wie eh&je lebt und hetzt.
Joseph Goebbels hätte seine Freude. In einem Artikel zum Thema "Die Juden sind schuld", in der Zeitschrift Das Reich, schreibt er, am 16. November 1941: "Wir erleben eben den Vollzug dieser Prophezeiung, und es erfüllt sich am Judentum ein Schicksal, das zwar hart, aber mehr als verdient ist. Mitleid oder gar Bedauern ist da gänzlich unangebracht. Das Weltjudentum hat in der Anzettelung dieses Krieges die ihm zur Verfügung stehenden Kräfte vollkommen falsch eingeschätzt, und es erleidet nun einen allmählichen Vernichtungsprozeß, den es uns zugedacht hatte und auch bedenkenlos an uns vollstrecken ließe, wenn es dazu die Macht besäße. Es geht jetzt nach seinem eigenen Gesetz 'Auge um Auge, Zahn um Zahn' zugrunde." Der Artikel ist aufgenommen in die Sammlung seiner Reden und Aufsätze 1941/42 Das eherne Herz, Seite 85ff.
Günther Jauch befindet sich mit dem Titel zu seiner Sendung in bester Gesellschaft. Ob er damit "unbeabsichtigte Emotionen" erweckt, bezweifle ich. Ein solcher Journalist, mit 35 Jahren Medienerfahrung, der weiß genau, was er aussagt. Er kümmert sich nicht darum, was in Exodus 21: 23-25 geschrieben steht, geschweige denn, daß er einen Pentateuchkommentar wie den von Raschi (1040 - 1105) liest, sondern er reiht sich ein in die Masse der juden- und israelfeindlichen Meute.
"24. Auge für Auge, hat er das Auge des anderen geblendet [bei einem Streit] gibt er ihm den Wert seines Auges, soviel sein Wert geringer geworden, ihn auf dem Markte [als Sklaven] zu verkaufen; und so in allen diesen Fällen; aber nicht, daß man ihm wörtlich das Glied nimmt; so erklären unsere Lehrer ...", Raschi, Seite 236
Ja, Günther Jauch, Juden hielten auch Sklaven. Vielleicht könnten Sie daraus in einer Ihrer nächsten Sendungen Gewinn ziehen?
Unsere Gäste
Unterschieden werden zwei Klassen von Gästen: Unsere Gäste sowie "Außerdem". Da es zum Thema "Auge um Auge" geht, sollte man annehmen, daß außer dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle sich solche Palästinenser und Israelis dazu äußern, die dazu etwas zu sagen haben. Guido Westerwelle setzt durch seine Position in der Bundesregierung Maßstäbe. Es müssen nicht notwendigerweise die Außenminister und/oder -beauftragten der Palästinenser und Israels sein, die kennen Günther Jauch auch gar nicht, aber satisfaktionsfähig sollte die Riege schon sein. Alles andere ist zunächst einmal eine Beleidigung des deutschen Außenministers.
Diese Beleidigung ist Günther Jauch gelungen. Warum sich Guido Westerwelle in ein solches Kaffeekränzchen begibt, bleibt sein kleines Geheimnis. Meint er, von den 12 Millionen Tatortzuschauern blieben die meisten vorm Ferni, um ihn zu sehen und damit die FDP aufzuwerten? Herr Minister, da sind doch schon Zuschauer beim Anblick der süßen Ziege eingeschlafen, bei diesem Schnuckelchen! Thiel/Boerne haben sich als Valium betätigt. 4,29 Millionen sind übrig geblieben, u.a. ich, weil ich einem in der Wüste lebenden Israeli, der die Sendung in seinem Ferni nicht sehen kann, die wesentlichen Ergebnisse mitteilen wollte. Ich habe mir zu 21:45 Uhr den Wecker gestellt.
Und, Herr Minister, haben sie sich nicht gewundert, daß kein einziger Repräsentant Israels in der Runde war, daß es sich um eine Veranstaltung handelte, in der von Gegnern der israelischen Politik über Israel gesprochen wurde? Sie waren außer der "Außerdem" Angela Garcia der einzige, der sich auf die Seite Israels geschlagen hat. Eine Karikatur Israels gab's in Gestalt des ehemaligen Außenministers Avi Primor, von Henryk M. Broder treffend apostrophiert als Jew on Demand, als einer, der den Deutschen nach dem Munde redet, des Daniel Barenboim, eines der heftigsten Kritiker der israelischen Politik, der Palästinenser geworden ist und meint, seine zwei Pässe könnten ein Modell sein für den Frieden zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde, eines, der keine Konsequenzen zieht daraus und das auch nicht thematisiert, daß sein mit Juden und Arabern besetztes West Eastern Divan Orchestra von Katar vom Music and Dialogue Festival (30. April - 4. Mai 2012) auf Grund der Agitation von Boycott, Divestment, and Sanctions Aktivisten gegen den "Zionisten" wieder ausgeladen wird, der unter den Palästinensern verhaßt ist, weil er nicht für ihr Rückkehrrecht und damit für die Abschaffung Israels eintritt.
Sie akzeptieren es, Herr Minister, daß Deutschland in der Runde außer von Ihnen von der 34-jährigen streng religiösen muslimischen Schönheit Sawsan Chebli, einem ehemals geduldeten palästinensischen Flüchtlingskind, der heutigen Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten im Berliner Senat, vertreten wird; denn daß die Diskutanten Vertreter von Staaten und Möchtegern-Staaten sind, das sehen auch Sie, oder? Diese Frau hatte übrigens die interessantesten Ansichten zum Thema, wurde aber von Günther Jauch brutalest daran gehindert, sie zu äußern.
Und schließlich akzeptieren Sie mit Salah Abdel Shafi jemanden, der sich Botschafter nennt, aber der keinen Staat vertritt. Consul Weyer Graf von Yorck läßt grüßen! Deutlich wurde in der Diskussion, daß dieser Botschafter nicht den Fake State des Mahmud Abbas, sondern die Hamas vertritt. Der weiß, wo der Bartel den Most holt.
In der Runde vertrat also nur die "Außerdem" Angela Garcia, aus Nitzanim, als von dem Raketenbeschuß betroffene Israelin den Staat Israel. Das zu neutralisieren war als zweite "Außerdem" die im Flüchtlingslager Khan Yunis lebende Palästinenserin Nor Abu Khater zur Stelle. Leid der Frauen und ihrer Familien auf beiden Seiten. Beide wünschten einander, daß endlich Frieden herrschen möge.
Salah Abdel Shafi und das Existenzrecht Israels
Bei Günther Jauch kommt frau sich vor wie bei den Neuen Historikern. Nicht die Tatsachen zählen, sondern das Narrativ, das, was ein Zeitzeuge erzählt. Das geht im Falle der angeblichen Anerkennung des Existenzrechts Israels so, daß der Botschafter des fiktiven Staates behauptet, die Palästinenser, jedenfalls diejenigen, die er noch vertritt, hätten es anerkannt. Daß die Hamas da nicht mitzieht, das muß er auf Vorhaltung zugeben.
Zweimal kann er das während der Sendung behaupten, ohne daß ihm einer widerspricht, auch nicht der ehemalige Botschafter Israels Avi Primor. Der ist zur Zeit dieser von Yasser Arafat am 9. September 1993 durch einen Brief an Premierminister Yitzhak Rabin erfolgten Anerkennung eben Botschafter in Deutschland geworden. Da ist ihm das in der Aufregung um seinen Umzug aus der Erinnerung entfallen: The PLO recognizes the right of the State of Israel to exist in peace and security. Die PLO anerkennt das Recht des Staates Israel in Frieden und Sicherheit zu existieren.
Schon einmal soll Yasser Arafat indirekt das Existenzrecht Israels anerkannt haben, mitten in der Intifada I. Jedenfalls behauptet das der Schriftsteller David Grossmann, Friedenspreisträger 2010 des Deutschen Buchhandels und wie Avi Primor Jew on Demand. Yasser Arafat ist allerdings nicht autorisiert, solche Anerkennung auszusprechen, sondern die Verantwortung dafür läge beim Nationalrat; denn es würde sich um eine Änderung der Verfassung, vom 17. Juli 1968, der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) handeln. Die PLO trägt ihren Namen nicht, um die Westbank und Gaza, sondern um ganz Restpalästina von den Juden und von Israel zu befreien, siehe Artikel 2, 3, 19. Eine vom Nationalrat, am 24. April 1996, in Gaza beschlossene Neufassung, in der Israels Existenzrecht innerhalb der nächsten sechs Monate festgeschrieben werden sollte, findet nicht statt, und einige PLO-Mitglieder erklären im nachhinein, daß die Abstimmung nicht rechtskräftig sei.
Eine offensichtlich verbindliche interne, von der Abteilung für Research and Thought herausgegebene Publikation der Fatah, in Ramallah, im April 1996, macht klar, daß "der Text der Palästinensischen Nationalverfassung so bleibt, wie er war, und daß keine Änderung, wie auch immer, an ihr vorgenommen wurde. Das hat dazu geführt, daß sie eingefroren aber nicht annulliert wurde."
Bei Günther Jauch kann der Botschafter Salah Abdel Shafi erzählen, was er will, da kein Vertreter Israels anwesend ist, gibt es auch keinen Widerspruch. Auch Guido Westerwelle regt sich nicht. Der weiß nicht einmal, daß es zwei Friedensverträge Israels mit arabischen Staaten gibt, mit Ägypten, 26. März 1979, und Jordanien, 26. Oktober 1994. Er äußert in einem Interview mit der Rheinischen Post, am 5. Februar 2011, neben anderem Unsinn:
"Ich habe bei meinen Treffen als Außenminister in Kairo immer die Wahrung der Menschenrechte angemahnt. Aber es soll doch keiner vergessen, dass Ägypten als einziger arabischer Staat in der Region einen formellen Friedensvertrag mit Israel geschlossen hat und eine konstruktive Rolle im Nahost-Friedensprozess gespielt hat."
Da haben die Palästinenserfreunde bei Günther Jauch, da hat der Moderator selbst leichtes Spiel. Das Publikum glaubt eh alles und klatscht begeistert, wenn dazu aufgerufen wird, daß Israel endlich bereit sein möge zum Frieden im Nahen Osten. Aber nein, Israels Devise ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn!