Wer "amicalement" mit friendly übersetzt, der kann auch seine eigene Sprache nicht. "amicalement" ist ein Adverb, wird aber verkürzt gebraucht für herzliche/freundschaftliche Grüße. Für mich ist das einmal mehr der Ausdruck der Arroganz der Franzosen, die so manches einfach französisieren, sich einfach einverleiben.
Schlimm ist es bei Eigennamen von Nichtfranzosen. Neulich gibt's einen ganzseitigen Artikel im Figaro über Ignaz Philipp Semmelweis, ungarisch Semmelweis Ignác Fülöp. Im Figaro wird er zu Philippe Ignace Semmelweis, "Apostel des Händewaschens", zusätzlich wird die Reihenfolge seiner Vornamen geändert. Die deutsch-österreichische neben der ungarischen Schreibweise ist in Ordnung; denn er selbst nennt sich während seines Lebens so. fr.Wikipedia macht daraus Ignace Philippe Semmelweis und obendrein verwechselt fr.Wiki noch die Stellung von Familien- und Vornamen im Ungarischen, wo der Familienname immer zuerst genannt wird: Ábrahám Pál:
Ja, so ein Mädel, ungarisches Mädel geht nicht aus dem Schädel.
Es geht das alles den Franzosen am Ar... vorbei. Auch Gemälde italienischer und spanischer Meister sind, wenn sie im Louvre aufbewahrt werden, französische, sie gehören (!) Frankreich, nachzulesen im Artikel Le Louvre oder: Frankreichs Elite versinkt in Neid, Haß und Realitätsverlust.
Nun aber zu den Spöttern und Besserwissern: Gibt man bei Google.de friendly, François Hollande ein, so erhält man 9 640 Ergebnisse.
SpiegelOnline übersetzt Twitter-Kommentare aus dem Französischen und beweist mangelnde Beherrschung der Kommaregeln: " 'Mit Hollande beginne ich mich dafür zu schämen, Franzose zu sein', schrieb ein anderer." Ein Komma gehört hinter "ich".
Die reichlich mit Werbung vollgepackten AD HOC NEWS meinen gleich zweimal hintereinander: "Wegen diesen Worten unter seinem Glückwunschtelegramm an Barack Obama wird Frankreichs Staatspräsident verspottet - einige Landsleute schämen sich sogar für ihn." Und ich als Landsmännin schäme mich dafür, daß die AD HOC NEWS nichts vom Genitiv verstehen.
Das Handelsblatt berichtet von schlechten Englisch-Kenntnissen des Präsidenten. Das Wort heißt "Englischkenntnisse". Außerdem ist der Brief nicht "eigentlich" auf Französisch verfaßt, sondern tatsächlich. Man befindet sich mitten in der deutschen Ideologie! Kommaregeln? Siehe SpiegelOnline.
L'essentiel, Luxemburg, patzt bei einer anderen Twitter-Übersetzung: "In Paris wird ein französisch-englischer Übersetzer benötigt". Ich finde, der Übersetzer für Französisch-Englisch muß nicht unbedingt englisch-französische Eltern haben, ein Kanadier täte es beispielsweise auch. Beim Seufzer des Franzosen, der sich schämt, fehlt wie bei SpiegelOnline und Handelsblatt das Komma; sie alle schreiben blindlings eine Agenturmeldung ab.
Die Financial Times Deutschland meint ebenfalls, der Brief wäre nur "eigentlich" geschrieben, und "warm regards" hätte er nicht schreiben "müssen", sondern können. Kein Mensch muß müssen, weiß der weise Nathan: "Muß! Derwisch! Derwisch muß?" Ein Staatspräsident hätte etwas schreiben müssen? Soweit die Patzer der deutschsprachigen Besserwisser.
Die meisten Internet-Auftritte dokumentieren mit dem Nachklapp über Nicolas Sarkozy und sein Sorry for the time, daß ihre Schelte keinesfalls als Liebesentzug für die Sozialisten und gar als Sympathie für den abgewählten Sarko aufgefaßt werden sollte. Seien Sie beruhigt, Genossen Journalisten, darauf wäre wirklich niemand gekommen!