21. März 2013

Frankreich. Warum daraus nichts wird. Prunk und Heuchelei


Der Figaro bietet in seiner Ausgabe vom 21. März 2013, auf den Seiten 2 und 3, Fotos der Herrlichkeit der Regierung Frankreichs. Aus einer Ministerratssitzung schreiten Präsident François Hollande  und der neue Minister der Finanzen im Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Bernard Cazeneuve aus dem Sitzungssaal. (Foto: Patrick Kovaric /AFP) Tagesordnungspunkt dort ist u.a. der Rücktritt des Vorgängers und "Schwergewichts" in der Regierung Jérôme Cahuzac, der bezichtigt wird, schwarze Konten in der Schweiz zu unterhalten.

Pas de printemps pour François Hollande. Kein Frühling für François Hollande, titelt der Figaro. Der Staatspräsident geht kurz auf den Wechsel im Ministerium ein, er will den Schaden möglichst klein halten, und dann auf wichtigere Herausforderungen, vor denen Frankreich steht. Seine Minister reden; am Schluß richtet er an sie einige Worte. Danach verläßt er mit dem neuen Finanzminister den Saal.

Während sich die schlechten Nachrichten über den Zustand der Wirtschaft Frankreichs häufen, in der Privatwirtschaft täglich 1000 mehr Beschäftigte arbeitslos werden, will François Hollande nächste Woche, wahrscheinlich Donnerstag vor Ostern, schon wieder eine Fernsehansprache halten. Die Bürger jedoch wissen, daß nach zehn Monaten der linken Regierung sich ihre Lage verschlechtert hat, da kann ihr Präsident erzählen, was er will. Auf die Einschaltquote darf man gespannt sein.

Wie zum Hohn für die Franzosen, die gebeutelt werden durch mehr Steuern und durch Stagnation in allen Bereichen, schreiten der Staatspräsident und sein Finanzminister vorbei an einem ordensgeschmückten, mit goldenen Tressen und Schnallen behangenen Militär, der aufgestellt ist zu Ehren des Präsidenten und seiner Minister. Zu vermuten ist, daß niemandem diese Hybris auffällt.

Minister ist ein lateinisches Wort. Es bedeutet Gehilfe, Diener, Helfer, nach dem Kleinen Stowasser auch Vollstrecker. Das Militär Frankreichs salutiert und präsentiert vor diesen Dienern, wenn sie aus einer Arbeitssitzung kommen. Welch eine Beleidigung des Militärs!

Blättert man um, so stößt man auf den Artikel À l'Assemblée, Jean-Marc Ayrault assure qu'il sait où il va. In der Nationalversammlung versichert [Ministerpräsident] Jean-Marc Ayrault, daß er weiß, wohin er geht. Vor vergoldeten Büsten gestikuliert er am Mittwoch, den 20. März 2013, von der Rednertribüne in die Reihen der Abgeordneten. Im Internet ist das Gold ein wenig reduziert, von der Papierausgabe ist der Leser geblendet: In dem er die großen Linien der Wahlversprechungen, des engagements de campagne, des François Hollande wieder aufnimmt und ihnen die Idee der "rigeur", der Strenge bzw. Härte, hinzufügt, hat sich Jean-Marc Ayrault sehr bemüht, seine Mehrheit zu beruhigen. Wie man die maßlosen Versprechungen des Kandidaten François Hollande mit Strenge und Härte verbinden kann, erklärt der Ministerpräsident nicht.

Man sieht auf dem Foto (François Bouchon / Le Figaro), auf was die Abgeordneten der Nationalversammlung schauen, wenn es darum geht, die desolate Lage Frankreichs zu beraten: Einlegearbeiten, Fresken, Reliefs, klassizistische Pracht aus dem Ende des 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. Welche Ideen außer erhabenen können ihnen dort kommen, erst recht, wenn sie noch ihr Haupt heben und in die Kuppel blicken? Man erinnert sich? Die Modernisierungsbemühungen Ägyptens zur Zeit des Herrschers Mehmed Ali (1769-1849) bringen es mit sich, daß an der Spitze einer 40-köpfigen Delegation der Gelehrte und Imam Rifa´a at-Tahtawi (1801-1873) nach Paris reist, in die damalige Hochburg des technischen Fortschritts. Da trifft er im frisch restaurierten Palast die damaligen Abgeordneten, Eugène Delacroix ist eben im Begriff, die Bibliothek zu dekorieren, er fährt voller Bewunderung wieder nach Hause und berichtet es seinem Herrscher.

Besichtigen Sie bitte die Nationalversammlung, das Palais Bourbon.

Im Gegensatz zu Deutschlands 16 Ministern hat Frankreich davon 38, wie übrigens Griechenland. Hinzu kommen die Regierungsbeamten auf regionaler, departementaler, auf Agglomerations- und Gemeinde-Ebene. Hat man die Regierungsbeamten in ihren doppelten und dreifachen Ämtern zusammen, kommen noch die Präfekturen hinzu, nicht gewählte, sondern von Paris aus eingesetzte Vertretungen des Innenministeriums, auch sie mit Regierungsfunktionen. Diese Regierungen sind im besten Fall nebeneinander, im allgemeinen Fall gegeneinander tätig, noch dazu, wenn die verschiedenen Ebenen von verschiedenen Mehrheiten regiert werden, beispielsweise die Stadt Perpignan von der Union pour un Mouvement Populaire (UMP), das Departement und die Region vom Parti Socialiste (PS), darüber schwebend die Präfektur mit ihren Kompetenzen. 

Seit einigen Jahren (!) betreiben Politiker des Elsaß die Zusammenlegung von Departements und Region. Sie sind anscheinend angesteckt durch die Nähe zu Deutschland. Nach Einverständnis der Regierungsfunktionäre der Region sowie der beiden Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin, Ober- und Niederrhein, soll am 7. April 2013 eine Volksbefragung darüber entscheiden.

Die 28. Heuchelei beim Dîner des CRIF

Das soll die Abgeordneten der Nationalversammlung nicht hindern, weiter in ihrem Prunk zu schmoren, ihren Goldplunder zu bestaunen und sich mitten in der glorreichen Zeit zu wähnen. Andere Staaten hängen sie derweil ab. 

Aber François Hollande, immer im Dienst für Volk und Vaterland, für die Grande Nation, hastet von einem Termin zum nächsten und seine Maîtresse Valérie Trierweiler mit ihm. Am selben Mittwoch, 20. März 2013, heißt es für den Staatspräsidenten, am Abend Antreten beim Conseil Représentatif des Institutions juives de France (CRIF) zur 28. Ausgabe des Dîner du CRIF, zum rendez-vous annuel du gotha politique français, zum Treffen der französischen Politiker mit Rang und Namen. Jean-Marc Ayrault, obgleich mit Rang und Namen, muß nicht mit, denn verabredet ist, daß mindestens einer der Einladung folgt, entweder der Staats- oder der Ministerpräsident. Der Menge der Minister und anderen Regierungsbeamten ist keine Grenze gesetzt, so daß Judenfeinde von Dieudonné M'bala M'bala bis zu den Funktionären der Muslimvereinigungen sich auslassen über die Macht der Juden in Frankreich. In meinem Archiv befinden sich zu dem Thema zahlreiche Artikel. Auch auf diesem Blog gibt's dazu einiges, bitte "CRIF" in die Suchfunktion eingeben, und der Leser ist mitten im wirklich wahren Leben.

Wer geballte Heuchelei erleben will, der lasse sich zum 29. Dîner des CRIF einladen. Auf dem Dîner schwingt alljährlich entweder der Staats- oder der Ministerpräsident trotz besseren Wissens, trotz Nichtstuns der Regierung, eine Rede immer gleichen Inhalts, Thema mit Variationen: Die Juden sind Teil Frankreichs, der Antisemitismus wird mit allen Mitteln bekämpft, die Juden brauchen keine Angst um ihre Unversehrtheit zu haben usw. Der Präsident des CRIF Richard Prasquier präsidiert das in diesem Jahr zum letzten Mal, ab dem nächsten Jahr schüttelt sein Nachfolger die erlauchten Hände. Le Crif salue l'engagement de Hollande, betitelt Le Figaro den Bericht von Judith Waintraub, der CRIF begrüßt den Einsatz von Hollande. 

Um welchen Einsatz es geht, kann man sich besser vorstellen, wenn man bei Google.fr "Bilder" anklickt und "françois hollande" "stephane hessel" eingibt: François Hollande a salué jeudi en Stéphane Hessel, mort la semaine dernière à 95 ans, un "homme libre", "un grand Français", "un juste". François Hollande hat am Donnerstag [7. März 2013] den letzte Woche im Alter von 95 Jahren verstorbenen Stéphane Hessel geehrt als einen "freien Mann", "einen großen Franzosen", "einen Gerechten". (Foto: AFP / Zacharie Scheurer) Als justes parmi les nations, Gerechte unter den Nationen, werden von Israelis diejenigen bezeichnet, die im Zweiten Weltkrieg Juden unter Einsatz ihres eigenen Lebens zum Überleben verholfen haben.

Richard Prasquier erwähnt Stéphane Hessel nicht in seiner Rede. Wer Stéphane Hessel war, das wissen meine Leser durch zahlreiche Artikel auf meiner alten Website sowie auf diesem Blog, ein Lügner, Angeber, Juden- und Israelhasser, der sich selbst als Jude darstellt, wenn es Israel nur schadet, und der die Verdienste von ihm übergeordneten Juden, beispielsweise von René Samuel Cassin und Pierre Mendès-France, zu seinen eigenen macht. Diesen Lügenbaron hat François Hollande keine zwei Wochen vor dem Dîner des CRIF mit militärischen Ehren bedacht. Bis zu seinem Tode ist er Diplomat im Auftrag des Quai d'Orsay zur Pflege der Kontakte zu arabischen Terrororganisationen, zur Hamas und zur Hezbollah und ihrem Sender Al-Manar. Frankreich weigert sich bis heute, die Hezbollah auf die europäische Terrorliste zu setzen. Mit ihrem Begründer und sogenannten spirituellen Führer Sayyed Mohammad Hussein Fadlallah (16. November 1935 – 4. Juli 2010) steht die französische Regierung bis zu seinem Tod in bestem Einvernehmen, der Botschafter Frankreichs in Beirut geht bei ihm ein&aus. François Hollande beantwortet die Rede mit Witzeleien. Sein Grinsen kann auf der Website des CRIF bewundert werden: Succès du dîner du CRIF 2013. Erfolg des Dîner des CRIF 2013.

Prunk und Heuchelei, und alle machen mit. Darum wird nichts aus Frankreich.