16. September 2017

Emmanuel Macron transformiert Frankreich


Parteiarbeiter und Wähler von La République en marche (LREM), der Marschformation des Emmanuel Macron zur Erlangung seiner Hauptrolle im politischen Theater Frankreichs, haben ihre Schuldigkeit getan, viele sind Regierungsmitglieder geworden, einige gegangen oder von ihm entfernt worden, weil sie ihm gefährlich werden könnten. In der Nationalversammlung sitzt ein Haufen politischer Neulinge, angeführt vom Fraktionsvorsitzenden Richard Ferrand,  einem ehemaligen Sozialisten, gegen den wegen Korruption ermittelt wird. Der ephemeren Partei fehlen Struktur, Regeln und vor allem ein Vorsitzender. Tendenz insgesamt lustlos, und nun soll das anders werden.

Update. Emmanuel Macron entfleucht in "wording" und "bullshit".

Angesagt sind, ab Oktober, Sitzungen in "micro-learning" zu verschiedenen Themen, ab November werden "mooks" herausgegeben und sechswöchige Kurse im Internet durchgeführt. Wie zu Chicago-Zeiten des Barack Obama soll jetzt in Frankreich "community organizing" gelehrt werden, um die Bürger vor Ort einzubinden in die Macronisierung der Gesellschaft.

Das alles wird vorgestellt in englischen Begriffen für Franzosen, die noch weniger und noch schlechter Englisch beherrschen als Deutsche. Was sind "mooks"? "Unangenehme, dumme oder auch unwichtige Personen"? So ähnlich! Das sind Hybride zwischen Magazinen und Büchern, Modeerscheinungen des 21. Jahrhunderts für Leser, die sich grundlegende Erkenntnisse nicht erlauben können, weil sie dann sehr Karriere-abträglich nicht mehr geeignet wären für Regierungsposten sowie Anstellungen und Auftritte in den Medien.

Als Stadtteil-Organisator folgte Barack Obama den Theorien des Saul Alinsky, der als Neo-Marxist die Zivilgesellschaft der USA transformieren, d.h. auf Linie bringen wollte. In Deutschland wurde das von den USA eingeführte Modell in Anlehnung an Mao Tse Tung der lange Marsch durch die Institutionen genannt.

“We are five days away from fundamentally transforming the United States of America.”
Barack Obama, election eve, 2008


Saul Alinsky "bestimmte eine Reihe sehr spezifischer Regeln, denen die einfachen Bürger folgen, und Taktiken, die sie zum Erreichen öffentlicher Macht anwenden konnten. Er schuf einen Entwurf für die Revolution unter dem Banner von 'sozialem Wandel'. Zwei seiner bemerkenswertesten Schüler heutzutage sind Hillary Clinton und Barack Obama."

Von Saul Alinsky über Barack Obama führt der direkte Weg zu Emmanuel Macron:

"Und dann noch, wenn du deinen Alinsky kennst und beginnst, den Extremismus des zaristischen Reiches Obamas zu erforschen, sollte das nicht im geringsten überraschend sein." Das ist die "Satzung für Radikale".

Die US-amerikanische Linke mag sich von Saul Alinsky und damit von Barack Obama entfernen: "Wenn die Linke dabei ist, im Zeitalter von Trump ihre Macht wieder aufzubauen, sollten wir für einen Plan dazu nicht auf Saul Alinsky schauen." Das hindert Emmanuel Macron nicht, es noch einmal zu versuchen.


Wie die "Obama Youth" gibt es "Les Jeunes avec Macron", "Jugendliche mit Macron". In Deutschland hieß sie "Hitlerjugend", in der DDR marschierten, bescheiden genug bei der Wahl des Namens, "Thälmann-Pioniere" sowie nicht etwa Honnecker-Jugend, sondern die "Freie deutsche Jugend", mit Angela Kasner.

Im Dezember dann soll der theatralische Höhepunkt sein, "la Grande Marche européenne", der große europäische Marsch, um ein Projekt für die Wahlen des Jahres 2019 auszuarbeiten. Frankreich ist fünf Wochen entfernt von der grundsätzlichen Transformation. Transformons la France! Das ist der Schlachtruf der Partei. "Sechs Reformen für eine umfassende Transformation". Vom Abbau von Stellen im Höheren Dienst handelt die Transformation nicht. Frankreich, 66,9 Millionen Einwohner, hat doppelt so viele öffentlich Bedienstete wie Deutschland, 82,7 Millionen Einwohner.


Emmanuel Macron hat persönlich, en personne, den ehemaligen Generaldirektor von Médecins sans frontières Stéphane Roques als Generaldirektor in die Partei geholt. Das ist im Sinne seiner Gönner, es soll wie das Schleppergeschäft im Mittelmeer ein profitables Geschäft werden: En marche ! Move On! Ein früherer Präsident der "Ärzte ohne Grenzen" ist Bernard Kouchner.

Warum die Partei des Präsidenten Macron sich schwer tut zu existieren
Pourquoi le parti du président Macron peine à exister
Mit treffenden Kommentaren!
Je pense que LREM est une coquille vide.
"Ich meine, daß LREM ein leeres Gehäuse ist."
Update

In Ermanglung von Inhalten flüchtet der Präsidentendarsteller sich in Anglizismen aus einer irgendwie gearteten Managersprache.  Le Figaro zitiert heute einige: team-building, coworking, die Kabinette sind sous-staffés = under staffed oder unterbesetzt, wobei le cabinet auch das WC heißen kann, back-up, bottom-up, top down, nämlich das Programm des Präsidenten an LREM-Abgeordnete und Mitglieder, an die helper, die angeblich bottom-up wirken.

Die LREM-Funktionäre und ihr Fußvolk befinden sich in einem process, um Resultate zu delivern, pour délivrer du résultat. Dabei geht's in masterclasses los from draft, und Kritiken sind bullshit. Wohin das führen soll? Sky is the limit!

«Bullshit», «top down», «back-up» : les anglicismes envahissent les sphères macronistes.
  François-Xavier Bourmaud, Le Figaro, 18/19 septembre 2017

I think LREM is an empty box.