17. November 2014

Wladimir Putin. Paralipomena


Das Interview von Hubert Seipel mit Wladimir Putin, in Wladiwostok, haben alle gesehen, die es interessiert, was mit uns, mit dem Westen und mit den Beziehungen zu Rußland wird.

Update. Und nach dem G20-Gipfel spricht Angela Merkel im Lowy Institute

"Das Putin-Interview - wohin steuert der Kreml-Chef?" Die Sendung mit dem Video ist bis zum 16. November 2015 in der ARD-Mediathek aufzurufen.

Am Montag, 17. November 2014, bringt "Hubert Seipel" "Putin Interview" bei Google News 2 280 Ergebnisse, Stand: 23:45 Uhr. Die Überschriften dazu sind teilweise Real-Satire. Hier einige Beispiele:

  • Putin wirbt um Deutschland (FAZ)
  • Wladimir Putin schlägt Haken (Tagesspiegel)
  • Kuschelkurs mit Putin: So verspielt die ARD jede Glaubwürdigkeit (Focus)
  • Wladimir Putins Demagogie verfallen (KStA)
  • "Hier lief Kreml-TV" (Meedia)
  • Wladimir Putin – ein Interview gerät zum Monolog (RP ONLINE)
  • "Günther Jauch": Kreml-TV in der ARD (DIE WELT)
  • Günther Jauch: Wladimir Putins Kreml-Show in der ARD (STERN)
  • Putin-Interview - Imageverlust für die ARD (ShortNews)
  • Wladimir Putins Monologe und ein viel zu höfliches Interview (Berliner Morgenpost)
  • G20-Gipfel: Putin sorgt für Ärger in Australien (Hamburger Abendblatt)

Meedia bringt einige Blüten aus den Texten der Autoren. Zusätzlich werden Twitterer zitiert, sie bringen zufällig nur Verrisse. Es bleibt kein Auge trocken!

Und das alles nur, weil endlich einmal in der ARD nicht über eine oder die zu verdammenden Personen gesprochen wird, wie über Thilo Sarrazin oder Bernd Lucke, sondern sie selbst zu Wort kommen. In diesem Fall Wladimir Putin anläßlich des G20-Gipfels, in Brisbane, vom 15. bis 16. November 2014.

Ja, wenn Golineh Atai das Interview geführt hätte, dann wären die Fetzen geflogen, der Kreml-Herrscher wäre zu einer propagandistisch verwertbaren Größe zusammengeschrumpft, passend zum Horizont der deutschen Medien. Oder hätte die preisgekrönte Berichterstatterin keinen Termin bekommen beim russischen Präsidenten? Wenn nein, warum nicht?

Das alles sind die deutschen Medien nicht gewohnt, sie, die ihre Indoktrination für die Wahrheit halten, die nicht begreifen, daß durch ihre wirklichkeitsferne Berichterstattung die Auflagen einbrechen, sie sich selbst überflüssig machen, sich vorher aber noch mit ihrem Gegeifer ad absurdum führen.

Ab, auf den Altpapierhaufen der Geschichte!

"Putin-Interview beschert Jauch Spitzenwerte", titelt derweil Quotenmeter: "Die ab 21.45 Uhr gezeigte Polit-Sendung holte im Schnitt exakt 20 Prozent Marktanteil bei allen Zuschauern."

Da ich keine Zeit hatte für das Interview bei Günther Jauch, habe ich zuerst auf Politically Incorrect nachgesehen, ob ein Video eingestellt ist. Richtig, da ist es! Wenn man es allerdings sehen will, heißt es: "Dieses Video enthält Inhalte von ARD. Dieser Partner hat das Video aus urheberrechtlichen Gründen gesperrt." Update. Die Sendung ist wieder da!

Also, ab, auf die Internet-Seite mit der ARD-Mediathek! Dort gibt es die ganze Sendung, aber die Verteidigungsministerin muß man sich nicht antun, da war BILD-Lilli besser. Das Video wird gleich zu Anfang gespielt, ab 3:50, und es dauert gut 30 Minuten. Damit auch die schwerhörigen Zuschauer verstehen, was im Interview gesagt wird, ist es untertitelt, Hubert Seipel gelb, Wladimir Putin grün. Bei 6:08 gibt's die den meisten bekannte Information, daß die Wiedervereinigung Deutschlands ohne die Sowjetunion nicht zustande gekommen wäre. Nun geht es munter fort mit Interview und Untertiteln, aber wie staunt man, daß es Auslassungen gibt. Gemeint sind nicht kleine Differenzen zwischen dem, was der Dolmetscher sagt und den Untertiteln, sondern es fehlen ganze Inhalte.

Ausgelassen wird die Passage über die Zollfreiheit von Waren aus der EU über die Ukraine nach Rußland. Die nunmehr gültige Zollfreiheit des Warenverkehrs zwischen der Ukraine und der EU bringt es mit sich, daß Waren aus der EU zollfrei über die Ukraine nach Rußland gehen, denn die Ukraine genießt im Rahmen des Abkommens mit der GUS im Warenverkehr mit Rußland ebenfalls Zollfreiheit. Rußland entgehen die Zolleinnahmen, und auch der übrige Warenverkehr der EU mit Rußland wird verzerrt, beispielsweise der deutscher Unternehmen. (ca. ab 10:00)

EU schafft Zollschranken für Ukraine ab, titelt das Handelsblatt, am 11. März 2014, da haben die USA, unterstützt von Deutschland, den demokratisch gewählten Präsidenten Wiktor Janukowytsch drei Wochen vorher zum Tempel hinaus gejagt.

Wladimir Putin spricht von den Entwicklungen zwischen EU, Ukraine und Rußland, die möge Schritt für Schritt vor sich gehen. Er habe aber die Antwort bekommen: "Das geht Sie nichts an, halten Sie sich da raus!" (ca. ab 11:40)

Keine Untertitel gibt's dazu, ebenso wenig zum Auftritt der drei Außenminister der EU und ihrer Unfähigkeit, Garantien einzuhalten:

Am 21. Februar 2014 hätten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens eine Garantie-Erklärung für friedliche Entwicklung der Maidan-Proteste abgegeben, er, Wladimir Putin hätte diesbezüglich auch mit Barack Obama telefoniert. Am nächsten Tag aber hätte das Parlament Wiktor Janukowytsch abgesetzt. (13:20) Trotz Garantien des Westens, und die Garantiegeber hätten sich nicht mehr daran erinnern können. (14:20)

Als Wladimir Putin auf die vereinigten Nazis kommt, die auf dem Maidan und jetzt im Osten der Ukraine kämpfen, wird's ganz dünn mit den Untertiteln, sie verdunsten. "Auf den Helmen derer, die da im Osten unterwegs sind, sehen wir SS-Symbole." (21:20)

2. SS-Panzer-Division Das Reich (links)



Neo-Nazis und Rechtsextreme, Januar 2014 (unten)

Die sieht die ARD dort nicht und läßt die Information in den Untertiteln aus. Bei 35:20 ist das Interview zu Ende.


Während bei Günther Jauch der russische Bär steppt, befassen sich die Berichterstatter des ZDF unter der Leitung von Claus Kleber mit Propaganda, den Kreml-Chef zu diskreditieren und lächerlich zu machen, beispielsweise mit dessen vorzeitiger Abreise vom G20-Gipfel in Brisbane, am 16. November 2014. Die erwähnt auch Günther Jauch im Vorspann zum Interview. (00:55)

BILD bleibt sachlich, schreibt von Abreise-Gerüchten und schickt einen russischen Kommentar zum sonntäglichen Arbeitsessen hinterher: "Aus der russischen Delegation hieß es, Putin werde an dem offiziellen Arbeitsessen in Brisbane am Sonntag nicht mehr teilnehmen. Er wolle sich schon zuvor vor Journalisten äußern. 'Mittagessen ist eher eine Form des Entertainments', fügte das Delegationsmitglied hinzu."

So definiert es auch der Duden: "Essen, das dazu dient, anliegende Fragen, geschäftliche Dinge zu besprechen; Arbeitsbesprechung während eines Essens."

Deutsche Steuerberater wissen dazu: "Der Begriff Arbeitsessen wird häufig verwendet, wenn der Chef mit seinen Mitarbeitern zum Essen geht oder mehrere Mitarbeiter auf Firmenkosten miteinander zum Essen gehen. Genau definiert ist der Begriff freilich nirgends. Lediglich in R 19.5 Abs. 2 Satz 6 LStR wird ausgeführt, dass ein Arbeitsessen keine Betriebsveranstaltung ist." Eben!

Ein Arbeitsessen und die Abschlußsitzung seien es dem Präsidenten Wladimir Putin nicht wert gewesen zu bleiben, er sei müde, hätte er geäußert. So das ZDF in Gestalt seines Brüssel-Korrepondenten, des pensionsreifen Udo van Kampen, dem das ZDF zum Abschluß seiner Karriere noch eine Auslandsdienstreise genehmigt. Er ist der Journalist, der gern Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Füßen liegt, man erinnere sich an sein Geburtstagsständchen: "Happy Birthday" gone wrong: Peinliches Geburtstagsständchen für Merkel.

Und so hat er auch Zeit, Angela Merkel bei einem nächtlichen Besuch im Kneipenviertel von Brisbane zu begleiten. Dann gibt's Angela am nächsten Morgen, Angela mit zerfurchtem Gesicht, besorgt über Wladimir, das berühmte Gruppenfoto mit dem Kreml-Chef ganz außen.

Der Berichterstatter ist der aus der heute-Show bekannte Spaßmacher. Das ZDF scheint, abgesehen von einigen guten Krimis, eine einzige mißglückte Satire-Sendung zu sein, das Niveau der heute-Show wird dabei immer erreicht.

Dann folgt Wladimir Putin allein am Eßtisch, von niemandem geliebt: "Es wollte offenbar keiner neben ihm Platz nehmen. Bei 40° in Australien ist das Klima für Putin eisig." Udo van Kampen zeigt dazu, im heute-Journal, vom 15. November 2014, wie die Kamera auf einen Eßtisch schwenkt. Man kann den Bär gar nicht richtig in seiner Einsamkeit bewundern. Merkwürdig, denn auch China und Brasilien sind auf dem Gipfel anwesend sowie weitere Staaten, die nichts gegen Rußland und seine Politik haben, von den russischen Delegationsmitgliedern nicht zu reden.

Schnell geht der Korrespondent darüber hinweg, Ban Ki-Moon, und "Barack Obama bekräftigt den Führungsanspruch der USA", aber es gibt die ZDF-Mediathek. Man sieht dort gerade noch, (1:06 - 1:10) daß gegenüber am Tisch eine Dame sitzt, die eben zu essen angefangen hat, es ist die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff, und am Tisch dahinter sitzen rechts zwei und links zwei, der Tisch ist auch nicht voll besetzt. Ganz links ist ein Tisch, an dem sitzt noch niemand, woraus zu schließen ist, daß die Mittagspause eben angefangen hat.

Wie oft habe ich bei internationalen Konferenzen zunächst allein an einem solchen Tisch gesessen, bevor die anderen Teilnehmer der Konferenz hinzu kamen. Das sind die Mittagspausen, da gibt es keine offiziellen Déjeuner, sondern das sind die Arbeitsessen mit Buffet, hier ist's ein Barbecue, jeder kommt, wann er meint, und man kann sicher sein, daß fünf Minuten später Wladimir Putin rechts und links von je zwei Gipfel-Teilnehmern eingerahmt war. Ein Dolmetscher sitzt schon hinter ihm.

Udo van Kampen hat jahrelange Erfahrung mit solchen Gepflogenheiten, und er lügt bewußt. Das ZDF betreibt nur noch anti-russische Propaganda. Die geht im ZDF-heute von Barbara Hahlweg, am 16. November 2014, gleich weiter. Udo van Kampen berichtet, Wladimir Putin sei vorzeitig abgereist mit der Begründung, "daß er Schlaf brauche."

Die Abreisen der G20-Delegationen auf der offiziellen Website. Video Gallery.

Eine 18-stündige Heimreise in seiner Iljuschin habe vor ihm gelegen. So ist ihm das G20 Leaders' Communiqué erspart geblieben. Er wird's in russisch nachlesen. Dem Communiqué sieht man an, daß es eh schon am 14. November grundsätzlich fertig gewesen ist.

Derweil wissen Kommentatoren der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, daß Bundeskanzlerin Angela Merkel nur wenige Minuten nach Wladimir Putin abgereist wäre:

"16. November 2014 um 17:56 Desi sagt:
Das stimmt so wohl nicht ganz. Laut FAZ ist auch Merkel zur gleichen Zeit abgereist und auch noch einige andere sollen schon am Sonntagnachmittag abgereist sein. Also was bezweckt diese Geschichte über Putins vermeintliche frühere Abreise?"

Na, ganz einfach: Er verkriecht sich wie ein Hund. Google bringt folgende Ergebnisse: Rußland zusehends isoliert (34 200), Rußland verantwortlich (3 580 000), Rußland ungeliebt (93 700), Rußland gemieden (191 000), Rußland stört (2 280)

Es wird Zeit, daß sich Rußland und Israel verbünden.

Update. Lowy Institute

Wer sich ein Bild machen möchte, der gehe auf deren Website:

PARTNERSHIPS: As an independent think tank [sic!] the Lowy Institute relies on a diverse funding base. The Institute’s work is supported by sponsorships and grants from leading Australian and international companies; foundations and Australian and international government agencies; subscriptions and ticket sales for events, and philanthropic donations from private individuals.

On Thursday, 31 October [2013], Mr Rupert Murdoch, AC, delivered the tenth anniversary Lowy Lecture at the Town Hall in Sydney. In front of 700 guests, the News Corp Executive Chairman spoke of the need for Australia to be competitive in the 21st century.



Angela Merkel ist beunruhigt über den Balkan. Sie befürchte Wladimir Putins Gelüste, erklärt sie im Lowy Institute. Die Islamisierung der Region macht ihr derweil keine Kopfschmerzen, im Gegenteil.

Dans cette interview enregistrée sur l'ARD avant son départ d'Australie, ...

Nebenbei bemerkt, Nicolas Barotte, das Interview von Hubert Seipel und Wladimir Putin ist in Wladiwostok vor (!) der Abreise des gefährlichen Bären nach Brisbane aufgezeichnet worden. Wie hätte es sonst am Sonntagabend bei Günther Jauch gezeigt werden können? Es steht übrigens in den deutschen Medien: aufgezeichnet am 13. November 2014, vor der Abreise nach Brisbane.


Ergänzung zum Seipel-Interview [retranslated from Russian]



Vollständige Übersetzung der Rede Wladimir Putins auf der Abschlußsitzung des Elften Jahrestreffens des Valdai Clubs, Sotschi, 24. Oktober 2014

Putin ohne Maulkorb - Valdai-Rede auf Deutsch. Video (38:13)