1. Februar 2019

Die AfD unter Beobachtung durch den Verfassungsschutz

"Alice Weidel und Alexander Gauland während einer AfD-Versammlung, 15. Januar 2019
Der Sprecher der Partei (rechts) hatte die Nazi-Periode für einen 'Vogelkot' 
in der tausendjährigen Geschichte Deutschlands gehalten"

Die ganze Seite 15 des Figaro, vom 1. Februar 2019, ist der Überwachung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz gewidmet. Berlin-Korrespondent Nicolas Barotte greift in die Vollen.

En Allemagne, le renseignement place le parti d'extrême droite AfD sous surveillance,
Par Nicolas Barotte, Le Figaro, 01/02/2019 à 10:27 [Abonnés]

En Allemagne, l’AfD, une extrême droite sous surveillance.
Par Nicolas Barotte, Le Figaro, 1 février 2019, p. 15

"Das Bundesamt für Verfassungsschutz, der deutsche Inlandsgeheimdienst, beobachtet mit einem inquisitorischen Auge die neue radikale Rechte, die im September 2017 mit 12,9% der Stimmen in den Bundestag einzog."

Er beginnt mit der AfD-Landtagsabgeordneten Dr. Christina Baum, der es egal sei, ob sie abgehört oder von Spitzeln überwacht werde; sie werde nicht schweigen, sie habe keine Angst. "Das kommt aus meiner Zeit in der DDR," hätte sie ironisch gemeint und auf ihre Flucht hingewiesen, kurz vorm Mauerfall, als sie 32 Jahre alt war.

Der “Fliegenschiss” von Alexander Gauland kommt noch einmal im Text vor, la fiente sur l’histoire millenaire de l’Allemagne. Man kann ihn nicht oft genug vorbringen; denn es gibt in der AfD sonst nicht viel auf dem Niveau der Argumentation. Die erstklassigen Beiträge zahlreicher AfD-Funktionäre, ob schriftlich oder als Reden im Bundestag und den Landtagen, ob als abgeschmetterte Anträge oder gelungener Einfluß auf die Politik der "traditionellen Parteien", sind für den Korrespondenten kein Thema, da sie auch für die Verfassungsschützer keines sind.

Der Tenor des Artikels von Nicolas Barotte schwankt zwischen Häme und Enttäuschung.

Dr. Hans Georg Maaßen wäre seiner AfD-Nähe wegen abgesetzt worden, und so berichtet er seinen Lesern indirekt, daß CDU-Mitglied Thomas Haldenwang eine politische Besetzung durch die Bundeskanzlerin ist mit dem Auftrag, die AfD zu observieren, zu unterwandern und möglichst derartig zu diskreditieren, daß sie in den kommenden Wahlen massiv an Stimmen verliert. Die Voraussetzungen dazu sind vom seinerzeit noch AfD-freien Bundestag geschaffen worden:

Freitag, 03. Juli 2015. Bundestag beschließt Reform. V-Leute dürfen sich "szenetypisch" verhalten. Quelle: n-tv.de, hul/rts/dpa/AFP. "Dies bedeutet etwa, dass sie den Hitlergruß zeigen oder sich vermummen dürfen."

La femme au chien policier :
Il cherche à y déceler des ennemis de la démocratie, 
des tendances extrêmes remettant en cause l'État de droit.

Der Chef des Vereins "Horch und Lausch" verhält sich ebenfalls "szenetypisch", was der Korrespondent merkt und seine Äußerungen fast karikiert: "Er versucht die Feinde der Demokratie aufzuspüren, die extremen Tendenzen, die den Rechtsstaat in Frage stellen."

Thomas Haldenwang wird zitiert, daß erste Anzeichen eines Programmes existierten, das gegen die “liberal-demokratische Verfassung gerichtet” wäre. Die AfD wird ihn vor Gericht fragen, welche Anzeichen das sind. Inzwischen haben  den Bericht nicht nur die Redaktionen des Tagesspiegel und der Süddeutschen Zeitung, sondern die AfD kann ihn wie jedermann im Internet lesen!

Im Bericht des Amtes von 436 Seiten käme Björn Höcke 608 mal vor; er zitiert ihn mit seiner “180°-Wende in der Gedenkkultur” sowie mit seiner Gruppe "Der Flügel", in deutsch und nicht übersetzt.


Die Partei insgesamt und als solche hätte aber demnach noch nicht die "rote Linie" überschritten, dennoch würde sie "wie ein gewöhnliches Neonazi-Grüppchen überwacht". Das sei ein signale hautement politique et il fait trembler les leaders du parti, "ein hochpolitisches Signal, das die Partei-Leader zittern macht".


Er zitiert sehr genüßlich und ausführlich Dr. Roland Hartwig, den "Vorsitzenden der AfD-Arbeitsgruppe zum Thema Verfassungsschutz": Man möge sich nicht mehr aufs "Volk" beziehen, das wäre "Nazi", und die Diskussion über die Immigration wäre auch zu meiden. Über die Nazizeit sollte man möglichst nicht reden.

Nicolas Barotte bezieht sich auf den ARD-Journalisten Michael Götschenberg, den "Spezialisten für innere Sicherheit": michael götschenberg afd googlen, und sich wohlfühlen!

Götz Kubitschek wird vorgestellt als Intellektueller der Neuen Rechten: "Ce pays a besoin de nazis pour fonctionner." "Dieses Land hat Nazis nötig, um zu funktionieren." Das Zitat ist im Internet weder deutsch noch französisch vorhanden. Vielleicht liest man es im Verfassungsschutzbericht?

Fazit des Korrespondenten: "Die AfD hat sich schon selbst unter Beobachtung gestellt."