26. Mai 2023

Frankreich und die Niederlande streiten sich ihrer Kolonie wegen

"Eine Stele markiert die nicht bewachte Grenze zwischen den beiden Teilen der Insel"

"Auf Sankt-Martin das Ende eines französisch-niederländischen Streites"
À Saint-Martin, la fin d’une querelle franco-néerlandaise. Par Annelot Huijgen,

Wer meint, das Ende der Fahnenstange beim Kolonialismus des Wertewestens wäre für Frankreich mit Wuambushu und Kwassa Kwassa erreicht, der kennt noch nicht den Streit um Quadratkilometer auf der Karibikinsel Saint-Martin bzw. Sint Maarten. Die heißt so, weil Christoph Kolumbus sie am 11. November 1493 entdeckt hat, am Namenstag des Heiligen Martin. Er nennt sie Isla de San Martín.

"Die nicht einmal 100 km² große Insel liegt am nördlichen Rand der kleinen Antillen, 250 km östlich der Großen Antilleninsel Puerto Rico. St. Martin ist politisch zwischen Frankreich und dem Königreich der Niederlande geteilt. Der nördliche, größere Inselteil bildet zusammen mit einigen Nebeninseln das französische Überseegebiet Saint-Martin und gehört zur EU. Der südliche Teil bildet mit den Schwesterinseln Saba und St. Eustatius das autonome Land Sint Maarten im Königreich der Niederlande." Sint Marten gehört nicht zum Schengen-Raum. Man bezahlt mit Gulden oder Dollar. Saint-Martin, eine Gebietskörperschaft Frankreichs, gehört zur EU und zur Eurozone. Es werden aber in beiden Teilen alle drei Währungen von den Touristen  in Zahlung genommen. Saint-Martin hat insgesamt 72 000 Einwohner, 32 000 im französischen, 40 000 im niederländischen Teil der Insel.

Die 87 km² große Insel, auf der sich inzwischen eine niederländische Festung befindet, wird im Juni 1633 von Spaniern besetzt, und dort werden französische und niederländische Kriegsgefangene inhaftiert. Die vertreiben die Spanier und im Vertrag von Concordia wird, am 23. März 1648, die Insel unter Frankreich und den Niederlanden aufgeteilt, eine Art Vorlauf zum Westfälischen Frieden.

Beide Länder sind angezogen vom Salz der Insel. Salz ist zu der Zeit kostbar. Das ist in der Heimat verstaut im Kasten der Ofenbank, Oma sitzt drauf und hütet es: "Salz verstreuen bringt Ärger!"

Wie Frankreich an 53 km² des nördlichen Gebietes kommt und die Niederländer an nur 34 km² des südlichen, wird gern berichtet. Die Deportierten bestimmen zwei Läufer, die stehen Rücken an Rücken, laufen los, rund um die Ufer der Insel, und dort, wo sie sich treffen, soll die Grenze gezogen werden. Die einen sagen, der französische Läufer hätte dem Niederländer 'ne Wasserflasche gegeben, die nicht Wasser, sondern Gin enthielt, die anderen, der französische Läufer hätte eine Abkürzung gewählt. So wird der Teil Frankreichs größer als der der Kaaskoppen. Frankreich ist immer für einen Betrug gut.

"Vertrag über den sich hinziehenden französisch-niederländischen Grenzkonflikt Saint-Martin"
Akkoord over slepend Frans-Nederlands grensconflict Sint Maarten, anp, 

2014 kommt es zu ernsten Zerwürfnissen der beiden EU-Mitglieder über die Grenze auf der Insel. Sogar die UNO soll eingeschaltet werden. 2017 gibt's den verheerenden Hurrikan Irma. Aber die Verhandlungen kommen heute mit der Unterzeichnung eines Vertrages zum glücklichen Ende. Es geht um die Milliarden Euro und Dollar an Einkünften aus dem Tourismus, und da zählt jeder Quadratmeter.


Ein von den Niederländern 2016 in der Oyster Bay im Osten der Insel, gebautes Restaurant liegt der Ansicht Frankreichs nach auf französischem Gebiet.

"Frankreich sorgt sich mehr um die Definition seiner Grenzen auf Saint-Martin, als ihren Schutz im Mutterland," meint Kommentator DidierLAGARDE, am 25/05/2023, 21:42 Uhr, zum Figaro-Artikel.

Die Grenze zwischen den beiden Staaten ist 16 km lang. Landessprachen sind Französisch, Niederländisch und Englisch. Wikipedia, das für Saint Martin drei Beiträge anbietet, bringt wenig über die Ureinwohner der Insel, für Sint Maarten heißt es: "Die einheimische Bevölkerung besteht zum größten Teil aus Nachfahren niederländischer Siedler und aus Afrika entführter Sklaven."

Wer mehr wissen will, wen die Kolonialisten da vertreiben, der lese bitte "ein wenig Geschichte":

Saint-Martin, UN PEU D'HISTOIRE. Par Luis et Irma

Seit 3000 vor Christus gibt es über die Jahrhunderte dort Indianerkulturen aus Venezuela, Yucatan, abgelöst von solchen aus dem venezuelanisch-kolumbianischen Gebiet des Orinoko. "Aber diese autochtonen Völker wurden dezimiert im Laufe des ersten Jahrhunderts der spanischen Eroberung von Amerika. Saint-Martin beschleunigte in diesem Rahmen ihre Geschichte als ein Land, das ohne Unterlaß beeinflußt wurde durch die einander folgenden Anlandungen von Völkern."

Auf der Seeroute zwischen Amerika, Saint-Martin, Europa und Afrika schippert derweil die organisierte Kriminalität. Man spricht alle Sprachen. Es lebe der Wertewesten!