25. November 2011

Alltag. Das Telefon

Es besteht aus drei Teilen, ihm selbst höchstpersönlich, genannt Livephone, dem Fuß, genannt Pied, und einer Antenne USB-DECT, genannt Base, einzustecken in ein Gerät, genannt Livebox. Daran angeschlossen ist auch der PC.

Neulich beginnt das Telefon zu spinnen, mal kann ich jemanden anrufen, rede zwei Sätze und werde abgeworfen, mal ruft mich jemand an, und ich kann eben noch "Hallo" rufen, dann ruft mich einer an, wir reden eine Viertelstunde, die Telecom findet, das sei genug und wirft mich ab, dann wieder klingelt das Telefon nur einmal "ping", und tot ist alles. Dank Internet kann ich in Verbindung bleiben, sehe in meiner Mailbox die verpaßten Anrufe, hin&wieder entgeht mir eine Einladung zum Dîner, oder ich bekomme keine Warnung, daß der Termin beim Zahnarzt um zwei Stunden verschoben werden muß.

Nun reicht's!

Ich nehme mein Telefon und bringe es zum offiziellen Telecom - Laden, bei mir um die Ecke, zehn Minuten zu Fuß. Der Laden ist schick und modern, heißt Orange, weiße Buchstaben in einem Quadrat, auf orangefarbenem Grund. Am Eingang, links, ist ein Empfang. Dort muß ich in allen Einzelheiten und genau erklären, warum ich dem Laden meine Anwesenheit zumute. Als der Rezeptionist weiß, worum es geht, zeigt er auf einen Platz. Da sitzt Marc. Worum geht es, fragt Marc. Ich erzähle die gleiche Geschichte sinngemäß noch einmal. Marc blickt auf mein Telefon und sagt traurig: Na, da können wir hier gar nichts machen, das müssen Sie von einem Techniker testen lassen. Der Laden dazu befindet sich am Stadtrand, im Centre Commercial. Er gibt mir die Adresse, sie ist leicht zu finden, weil ein anderer bekannter Laden sich nebenan befindet. Aber den Pied müssen Sie mitnehmen, ich bin nämlich nicht sicher, ob sie dort einen haben. Ich frage: Würden Sie bitte dort anrufen, ich könnte sofort mit dem Bus hinfahren, wenn nicht, müßte ich erst wieder nach Haus, das Teil holen. Es tut Marc leid, das sei nicht möglich, er habe keine Verbindung zu dem Laden mit den Technikern. Er könne mir aber ein anderes Abonnement verkaufen, es sei nur 7,90€ teuerer als meines, dafür könnte ich à volonté mit mobilen Telefonen kommunizieren und bekäme noch einen Schlüssel für WiFi. Ich gehe nach Hause.

Für heute reicht's.

Am nächsten Tag würge ich den Pied aus dem Regal. Das ist nicht so einfach, weil die Schnur hinter zwei Brettern verlegt ist, die mit Büchern und mit dem Drucker beladen sind. Gegen 16:30 Uhr bin ich in dem Orange - Laden. Am Eingang, links, ist ein Empfang. Dort muß ich in allen Einzelheiten und genau erklären, warum ich dem Laden meine Anwesenheit zumute. Als der Rezeptionist weiß, worum es geht, zeigt er weit nach hinten und sagt: Dafür ist Hugo zuständig. Ich reihe mich in eine lange Schlange, vor mir Leute mit iPhone Problemen, mit einem Telefon, dessen Klingelzeichen ihnen nicht paßt usw. Derweil studiere ich die Nachricht in großen Buchstaben, daß der Platz geöffnet sei von 9:30 bis 17 Uhr. Wir bitten um Ihr Verständnis. Ich mache mich darauf gefaßt, daß ich abgewiesen werde, inzwischen ist es nämlich 17:05 Uhr, und ich bin immer noch nicht dran. Auf einem piekfeinen Bildschirm lese ich, was guter Service sei: Wenn der Kunde eine Antwort auf alle Fragen bekommt, ein schöner Tag ist, wenn alle Probleme mit dem Telefon gelöst sind usw. Dazu lächeln gutaussehende junge Frauen auf mich herab. Links oben sehe ich auf einem kleinen Bildschirm die Szene vor Hugos Thresen, ich zapple hin&her und freue mich, daß ich so dick doch gar nicht bin, wie ich immer meinte. Meine Jägerweste mit den vielen Taschen sieht auch schick aus. Aber meine Fipshaare, na, ja!

Hugo hat eine Assistentin, sie heißt Yvette und ist eine Dame um die 50, sehr sympathisch. Trotz der fortgeschrittenen Zeit schaut sie auf Telefon und Pied: Das ist nicht nötig, ich brauche die Base. Haben Sie das Telefon gekauft oder gemietet. Ich weiß das nicht ausm Hut, habe aber vorsichtshalber alle Unterlagen aus der Akte mitgebracht. Ein Kollege stellt fest, ich habe alles gemietet, und es wird mir umgetauscht. Dazu möge ich mit der Base kommen. Das andere nicht? Ich zeige auf Telefon und Pied. Nein. Ich gehe nach Hause.

Für heute reicht's.

Die Base ist ganz einfach aus der Livebox zu ziehen. Das tue ich am nächsten Tag, nehme sie und die Unterlagen und begebe mich mit dem Bus zum Laden mit den Technikern. Gegen Mittag bin ich dort. Die Warteschlange ist kurz, Hugo ist zum Mittagessen. Ich recke Yvette die Base entgegen. Sie ist mit einer Kundin befaßt, die größere Probleme hat, dazu telefoniert sie mehrmals, ist ganz aufgeregt, schaut seufzend und Verständnis heischend um sich. Yvette schaut auf die Base und fragt: Wo sind Telefon und Pied? Die brauche ich für den Umtausch auch. Mir schwant einiges: Wieder nach Hause, Telefon und Pied holen, wieder zurück usw. Aber gestern sagten Sie, die Base werde benötigt, weil die kaputt sei. Zum Glück erinnert sie sich daran: Da habe ich mich mißverständlich ausgedrückt, ich brauche alle drei Teile für den Umtausch. Wissen Sie was? Ich gebe Ihnen jetzt den Karton mit den drei neuen Teilen, und in den nächsten Tagen bringen Sie Telefon und Pied. Lassen Sie aber die beiden Batterien erst gut aufladen, bevor Sie telefonieren.

Dankbar ziehe ich mit meinem Kasten Livephone Sagemcom D46W ab. Yvette habe ich in mein Herz geschlossen. Der Bus kommt schon nach einer Viertelstunde. Zu Hause angekommen, schließe ich die Teile an und lasse die Batterien eine Zeitlang aufladen. Ich rufe die Editrix auf Deutsch an und erkläre, sie sei mein Versuchskanichen, ob das Telefon geht. Es funktioniert. Wir plaudern eine Weile.

Danke, France Telecom!

Nun überlege ich, wann ich Telefon und Pied abgebe.