Der Figaro ist in Hochform. In riesigen Lettern, 2,5 cm hoch, liest man à la Une, als Aufmacher: Colère d'Israël, Wut Israels. Weiter geht's mit etwas kleinerem, immer noch der Sensation angemessenen Fettdruck après l'entrée de la Palestine à l'UNESCO, nach dem Eintritt Palästinas in die UNESCO. Untertitel: Gegen diese Zulassung, haben die Vereinigten Staaten ihren Beitrag an die UN-Organisation ausgesetzt. Es sind 22 Prozent des Gesamthaushalts. Man erfährt im Text, die USA hätten so entschieden, was darauf hindeutet, daß im Figaro Unkenntnis über die Gesetzeslage herrscht. Von Entscheidung kann keine Rede sein, und wie Barack Obama einzuschätzen ist, hätte er sicherlich den Beitrag ob dieses Sieges verdoppelt. Wenigstens das weiß der SPIEGEL: "Eine Sprecherin des Außenministeriums in Washington sagte, dass die Regierung in Washington eine für den November geplante Überweisung zurückhalten müsse. Die amerikanischen Gesetze würden die Regierung dazu verpflichten."
Während die Palästinenser einen "Sieg des Rechts, der Gerechtigkeit und der Freiheit" begrüßt hätten, habe Israel "mit Heftigkeit/Bitterkeit, 'ein einseitiges Manöver angeprangert, das (...) nur dazu geführt hat, die Möglichkeit eines Friedensvertrages zurückzustellen'." Mitgeteilt wird, daß Frankreich für die Aufnahme Palästinas gestimmt hat, auf Seite 5, wo Redaktionsmitglied Alain Barluet über den Eintritt Palästina in die UNESCO und das Wiederaufleben der Spannungen reflektiert, als wenn es den 23. September 2011 nicht gegeben hätte, da Mahmud Abbas vor der UN-Generalversammlung mit seinem Antrag auf Vollmitgliedschaft wedelt: L'entrée de la Palestine à l'UNESCO ravive les tensions. Der kostbare Beitrag ist nicht online, aus dem Pressdisplay kann man aber ahnen, worum es geht. Ganz nebenbei streut Alain Barluet ein, wie einige Europäer gestimmt haben: "Unter den Europäern haben sich Italien und Großbritannien enthalten, Frankreich hat schließlich dafür gestimmt." Frankreichs Stimmverhalten wiederholt er und führt es im einzelnen aus. Es liest sich wie eine Rechtfertigung.
Mit keinem Wort erwähnt er, daß Deutschland ebenfalls gegen die Aufnahme gestimmt hat, von den europäischen Staaten Litauen, den Niederlanden, Schweden und Tschechien, den übrigen Neinstimmen und den 15 europäischen Enthaltungen, darunter Andorra und Monaco, nicht zu reden. Andorra wird regiert von zwei Ko-Fürsten, dem Bischof von Seu d'Urgell Joan Enric Vives i Sicilia und dem Präsidenten Frankreichs Nicolas Sarkozy. In Monaco wird der Staatsminister, der Vorsitzende des vierköpfigen Regierungsrates, mit Zustimmung Frankreichs bestimmt. Frankreich garantiert die Unabhängigkeit und Souveränität Monacos, aber bei wichtigen außenpolitischen Einzelentscheidungen muß Frankreichs Regierung konsultiert werden. Die Schizophrenie Frankreichs könnte nicht deutlicher gezeigt werden. Das ist so, als wenn am 29. November 1947 die Sowjetunion bei der Abstimmung über die Resolution 181 mit Ja, die Sowjetrepubliken Ukraine und Weißrußland aber mit Enthaltung gestimmt hätten. Oder will jemand behaupten, das sei eben die französische Freiheit, hier dürften Satrapen frei ihre Meinung äußern?
Wer das Abstimmungsergebnis, vom 31. Oktober 2011, kennen möchte, der muß wie so oft auf Blogs ausweichen, the human province veröffentlicht das Ergebnis unmittelbar nach der Abstimmung, darunter sämtliche 14 Neinstimmen. "No: Australia, Canada, Czech Republic, Germany, Israel, Lithuania, the Netherlands, Palau, Panama, Samoa, Solomon Islands, Sweden, United States of America, Vanuatu."
Zwar habe Frankreich Bedenken, aber wissend, wie die Stimmung ist, habe es Verantwortung übernehmen und grundsätzlich antworten müssen, sich nicht in einer heiklen Lage wiederfinden wollen, plutôt de se retrouver en porte-à-faux, hat der Sprecher des Quai d'Orsay dazu zu kommentieren und ein Diplomat, Herkunft unbekannt, die positive Entscheidung von Paris sei auch zustande gekommen, weil es unter den Europäern Uneinigkeit gegeben habe. Trauriger geht's nimmer, die Musterschüler zeigen, daß sie die Araber nicht vergrätzen wollen, ihnen keinen Vorwand bieten, der in Libyen investierten Milliarde Euro Steuergelder sowie der bewährten Vorzugsbehandlung verlustig zu gehen.
Ihr armen Träumer, sie werden es Euch nicht danken!
Im Artikel steht entgegen den Informationen der Seite 1, daß es in den USA zwei Gesetze von Anfang der 90er Jahre gebe, die die Finanzierung einer Unterorganisation der Vereinten Nationen verbieten, die Palästinenser als Vollmitglied akzeptiert. Im Aufmacher ist der Anti-Amerikanismus noch einmal verschärft worden, aus einer gesetzlich vorgesehenen Maßnahme wird eine Entscheidung. Anti-Amerikanismus wird auch deutlich in der Zwischenüberschrift: Vingt ans de boykott américain. Zwanzig Jahre Boykott der Amerikaner. Diese haben die UNESCO nicht boykottiert, sondern sie sind im Dezember 1984, ein Jahr später gefolgt von Großbritannien, dort aus- und am 12. Dezember 2002 wieder eingetreten, das sind exakt 18 Jahre. In einem Land, in dem "Boykott Israel", BDS, die Parole ist, in dem ein Allparteienkartell aus den Räumen der Nationalversammlung heraus ein Schiff Frankreichs der Gazaflottille 2011 unterstützt, kann ein Journalist keine Grenze erkennen zwischen politischer Fundi-Agitation und gesetzlich fundiertem Regierungsbeschluß.
Friends of Israel übernehmen die Überschrift des Figaro und ergänzen: Une première dans l’histoire: un non état, sans culture et sans histoire fait son entrée à l’Unesco. Eine Premiere in der Geschichte: ein Nicht-Staat ohne Kultur und ohne Geschichte hält seinen Einzug in die UNESCO. Der Phantom-Staat "Palästina" ist nunmehr autorisiert, den Anspruch der Araber und des Islam auf Jerusalem und das Westjordanland durchzusetzen, Anträge einzubringen, dortige religiöse und kulturelle Stätten als palästinensisch-islamisches Welterbe zu deklarieren, darunter jahrtausendealte christliche Stätten wie Bethlehem sowie noch ältere jüdische Stätten wie das Grab der Patriarchen in Hebron alias "Moschee" al-Haram al-Ibrahimi in al-Khalil, und Rachels Grab in Bethlehem, seit 2010, von der UNESCO akzeptiert, in Bilal ibn Rabah Moschee umbenannt. Finanziers dieser Projekte sind die EU und Saudi-Arabien. Friends of Israel erinnern, was während der Intifada II aus Josephs Grab, bei Nablus, geworden ist, als es von israelischer in palästinensische Verwaltung übergegangen war. "Die Stätte ist geplündert, angezündet, dem Erdboden gleichgemacht und dann in Moschee umbenannt worden."
Die Palästinenser feiern derweil ihren Erfolg als ersten Schritt zur Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Die fehlenden 70 Millionen Dollar der USA erwartet die UNESCO wahrscheinlich aus der Portokasse Saudi-Arabiens und der Scheichtümer, ergänzt von einigen Tuman des Iran. Ein Schlag mit dem Hämmerchen der UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokova hat stattdessen der Weltöffentlichkeit gleich zwei "Born Looser" präsentiert, die UNESCO, die gezwungen worden ist, sich dem Ansinnen der Araber zu beugen, und die Palästinenser, die durch Machenschaften ihrer Führer einmal mehr um ihr friedliches Leben gebracht werden.
Hierzu weiß der Israelfeind Adrien Jaulmes aus Jerusalem unter einer verqueren Überschrift zu berichten: Israël s'inquiète d'une "manoeuvre" qui pourrait compliquer la paix. Israel ist beunruhigt über ein "Manöver" das den Frieden verkomplizieren könnte. Wie ein Frieden verkompliziert werden könnte, den es nicht gibt, außer mit Ägypten (1979) und Jordanien (1994) nicht einmal mit den arabischen Staaten, das weiß nur der Korrespondent. Man liest des weiteren des Figaro frohe Botschaft La Palestine devient État membre de l'Unesco. Palästina wird Mitgliedsstaat der UNESCO. Dort findet man auch, ganz zum Schluß, die Mitteilung, daß Deutschland und Kanada gegen die Aufnahme gestimmt haben, und daß auch Israel seine Zahlungen an die UNESCO einstellen wird. Andere gewichtige westliche Staaten, die mit Nein gestimmt haben, werden nirgends erwähnt, Australien, die Niederlande, Schweden.
Die Palästinenser könnten nun, meint Adrien Jaulmes, die von Israel unternommenen Arbeiten verhindern, vor allem die an heiligen Stätten Jerusalems, einen der wichtigsten [sic!] Streitpunkte im israelisch-palästinensischen Konflikt. Adrien Jaulmes zitiert Ghassan Khatib, den Sprecher der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah: "Wir halten diese Abstimmung für besonders wichtig, da ein Teil unseres Kampfes gegen die israelische Besatzung zum Teil sich gegen die Versuche des Besatzers richtet, die palästinensische Geschichte auszulöschen und sie zu judaisieren. Die Abstimmung der UNESCO wird uns helfen, das traditionelle palästinensische Erbe zu bewahren."
Die palästinensischen Araber leben in einer Traumwelt, die durch keine Tatsache widerlegt werden kann. Ein palästinensisches Volk und eine arabisch-palästinensische Geschichte hat es niemals gegeben, das Gebiet ist bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Teil des osmanischen Reiches, es wird auch als Südsyrien bezeichnet. Eine palästinensische Identität wird im Vernichtungskampf gegen Israel erfunden, nach dem Sechstagekrieg 1967. Zuvor hat sich niemand dort als Palästinenser betrachtet, sondern als zugehörig zur arabischen Welt. Gaza ist von 1949 bis 1967 besetzt von Ägypten, es ist von den dort lebenden Arabern niemals als Besatzung empfunden worden, das Westjordanland gehört, gegen internationales Recht annektiert, von 1949 bis 1967 zu Jordanien.
Die Araber definieren ihre Identität, ihre nationale Einheit, aus der Negation, aus dem Kampf zur Vernichtung Israels. So bestätigt es der Fatah-Chef Farouq al-Qaddumi alias Abu Lotf. Am 11. November 2004, nach dem Tod Yasser Arafats, erklärt er in einem Interview mit dem Fernsehen der Hezbollah Al Manar TV, übersetzt im MemriTV Clip N° 344: "Widerstand ist der Weg, eine politische Regelung zu finden, weil wir nicht vorgeben, fähig zu sein, die israelische Armee zu besiegen. - [Interviewpartner:] Ja. - Aber diese Politik ist von der PLO bestimmt worden, wenn unser Bruder, der Märtyrer, unser Bruder der Präsident, Abu Ammar [Yasser Arafat] in die [Generalversammlung der] Vereinten Nationen, 1974, ging und sagte: 'Ich halte ein Gewehr in der einen Hand und einen Olivenzweig in der anderen.' - Ja. - (Arafat sagte:) 'Laßt den Olivenzweig nicht aus meiner Hand fallen.' Er meinte, 'Ich bin bereit zu politischen Verhandlungen, wenn es aber keine politischen Verhandlungen gibt, werden wir weiter das Gewehr tragen.' Das war seit 1974 klar." Das heißt, durch Terroroperationen Israel zu vernichten, die politische Regelung bedeutet, das gesamte Gebiet in der Ausdehnung des originalen britischen Mandats im Sinne des Phased Plans, vom 9. Juni 1974, unter eine arabisch-islamische Herrschaft zu bringen: Palästina.
Die Palästinenser stimmen überein, daß der Widerstand, das heißt Terror gegen Israel und seine Bewohner, die natürliche Grundlage für die nationale Einheit und den nationalen palästinensischen Dialog ist. Nicht nur gegen die Besatzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens ist der Widerstand zu richten, sondern auch und vor allem gegen Israel. Der palästinensische Botschafter im Iran erklärt nach dem Tod Yasser Arafats: "Wenn Sie mich fragen, was tatsächlich das Ende dieser zionistischen Einheit sein wird, werde ich Ihnen sagen, daß diese Einheit demnächst verschwinden wird." Nach der Fatah-Regel "Der bewaffnete Kampf sät, der politische Kampf erntet", ist mit dem Antrag auf Mitgliedschaft des nicht-existierenden Staates Palästina in der UNO und der Vollmitgliedschaft dieser Science-Fiction in der UNESCO die Phase des politischen Kampfes mit einem diplomatischen Etappensieg abgeschlossen, und es muß neu gesät werden.
Eine Intifada III steht an.
Dazu haben die arabischen Staaten die Führung der Palästinenser gedrängt. Ohne ihre Aktivitäten in UNO und UNESCO hätte Mahmud Abbas nicht einen Finger gerührt. Auf Grund der jetzt anstehenden Verwaltung der Folgen des "arabischen Frühlings", der massive strategische Verschiebungen im Nahen und Mittleren Osten bringen wird, können Saudi-Arabien, die Golfstaaten und sonstige sunnitische Unterstützer sich die Palästinenser im Verhandlungsstatus nicht leisten, sondern sie müssen ihre Terrorkapazitäten für die sunnitische Sache einsetzen. Syrien muß dem Iran entrissen und die Hamas-Führung zur Vernunft und zurück ins sunnitische Lager gebracht werden. Deren finanzielle und militärische Unterstützung durch den Iran ist beleidigend. Demnächst wird die politische Leitung der Hamas nach Kairo verlegt, im Kampf werden Fatah und Hamas gemeinsam gegen die Schiiten antreten. Das wäre nicht möglich, wenn sich Fatah und Hamas um die Regierung in einem Staate Palästina streiten müßten.
Israel wird aus dem Blick geraten, Finanzen sowie Kampf- und Terrorkapazitäten werden vor allem im Krieg um die Vorherrschaft in der islamischen Welt verheizt. So wie es kein gleichberechtigtes Zuammenleben zwischen Muslimen und Kuffar gibt, so gibt's auch keines zwischen Sunniten und Schiiten. Zur Entscheidungsschlacht darüber, wer die Region beherrscht, formieren sich die Muslime unter ihren jeweiligen Herrschern. In Tunesien und Libyen sowie voraussichtlich auch in Ägypten werden das sunnitische Fundamentalisten sein. Im Iran werden die Zügel bereits angezogen. Demnächst fällt die Funktion des Staatspräsidenten weg, und der oberste Ayatollah lenkt den Staat. Ein Premierminister wird ihm dienen. Der Dank an die Araber und an den Iran für diese Klarheit ist überfällig - und nicht etwa Gezeter über die Marionette Mahmud Abbas, die in der UNO mit einem Antrag wedelt.
Israel sei wachsam und folge "Exodus 14:14".