15. Mai 2015

Frankreich. Die Maiwoche der Festlichkeiten 2015

Liebe Freunde!

Meine Herrin verreist, und ich darf wieder einmal nicht mit, diesmal unter dem Vorwand, daß ich als deutscher Heidschnuckenbock vielleicht ausbüchsen und in Deutschland bleiben würde, nur, weil ich die Zustände in Frankreich böse beblöke, dabei solltet Ihr sie erst hören, wenn sie loslegt!

"Schaf," befiehlt sie, "unsere Leser haben eine Weile keine Nachricht mehr von uns erhalten, fasse bitte zusammen, was in der letzten Woche los war!"

"Was gibt's denn Neues?" blöke ich sie an, "mich läßt du doch nie die Quellen notieren. Wo können die Leser das finden, was ich jetzt blöke?" - "Hier, und nun fang an, ich muß noch packen!"

Qui habet aures audiendi audiat

Yves Thréard macht sich im Figaro her über Najat Vallaud-Belkacem, die Erziehungsministerin Frankreichs, die endlich schaffen will, was Sozialisten aller Richtungen seit Generationen immer wieder einmal versuchen: zugunsten der allgemeinen Unbildung die Bildung für alle abzuschaffen. Kein Griechisch und Latein mehr, Abschaffung der zweisprachigen Französisch-deutsch-Klassen, Christliches Mittelalter und Zeit der Aufklärung nur noch als Wahlfach, Islam als Pflichtfach, Wohlfühlschule statt Leistungsorientierung.

"Als Einstieg dazu diffamiert sie die Intellektuellen Frankreichs als 'pseudo-intellectuels'," seufzt meine Herrin, "darin sind Linke wie Nationalsozialisten geübt. Hier, lies den Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung! Von August Bebel bis Adolf Hitler ist 'Intellektueller' ein Schimpfwort. Darin sind sich Internationalsozialisten und Nationalsozialisten einig." "Und die Muslimfunktionäre heute ebenfalls?" blöke ich schüchtern.
  • Am Pranger stand immer "der Intellektuelle". Er war: "abstrakt", "instinktlos", "kalt", "blutleer", "krank", "wurzellos", "verbildet", allemal brillenbewehrt, "jüdisch", "zersetzend", ohne "gesunden Menschenverstand", "Neinsager" aus Prinzip, kurz: Er war der "undeutsche" Typ schlechthin. 

"Zu der Zeit wird der Begriff 'Intellektueller' in Frankreich zur Ehrenbezeichnung, da gibt es ein Manifeste des intellectuels, vom 14. Januar 1898, entstanden im Rahmen der Dreyfus-Affäre. Das ist lange her," seufzt sie, "und diejenigen, die ein solches Manifest heute schreiben könnten, sterben in Frankreich aus, immer seltener werden auch diejenigen, die nicht antisemitisch sind, sondern auf Seiten der Juden und Israels stehen."

"Hinzu kommen die muslimischen Judenhasser," blöke ich böse, "ist Najat Vallaud-Belkacem auch eine Judenhasserin?" Meine Herrin antwortet prompt: "Sicher, Schaf, das gebietet ihr der Koran."

"Aber, Herrin, zum 8. Mai eines jeden Jahres feiern die Franzosen doch die Befreiung vom Nationalsozialismus, oder?" - "Schaf, dieses Jubiläum benutzen Politik und Medien Frankreichs schon seit vielen Jahren, um den Sieg über Deutschland zu zelebrieren, so machen sie es auch am 11. November. Es bleibt ihnen Deutschland gegenüber ja sonst nicht viel."


Da protestiere ich aber und verweise darauf, daß bei uns, in Perpignan, am 8. Mai, drei Widerstandskämpfer und ein Soldat des WKII aus den Händen der Präfektin Josiane Chevalier den Orden Légion d'honneur empfangen haben.

"Ja, und?" erwidert meine Herrin spitz. "Hast du vergessen, daß im Figaro Jahr für Jahr seitenweise die mit dem Orden geehrten Leute gelistet werden? Jedes Jahr sind es 3 000, daß ehemalige Kollaborateure, daß Palästinenserfreunde und andere Israelhasser mit dem Orden geschmückt werden, denk nur an Charles Enderlin, den 'Lügner in allen Sprachen', daß jedes kleine Filmsternchen sich des Ordens rühmen kann? Hast du vergessen, daß unser seliger Freund Pierre A., Widerstandskämpfer, im KZ Neuengamme beinahe verhungert, auch mehr als vierzig Jahre nicht berücksichtigt wurde?"
  • Kommentator André Toustou: "Aber warum so lange warten, um ihnen diese Ehre zu erweisen, während Hunderte Personen sie bereits seit 25 oder 30 Jahren haben? Und wofür überhaupt? Aber es ist ja gut, daran gedacht zu haben ..."
Nun will ich darüber nichts mehr hören: "Was gibt's noch?" blöke ich frech. 


"Ach, nichts weiter, nur daß die Regierung eben eine neue Steuerquelle auftut, in dem sie bei den ankernden Booten in den Yachthäfen bei jedem Ankern 20 € pro Meter Bootslänge abzocken will. Der Vorwand ist, die Anker wühlten den Boden auf, was der Umwelt schade und und für teures Geld repariert werden müsse." 

"Aber Herrin, das trifft doch die Reichen, die haben Geld genug und können löhnen!" Sie kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und geifert los: "Ach, ja? Und was ist mit denen, die sich vom Ersparten ein kleines Boot gekauft haben? Einer sagt, sein Boot sei 6,20 m lang, für jedes Ankern wären das 120 €. Das könne er sich nicht leisten, und er müßte sein Boot verkaufen, wenn's denn einer noch haben wollte.

Und was ist mit der Tauchschule, die ein Boot von 12 m Länge betreibt? Es fährt während der Saison täglich zweimal raus. 'Ich kann meinen Laden dichtmachen!' erklärt der Besitzer der Tauchschule. Und die Besitzer von Yachten müssen schon verschiedene Steuern bezahlen. Allein für das Recht, ein Boot zu besitzen, fließen 47 Millionen € in die Staatskasse."

Ich will von dem allen nichts mehr hören. Da meint meine Herrin: "Gut, einverstanden. Dann gönne ich dir doch noch Geschichten aus der guten alten Zeit, als Sozialisten durch Leistung und nicht durch Frauenquote und Religionszugehörigkeit an ihre Posten kamen. Yves Thréard buddelt Jean Jaurès und Léon Blum aus, die beiden Ikonen der Sozialisten. Die Sozialisten von heute verrieten sie: Jaurès et Blum, les socialistes sont en train de vous trahir !

Jean Jaurès ist auf seinem Gymnasium ein ausgezeichneter Schüler, Preisträger im Fach Latein, 1878 schließt er die École Nationale Supérieure (ENS) als drittbester ab, hinter dem großen Philosophen Henri Bergson, seine Dissertation verfaßt er, wie seinerzeit üblich, in Latein.

Léon Blum erhält auf dem Gymnasium den zweiten Preis in Philosophie, er ist ebenfalls Absolvent der ENS. Er wird ein unerbittlicher, gefürchteter Literaturkritiker. Yves Thréard schreibt:

"Bereits 1933 äußerte er sich beunruhigt in der Revue des deux mondes zum Krieg, der den klassischen Fächern erklärt wurde: 

'Was einen am wenigsten gleichgültig sein sollte, das ist die Versessenheit der Abgeordneten der Linken seit ungefähr vierzig Jahren, in Frankreich die griechisch-lateinischen Studien zu zerstören, die Lehrerin des Staatsbürgertums und der Freiheit. (...) Unsere Reformatoren sorgen sich weniger um die Erziehung als um die Politik. Trotz der Augenscheinlichkeit der Tatsachen mehr oder weniger überzeugt, daß Griechisch und Latein das Volk daran hinderte, in höchste Staatsfunktionen aufzusteigen, anstatt die Elite der besten Kinder der Armen an die humanistischen und liberalen Studien heranzuführen, befassen sie sich damit, diese vermeintlichen Hindernisse zu beseitigen, in dem sie vorziehen, die Kultur der Gymnasien auf das Niveau von Grundschulen zu senken.' So ist es geschickt! So bleibt es aktuell! Die Sozialisten von heute sollten Léon Blum noch einmal lesen."
  • Rien de plus déconcertant que l’acharnement des députés de gauche, depuis une quarantaine d’années, à détruire en France les études gréco-latines, maîtresses de civisme et de liberté. (…) C’est que nos réformateurs se sont moins souciés d’éducation que de politique. Plus ou moins convaincus, malgré l’évidence des faits, que le grec et le latin empêchaient le peuple d’accéder aux plus hautes fonctions de l’État, au lieu d’élever l’élite des enfants pauvres aux études humaines et libérales, ils se sont attachés à supprimer ce prétendu obstacle, préférant ravaler la culture des lycées au niveau du primaire. » Comme cela est envoyé ! Comme cela reste d’actualité ! Les socialistes d’aujourd’hui devraient relire Léon Blum…
Und wenn ich dir nun sage, Schaf, daß Léon Blum das nicht erst 1933, sondern schon am 15. Mai 1923 in der Revue de Paris unter dem Titel La bataille des Humanités thematisiert hat, dann staunst du ob der Bildung der zeitgenössischen Journalisten, nicht?" Ich schweige betreten, dann aber platze ich heraus: "Und warum nennt Yves Thréard den Titel nicht? Quarante ans de guerre aux études classiques. Vierzig Jahre Krieg gegen die Studien der Klassik. Und warum verfälscht er Textstellen wie diese; sie heißt bei Léon Blum so, nachzulesen auf Seite XXXI einer Festrede  des Herrn Raoul Baladié, vom 23. Juni 1999. Allocution de M. Raoul Baladié
  • Rien de plus déconcertant que l’opiniâtreté des politiciens d'extrême-gauche, depuis une quarantaine d’années, à détruire en France les études gréco-latines, maîtresses de civisme et de liberté, et à introduire en France un régime scolaire imposé par Guillaume II aux Universités de Prusse en haine de la démocratie.
Er meint nicht die sozialistischen Abgeordneten, sondern die Politiker der extremen Linken. Und warum setzt er hinter liberté einen Punkt und läßt den Rest aus: (...)? Der Satz lautet so:

Was einem am wenigsten gleichgültig sein sollte, das ist die Versessenheit der Politiker der extremen Linken seit ungefähr vierzig Jahren, in Frankreich die griechisch-lateinischen Studien zu zerstören, die Lehrerin des Staatsbürgertums und der Freiheit, und ein den preußischen Universitäten von Wilhelm II. aus Haß auf die Demokratie aufgezwungenes schulisches Regime einzuführen."

"Ja," meint meine Herrin, "und du kannst davon ausgehen, daß er diese Verfälschung nicht der deutsch-französischen Freundschaft wegen liefert, sondern weil die Parallele zur Erziehungsministerin zu offensichtlich wäre. Heute sollen von Najat Vallaud-Belkacem und ihren politischen Freunden in Frankreich die Studien der klassischen Fächer auf Grund ihres Hasses auf die Demokratie und ihrer Absicht der Islamisierung Frankreichs wegen beendet werden, deshalb soll den Schülern der Zugang zur griechisch-römisch-christlichen Kultur verwehrt bleiben, und der nächste Schritt wird sein, zweisprachige französisch-arabische Klassen einzuführen. Dann kann der Koran endlich im Original gelesen werden."

"Grundlagen durch das Pflichtfach Islam sind dann schon geschaffen, und Frankreich wird schneller zum Houellebecq-Staat, als je befürchtet!"

Blök!
aries vester