28. August 2019

Brexit. Boris Johnson exit?

Heute, 28. August 2019, sieht man auf Sky News Interviews mit Abgeordneten, die wollen, daß Großbritannien in der EU bleibt und empört sind über die Möglichkeit, daß Boris Johnson  das Unterhaus nicht an der Brexit-Entscheidung für "No Deal" beteiligt. Dieselben Abgeordneten, etwa die Hälfte der 486 Remainer, haben im Wahlkampf zum Unterhaus die Wähler betrogen und ihnen weisgemacht, sie würden sich für einen geordneten Ausstieg Großbritanniens aus der EU einsetzen. Sie haben aber, nach dem Wahltag, 8. Juni 2017, und bis heute das Gegenteil ihrer Versprechungen durchzusetzen versucht. Der Trick dabei war der von der Remainerin Theresa May ausgehandelte Deal, der de facto keiner war, sondern die Legalisierung des Verbleibs Großbritanniens ohne Stimmrecht [!] in der EU. Deshalb die Regelung des Backstops, ein Knebelvertrag, ausgearbeitet von drei DeutschenBrexit. Anne Will und das mangelnde deutsche Problembewußtsein, Artikel vom 20. Januar 2019. Die Remainer setzten darauf, daß es das Volk bald satt hat und der Brexit von der Remainer-Regierung beerdigt werden kann.

Die Queen billigt, daß Boris Johnson, frühestens am 9. und spätestens am 12. September 2019, das Parlament vertagt bis zu ihrer Rede, am 14. Oktober 2019. Die Sitzung des Europäischen Rates findet statt, am 17. und 18. Oktober 2019. Danach haben die Remainer Zeit bis zum 31. Oktober 2019, zu einem neuen Vertragsentwurf, zu Mißtrauensvoten, Gesetzesvorschlägen, Anträgen und Briefen "Yours ever" zur Verhinderung des Brexit und zum Sturz des Premierministers: Ordeeer!

Update, vom 29. August 2019
Wie erwartet, geifern besonders die Merkel-Medien gegen Boris Johnson.

Hier ist der unveränderte Text meines fünf Tage nach dem Referendum veröffentlichten Artikels vom 28. Juni 2016, angereichert mit Artikeln in denen "Brexit Exit" erwähnt wird:

Nach Lektüre des heutigen Figaro komme ich zum Ergebnis, daß jetzt, ausgehend vom Artikel 50 des Lissabon-Vertrages, der größte politische Betrug der Nachkriegszeit in Gang gesetzt wird.


Es ist dem austrittswilligen Land überlassen, wann es seinen Austritt erklärt. Die Briten wollen ihn erst erklären, wenn die Verhandlungen mit der EU über die Nach-Brexit-Zeit grundsätzlich abgeschlossen sind. So erklärt es Finanzminister John Osborne in der gestrigen Debatte des Unterhauses.

Auch Boris Johnson hat keine Eile mit dem Brexit. Nigel Farage ist "aufgeregt", ob sich dessen Position zum Brexit aufweicht. Ja, sicher, was dachten Sie denn?

Et si le Royaume-Uni ne quittait jamais l'Union européenne? Und wenn das Vereinigte Königreich die EU niemals verließe? titelt Le Figaro den Artikel seines Brüssel-Korrespondenten Jean-Jacques Mével. Es folgen in aller Offenheit die Machenschaften, die den Verbleib sichern könnten. Den Link zum Premium-Artikel, der heute ausnahmsweise von Nichtabonnenten gelesen werden darf, nennt das Blatt "le Brexit arlésienne de l'éte".

"Eine 'Arlésienne' ist etwas, dass in aller Munde ist, daß man aber nicht zu Gesicht bekommt," weiß der Internet-Léo. Die Arlésienne des Sommers!

"Einige Monate mariniert in einer Brühe des internen politischen Chaos und der wirtschaftlichen Instabilität, könnten die Briten sehr wohl einen Rückzieher machen. Warum sollten die Kontinentaleuropäer auf Tempo drücken, wenn sich das Problem auf Dauer von allein lösen kann? ... Was ein Referendum ergeben hat, kann eine andere Abstimmung wieder ändern, ohne die Demokratie zu verleugnen. ... Die pro-europäischen Abgeordneten dominieren die Gemeinden, und die Regierung könnte die notwendige Bestätigung des Referendums vom 23. Juni verweigern."

Tony Blair will ein zweites Referendum, er will abstimmen, bis das Ergebnis paßt. Andere setzen auf vorgezogene Neuwahlen, weil der Nachfolger von Premierminister David Cameron nicht in der Lage sein wird, "die Träume von der Großartigkeit des 23. Juni" zu honorieren.

"Die politische Londoner Klasse sollte die Möglichkeit haben, noch einmal über die Folgen eines Austritts nachzudenken," erklärt Peter Altmaier gezielt indiskret.

Daran denke man in Brüssel und Berlin. Darum haben Angela Merkel und ihr engerer Kreis keine Eile. Frank-Walter Steinmeier steht mit seiner Konzeption allein da. Angela Merkel sitzt seit zehn Jahren die wichtigsten Probleme Deutschlands und der EU aus. Davon handeln zwei Seiten des Figaro von heute, daß weder sie noch François Hollande den geringsten Plan haben, wie es mit der EU weitergehen könnte. Das scheint auch nicht nötig zu sein.

Der Betrug an den eigenen Wählern, auch der Betrug an denjenigen, die für einen Verbleib in der EU gestimmt haben und mitgeteilt bekommen, daß auch ihre Stimme nicht zählt, ist so überwältigend, daß Pläne nicht nötig sind. Alle Bürger sehen, daß sie nichts bewirken können, daß dafür oder dagegen zu stimmen, vollkommen gleichgültig ist. Was interessieren da noch Pläne?

Wie ich die hoffnungsvolle Jugend des UK einschätze, verbucht sie das als Sieg.

Update, vom 29. August 2019

In der ZEIT ereifert sich der "Weltreporter" Peter Stäuber, Autor beim Rotpunktverlag. DIE ZEIT nennt das "Analyse". Andere Merkel-Medien liegen auf derselben Linie, SPIEGEL, Tagesspiegel, FAZ, watson, FOCUS überbieten sich in Schelte. Einfach mal brexit johnson parlament googlen und die News anklicken. Allein das "Westfernsehen", die NZZ, hat sachliche Worte für ihr Publikum:

Boris Johnsons Plan, das Parlament auszuschalten, zeugt von Machtstreben in höchster Konsequenz.
Von Peter Rásonyi, NZZ, 28. August 2019

Was aber auch dort nicht berichtet wird: Dieser politische Schachzug ist nicht nur legal, sondern er hat Tradition. Das muß man im Figaro lesen, daß u.a. Theresa May ihn benutzt hat, um mit ihren Remainer-Kollegen den Brexit in die Tonne zu treten. Kein deutsches Merkel-Medium berichtet davon, daß die Remainer seit dem 23. Juni 2016 alle Wähler betrügen, auch diejenigen, die für den Verbleib in der EU stimmten; denn deren Stimme zählt bei der Remainer-Clique ebenso wenig.

"Brexit: Boris Johnson begibt sich in eine Kraftprobe mit dem britischen Parlament"
Brexit : Boris Johnson engage un bras de fer avec le Parlement britannique. Par Amandine Alexandre,

"Die Unterbrechung der parlamentarischen Sitzungen an den Tagen, wenn nicht Wochen vor der Queen's Speech, ist Teil der Sitten und Gebräuche des Parlaments von Westminster, die Rede der Königin kennzeichnet den Beginn einer neuen Legislaturperiode. Auf gleiche Art zieht jedes Jahr, von Ende September bis Mitte Oktober die Durchführung der Kongresse der politischen Parteien eine Unterbrechung der Sitzungen des Unterhauses und des Oberhauses von drei Wochen nach sich. Allerdings findet die von Boris Johnson gewünschte Unterbrechung der parlamentarischen Arbeit von fünf Wochen ihre Erklärung woanders: im Brexit Kalender."

Nirgends liest man, wie ein vom Parlament gewünschter annehmbarer Deal zustande kommen könnte. Die EU-Kommission wird nicht müde zu erklären, es käme nur der nach ihren Vorgaben ausgearbeitete und am 25. November 2018, bestätigte Vertrag in Frage; er sei nicht verhandelbar.

"Verräterische Worte  vom [EU-Unterhändler] Michel Barnier, 2016: "'Ich werde meine Aufgabe erfolgreich ausgeführt haben, wenn am Ende der Vertrag für die Briten so hart ist, daß sie es vorziehen, in der EU zu bleiben'."

"Hey, großer Hosenträger/Strumpfhalter *harrharrharr* Boris Johnson läßt mit dem Kabinettstück der Schließung des Parlamentes zur Durchsetzung des Brexit herum torkelnde Remainer zurück"
HEY BIG SUSPENDER Boris Johnson leaves Remainers reeling with masterstroke to close Parliament to push through Brexit. By Steve Hawkes, Matt Dathan, Nick Gutteridge. 

Die kleinen Sünden straft der Herr sofort, mit den größeren läßt er sich mehr als drei Jahre Zeit!

Es gibt auch Brexiteers, so das Mitglied der Brexit Party und des EU-Parlaments, den Geschäftsmann Benyamin Habib, der meint, Boris Johnson mache nur No-Deal-Theater, stattdessen wolle er bei der EU-Kommission den Deal der Theresa May minus den Backstop herausschlagen und den drei Mal abgelehnten Deal zum vierten Mal zur Abstimmung im Unterhaus einbringen. Das aber würde die Brexiteers entrüsten. Für Spannung und Unterhaltung in den nächsten Wochen ist gesorgt.

Eine ganz andere Frage: Kann sich jemand vorstellen, was es für Großbritannien, für die Briten und ihre Regierung, außen-, innen- und wirtschaftspolitisch bedeuten würde, wenn es nach den letzten drei Jahren und vier Monaten mangels Fähigkeit zur Durchsetzung der Entscheidung des Brexit-Referendums, vom 23. Juni 2016, in der EU verbliebe? Ich kann: Von denen nähme kein Hund mehr ein Stück Brot, allen voran diejenigen in der EU, die jetzt heiße Zähren weinen.

Der letzte Stand des Betruges an den britischen Wählern immer hier: