18. April 2025

Israel einer Anfängerin [2]: Von Barcelona nach Tel Aviv

"Erste Karte der katalanischen Sprache"
1900. Primer mapa de la llengua catalana. Por Francesca Roca, 

Das habe ich nun davon, daß ich die mediterrane Idee, das mare nostrum, den lac catalan, unser Meer, den katalanischen See des 13. und 14. Jahrhunderts, beim Kofferpacken zum Leitmotov mache: Berber, Karthager, Griechen, Römer, Araber, Juden, Christen, Muslime - sie alle wohnen um das Meer herum, und Perpignan ist die heimliche Hauptstadt dieser Landschaft, el centre del món!

In Frankreich führt das koloniale Abenteuer zur Suche nach der lateinischen Identität, in der Charles Mauras und Henri Pirenne eine durch den Islam beschädigte romanische Harmonie verteidigen. Das griechische maritime Bewußtsein ist am Ägäischen Meer zu Ende, und das Seefahrergenie dieses Volkes führt nicht zu einem mediterranen Bewußtsein. In Spanien ist es Widerspruch und Zweideutigkeit: katalanischer See, dann koloniale Ausdehnung nach Afrika und jetzt euro-mediterrane Aufgabe. Deutschland, darin weniger verwickelt, hat eine mehr intellektuelle Vorstellung: Hegel setzt das Mittelmeer ins Zentrum der drei Kontinente der Alten Welt, Goethe findet dort Arkadien.

Noch heute gibt es ums Mittelmeer Städte und Dörfer, in denen katalanisch gesprochen wird, beispielsweise in Alghero oder Alguer, genannt Barceloneta, im Nordwesten Sardiniens, auch im Libanon soll's katalanisch sprechende Minderheiten geben.

Wenn's so ist, dann gilt auch das hauptstädtische Wetter, meine ich, und ich kann nicht genug der Woll- und Baumwollpullover einpacken, immerhin dauert die Reise drei Wochen. Gerade noch halte ich mich zurück, einen Mantel mitzuschleppen - dann muß ich eben manchmal frieren. Im Norden Israels soll's kalt sein, wie bei uns eben. Ins Internet schaue ich nicht, um Auskunft über das Wetter in Israel zu erhalten. Schon ein Blick auf die Karte des Mittelmeeres hätte mir gezeigt, daß selbst der nördlichste Ort Israels viel weiter südlich liegt als Perpignan.

K'neged Arba'ah Banim. "An diesem Tag erzähl deinem Sohn: Das geschieht für das, was der Herr an mir getan hat, als ich aus Ägypten auszog. ("Ex 13,8). Damit ist gewiß ein Kind gemeint, das noch nicht zu fragen versteht. Ich verhalte mich wie das Kind, das nicht über den Auszug aus Ägypten zu fragen versteht, und leider erzählt mir niemand von selbst über das Wetter in Israel. Die Temperatur in Tel Aviv beträgt noch heute, Ende November, zwischen 13 und 20 Grad.

Das Flugzeug der Iberia aus Madrid und Barcelona landet pünktlich um 4:05 Uhr, am 25. Oktober 2007, auf dem Flughafen Ben Gurion. Eine israelische Flagge begrüßt die Ankömmlinge, die zur Gepäckausgabe strömen, wo sie auf dem Display die Nachricht erhalten: Der erste Koffer wird um 4:28 Uhr erwartet. Da habe ich gerade noch Zeit, einige Euro gegen Schekel umzutauschen. Ich entziffere mein erstes Wort in hebräisch: Bank, aber es steht auf lateinisch darunter. Nun warte ich darauf, daß eintritt, was ich öfter gelesen habe: das lange Warten bei der Paß- und Zollkontrolle. Wenigstens darüber habe ich mich vorher informiert, daß es Stunden dauern könne. Fotos von der überfüllten Wartehalle anbei. Ich habe extra mein Hotelzimmer erst für die kommende Nacht gebucht, weil ich damit rechne, gegen Mittag im Hotel anzukommen.

Wie staune ich, daß ich nach einer kurzen Befragung, was mich nach Israel führe, ohne jede weitere Kontrolle sofortest ins Land entlassen werde, da ist es knapp 5 Uhr. Also, her mit der ersten Papierausgabe der Jerusalem Post (JP), her mit dem Taschenwörterbuch Français - Hebreu, von Prolog Publishing Ltd., und in der Ankunftshalle ausgiebig gefrühstückt. Ich muß über mich lachen, weil mir auffällt, daß mich so viele Juden umgeben, alte und junge, große und kleine; zu Hause kenne ich vielleicht ein Dutzend, und hier sind sie überall, 'n richtiges Nest!

"Eins zu Eins: Wird Israel überleben?"
One on One: Will Israel survive? By Ruthie Blum Leibowitz, JP, 24 October 2007

Ich stecke meine Nase in die neueste JP und lese das Interview von Ruthie Blum Leibowitz mit dem Nahost-Experten Mitchell Bard zu seinem Buch Will Israel survive? Nein, meint er, "es wird florieren".

Dann lese ich den Artikel des Khaled Abu Toameh: PA worried by radicals' attempt to create new PLO, "Palästinensische Autonomiebehörde besorgt über den Versuch der Radikalen, eine neue PLO zu gründen". [nicht online] Mein alter Freund Faruq al-Qaddumi / Farouq Kadumi alias Abu Lotf , der mit Mahmud Abbas letzte Überlebende der Fatah-Gründung von 1959 [verstorben in Amman, am 22. August 2024, p.b.u.h.], will eine radikale neue PLO gründen. Von wegen, der ist zu alt zu Abenteuern!

Er definiert die Identität der palästinensischen Araber aus dem Widerstand gegen die Existenz des Staates Israel, womit er indirekt bestätigt, daß es aus sich heraus und eigenständig keine arabisch-palästinensische Nation gibt: Am 6. Oktober 2002 erklärt er in einem Interview mit der Zeitung Al-Bayan, Dubai, die PLO erkenne Israel nicht länger an, sie richte sich nicht mehr nach der Palestinian National Charter von 1964, sondern nach der geänderten Version vom Juli 1968, die alle Maßnahmen zur Zerstörung Israels, der "alien entity" vorschreibe. Er verfolgt seinen Plan konsequent weiter, fünf Jahre später, zur gleichen Zeit, in der die Konferenz in Annapolis/Maryland stattfindet, soll zur Stärkung der Herrschaft der Hamas im Gazastreifen in Syrien und in Gaza darüber konferiert werden.

"Hamas warnt nach Gesprächen vor Gewalt"
Hamas warns of violence after talks. By Conal Urquhart in Jerusalem, 

"Vertreter der Hamas haben eindringlich davor gewarnt, daß die israelisch-palästinensische Friedenskonferenz in Annapolis diese Woche wahrscheinlich eher zu mehr Gewalt als zu einer Einigung führen werde. Unter anderem droht die Hamas damit, ihren eigenen „Widerstand“ gegen die israelische Besatzung zu verstärken."

Dies als Antwort an alle, die nicht aufhören zu behaupten, nur Verhandlungen führten zum Frieden.


Nun reicht's mir aber erst einmal, und ich beschließe, zum Hotel zu fahren, zum Beit Immanuel Guesthouse, in Jaffa. Da komme ich gegen 6:30 Uhr an, und niemand ist dort. Wie angekündigt, öffnen die Pforten erst um 8 Uhr, aber nicht für mich, wie sich rasch zeigen wird; denn die Messianic Congregation nimmt's genau: selbst schuld, wer sparen will oder muß, das Zimmer ist nicht vor Mittag bezugsfertig, derweil könne ich aber auf meine Rechnung ein Frühstück einnehmen und anschließend gern zum Beten in den Betraum kommen.

Um mich herum wuseln lauter merkwürdige Menschen, einige mit jüdischen Vornamen. Einer erklärt, er sei ein russischer Jude, die anderen sind aus manchem Land, nur nicht aus Israel - und Juden sind das auch nicht, möchte ich wetten. Während ich in dem kleinen Gärtchen, auf der Frühstücksterrasse fast vier Stunden vor mich hin schwitze, fragt mich die Empfangsdame zwischendurch: "Frieren Sie? - ??? - Sie sind so dick angezogen!" Die christliche Fürsorge verschlägt mir die Sprache. Na, Sie können bereits jetzt in ihr Zimmer, eigentlich steht es Ihnen nicht vor 12 Uhr zur Verfügung. Da ist es 11:30 Uhr, und ich kann mir in dem geräumigen Zimmer eines von drei Betten aussuchen.

Demnächst mehr ...

20. November 2007 - Verbesserungen und Ergänzungen. 18. April 2025

Bisher erschienen:

Israel einer Anfängerin: Episodio de la Historia. 17. November 2007
Israel einer Anfängerin [2]: Von Barcelona nach Tel Aviv, 20. November 2007
Israel einer Anfängerin [3]: Tel Aviv-Yafo, 24. November 2007
Israel einer Anfängerin [4]: Tel Aviv, 25. November 2007
Israel einer Anfängerin [5]: Neve Tsedek - Rehovot. 26. November 2007
Israel einer Anfängerin [6]: Kfar Saba. 3. Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [7]: Maalot-Tarshiha. 7.Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [8]: Maalot-Tarshiha in Perpignan. 9. Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [9]: Shlomo Bohbot, Maalot und Tarshiha. 13. Dezember 2007