Jetzt ist endlich der Bericht zu Maalot-Tarshiha fällig, noch dazu, da Shlomo Bohbot, der Bürgermeister der Partnerstadt von Perpignan, mit seiner Familie in Perpignan weilt, und ich die große Freude habe, ihn hier mehrmals zu treffen. Am 6. Dezember hat er das dritte Licht am Hanukkah-Leuchter angezündet, der vor dem Couvent des Minimes errichtet ist, am Ort der alten Call, des jüdischen Viertels von Perpignan.
Der Begriff Call kommt vom lateinischen callis, Pfad, Gasse.
Hier hat Menahemben Solomon Ha-Méiri (1249 - 1316) gelebt, der Erleuchtete, der berühmte Rabbiner, Philosoph und Kommentator des Babylonischen Talmuds Betha behira, zur Zeit des Königreichs von Mallorca. Er wird der "tolerante Rabbi" genannt, weil er für den Dialog der drei Religionen Judentum, Christentum und Islam eintrat. Wie man sieht, sind manche Illusionen über Jahrhunderte unausrottbar. Sein katalanischer Name ist Don Vidal Solomon. Die Stadt Perpignan eröffnet zu seinen Ehren am Couvent des Minimes, am 12. Januar 2004, einen Garten, den Jardin Menahem ben Solomon Ha-Méiri, und widmet ihm eine Gedenktafel.
The History of Jews in the City. Menahem ben Solomon Ha-Meiri Don Solomon Vidal (1249-1316).
In: Jean Paul Alduy/Javier Otaola in association with Maurice Halimi and Michel Bolasell:
Über die Spuren des jüdischen Lebens in Perpignan und in dem Gebiet zwischen Narbonne und Girona berichtet dreisprachig, katalanisch, französisch und englisch, Martine Berthelot:
BERTHELOT, Martine : Narbonne, ruta jueva = Route juive = Jewish route, a/ To Girona
Sources 2002, Bibliotheca Sefarad
Bürgermeister Jean-Paul Alduy versucht, trotz des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern durch die Partnerschaften zwischen Perpignan-Tyr und Perpignan-Maalot-Tarshiha eine Tür zu öffnen zur Verständigung in der Region. Eines Tages werden sich diese Kontakte zu aller Nutzen auszahlen. Es handelt sich um eine längerfristige Investition in die Zukunft.
Von Kfar Saba gibt es keine direkte Verbindung nach Maalot-Tarshiha. Am 1. November bringt mich Hanna zum Bus nach Haifa. Die Höllenhündin Nika ist mit dabei, da ich aber inzwischen Freundin des Hauses bin, macht sie keinen unnötigen Lärm bei meinem Abschied, sondern wedelt mit dem Schwanz. Der Bus nach Haifa ist gerade im Begriff abzufahren, Wartezeit ist nicht. Das erlebe ich des öfteren in Israel, die Verbindungen in alle Orte des Landes sind vorzüglich. Wer dort wohnt, bedarf nicht unbedingt eines Autos. Von Haifa aus gibt es keine direkte Verbindung nach Maalot-Tarshiha, sondern ich muß über Akko nach Nahariya. Allerdings geht es erst sehr umständlich nach Mifraz. Der Bus hält an jeder Milchkanne, wie man auf Deutsch dazu sagt.
Sally, aus Maalot-Tarshiha, will mich in Nahariya abholen. Ich kann sie vorab nicht unterrichten, wann genau ich ankomme, und setze darauf, daß ich das von unterwegs telefonisch erledige. Aber in Mifraz ist das einzige öffentliche Telefon außer Betrieb. Na, mache ich das eben am Busbahnhof von Nahariya. Dort angekommen, geht das Telefon ebenfalls nicht. Was tun?
Ein junges Paar sitzt an einem Tisch und ißt Pita. Jetzt brauche ich beider Hilfe und frage, ob sie ein Mobilphone besitzen, mit dem ich vielleicht Sally anrufen kann. Klar! Nachdem Sally Bescheid weiß, unterhalten wir uns radebrechend in englisch, bis sich herausstellt, daß die Frau aus Schiraz stammt. So gibt's noch eine weitere Sprache, in der man sich verständigen kann. Es ist kaum zu glauben, welche längst vergessenen Vokabeln einem wieder ins Gedächtnis kommen, wenn man sie braucht. Das Ehepaar baut in einem Nachbarort von Nahariya Lychees an. Die Frucht wird in Israel bzw. Palästina seit den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts gezüchtet.
Sally kommt an, und wir fahren nach Maalot-Tarshiha. Ich möchte mir die Partnerstadt von Perpignan ansehen und den Bürgermeister besuchen. Ich wohne in einem über eine eiserne Wendeltreppe zu erreichenden Gästeappartement im grün angestrichenen, üppig von Pflanzen überwucherten Haus von Régine und Paul; die beiden Israelis stammen aus Frankreich und aus England. So leben jetzt unter einem Dach eine Französin, ein Engländer und eine Deutsche aus Frankreich. Wo? In Israel.
In dem geräumigen, ganz im indischen Stil eingerichteten Appartement befindet sich eine in den Fußboden eingelassene Jacuzzi, gleich vorn, wenn man von der Terrasse aus die große Glasschiebetür öffnet. Ich kriege mich nicht ein vor Lachen, weil ich diesen Firlefanz schon bei Freunden in Puerto Escondido, Mexiko, genossen habe. Keine Villa ohne Jacuzzi, allerdings kenne ich bislang nur welche in den Gärten, mit Blick auf den Pazifik, in dem man leider in nur wenigen Buchten schwimmen kann, weil das Meer, ähnlich wie Pazifisten, trotz des Namens gar nicht friedlich ist. Welcher Ausreden bedarf es, daß ich mich nicht täglich in das wirbelnde Wasser der Jacuzzi begeben muß! Régine erklärt mir, daß israelische Urlauber unbedingt Jacuzzis wollen, sonst ist das kein gelungener Aufenthalt.
Leider ist Régine nicht in bester Verfassung; denn ihre Lieblingskatze ist krepiert. Paul hat schon ein Grab im Garten ausgehoben, wir beerdigen das Tier und schmücken das Grab mit Blättern und Blüten aus dem Garten. Später drapiert Régine noch eine Perlenkette und setzt eine Kerze obenauf. Die Trauerarbeit kann beginnen.
Am Abend will ich in das von Sally empfohlene Restaurant, aber Régine läßt das nicht zu, sondern ich bekomme von ihr ein herrliches Kräuteromelette, dazu Wein und Kekse. Anschließend werfe ich in meinem Appartement den Ferni an und sehe auf arte den Film Full Metal Jacket, einen Anti-Vietnamkriegsfilm von Stanley Kubrick. Seit Foucault wissen wir, wie diszipliniert wird, und seit Stanley Kubrick, wie unbedarften Studenten mittels Fiktion Ideologie implantiert wird, wäre zu ergänzen. Der Film basiert auf den authentischen Erlebnissen eines Soldaten. „The Short Timers“ (Höllenfeuer) von Gustav Hasford. Der Volksbrockhaus für Eilige im Internet weiß über den Autor: Hasford wurde 1988 in San Luis Obispo, Kalifornien, des Diebstahls von 10 000 Büchern aus Bibliotheken Amerikas und Englands wegen verhaftet. Hasford machte geltend, daß er die Werke "geliehen" hätte, um für ein niemals veröffentlichtes Buch über den Bürgerkrieg zu recherchieren. Ach so!
Soweit zu den authentischen Erlebnissen eines Soldaten. Solchem Schmarrn soll ich hinterhergelaufen sein? Au weia! Man ist wirklich nirgends mehr sicher vor der Propaganda der deutsch-französischen Anstalt, die sich nicht zu schade ist, in die Mottenkiste zu greifen, um nur das Feindbild USA nicht verblassen zu lassen.
Am nächsten Morgen entschädigt mich ein herrliches Frühstück. Es gibt Salate, Joghurt, Eier, Brot, Quiche. Es ist so reichlich, daß ich davon leicht mein Mittagessen bestreiten könnte. Ich lese noch einige Seiten im Kapitel 3 des ersten Abschnittes, The Arab Jew, von Joan Peters: From Time Immemorial, und dann mache ich mich zu Fuß auf in die Stadt, in die City von Maalot.
Ma’alot’s Stone in the Galilee Symposium (ARCHIVE)
In Galilee, Israel on September 11, 2011 at 5:18 PM. Israel's Good Name
Ich komme an mehreren Schulen vorbei, die gerade Pause machen, wobei mir ein kleiner Junge mit einem riesigen Sack auf dem Rücken auffällt. Er schleppt schwer an dem Rucksack und schaut aus großen schwarzen Augen sehr traurig drein. Er macht mehrmals Pause und setzt sich auf Mauersimse. Was ist nur in dem Sack? Mir tut es erstmals von Herzen leid, daß ich kein Hebräisch kann, um zu fragen, was ihm fehlt, und ihm zu helfen.
Les Russes d'Israël, une minorité très influente. Anne de Tinguy,
Dann gelange ich zum Einkaufszentrum der Stadt. Es gibt einen Supermarkt, zahlreiche Ladengeschäfte, Imbisse, ein russisches Reisebüro, und an Tischen auf dem Platz sitzen Männer, die untereinander Russisch sprechen. Die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Maalots ist aus Rußland immigriert, ihre Aktivitäten sind mannigfaltig und nicht in allen Fällen zum Guten Israels:
Photo: Zalman Gilichinsky
"Neo-Nazis im jüdischen Heimatland" Neo-Nazis in the Jewish homeland.
By Larry Derfner, The Jerusalem Post, Septembere 25, 2007
Israel. Die antisemitische Szene bis Anfang des 21. Jahrhunderts. 30. Dezember 2022
Die israelische Einwanderungspolitik und die Folgen, trend onlinezeitung 7-8/03, 29. Juni 2003
Am Abend bin ich bei Sally und ihrer Familie zum Dîner eingeladen. Die ganze Familie macht mit, Mutter, Schwestern, ein Bruder, Sallys Sohn Daniel und die Neffen und Nichten. Ich bin reichlich beschenkt. Sally erzählt von 76 handschriftlichen Briefen einer Familie aus Wien, aus den 40er Jahren. Die Briefe sollen ins Hebräische übersetzt und veröffentlicht werden. Hanna wird später dazu sagen: Dov hat solches an Yad Vashem gegeben, dahin gehört es!
Demnächst mehr ...
7. Dezember 2007 - Verbesserungen und Ergänzungen, 3. Mai 2025
Bisher erschienen:
Israel einer Anfängerin: Episodio de la Historia. 17. November 2007
Israel einer Anfängerin [2]: Von Barcelona nach Tel Aviv, 20. November 2007
Israel einer Anfängerin [3]: Tel Aviv-Yafo, 24. November 2007
Israel einer Anfängerin [4]: Tel Aviv, 25. November 2007
Israel einer Anfängerin [5]: Neve Tsedek - Rehovot. 26. November 2007
Israel einer Anfängerin [6]: Kfar Saba. 3. Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [7]: Maalot-Tarshiha. 7.Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [8]: Maalot-Tarshiha in Perpignan. 9. Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [9]: Shlomo Bohbot, Maalot und Tarshiha. 13. Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [10]: Rückkehr nach Kfar Saba. 15. Dezember 2007
Israel einer Anfängerin [11]: Auf dem Weg nach Jerusalem. 18. Dezember 2007/16. Januar 2008
Israel einer Anfängerin [12]: Dieses Jahr in Jerusalem! 20. Dezember 2007