22. Oktober 2012

Frankreich. Ehe und Kinder für alle!


Staatspräsident François Hollande und Premierminister Jean-Marc Ayrault, ob in der Sommerfrische oder auf der Geisterbahn, haben nichts zu kommerauschen. Die Staatskassen sind leer, die Schulden, obgleich seit Jahren durch Nichteinbeziehung der Verbindlichkeiten des Staates für Pensionen und Renten um ca. eine Billion Euro runtergerechnet, wie Kommentator pascal auf der Page libérale am 1. Juli 2005, 10h42min berichtet, haben Italien- und Spanien-Niveau. Das wird von deutschen und französischen Politikern und Medien gern verschwiegen, weil sonst die desolate Lage der EU auch dem letzten Opa in der Provinz nicht zu verheimlichen wäre. Die mit Ausgaben verbundenen Wahlversprechen können nicht realisiert werden, was vor den Wahlen schon jeder weiß, die PS-Wähler eingeschlossen, und so gibt's das, was im Sozialismus (pbuh) Handwerkelei genannt wird.

Steuererhöhungen für "Reiche" und Rentner einerseits sowie kostenneutrale Vorschläge zur Ablenkung der Bevölkerung Frankreichs von dem Elend andererseits, gern auch durch Experimente mit Kindern: Verkürzung der Sommerferien, Verlängerung der Herbstferien, Hausaufgaben verlegt in die Schulen, Vorschlag zur Legalisierung von Cannabis, Straferleichterung, Entkarzerung für jugendliche Kleinkriminelle, gar die Abschaffung der Prostitution, das sind Themen, die das Volk beschäftigen und in Atem halten sollen.

Ein weiterer Schlager ist ein von den Sozialisten eingebrachter Gesetzentwurf zur Ehe von gleichgeschlechtlichen Partnern und deren Recht, Kinder zu adoptieren.

Am 31. Oktober 2012 wird sie vom Premierminister Jean-Marc Ayrault dem Ministerrat vorgestellt, die Ehe für alle, le mariage pour tous, wie die Regierung das Vorhaben auf ihrer offiziellen Website bezeichnet, diese "wichtige Entwicklung des Zivilrechts". Wenn alle heiraten dürfen, so morgen auch Mann und Eselin, Frau und Schäferhund, Muslim und vier Frauen (begrenzt durch die Regeln des Islam, sonst nach dem Zivilrecht gern mehr), Kinder untereinander, Hund&Katze, einfach alle: tous ! Das jedenfalls intendiert die Formulierung pour tous. Und Kinder dürfen "in Konsequenz daraus" auch von allen adoptiert werden, wobei Hund&Katze einem Test unterworfen werden sollten, ob sie Kinder und deren Neckereien überhaupt aushalten. In einer solchen Konstellation könnten Kinder nämlich, anstatt Objekte zu bleiben, leicht zu handelnden Subjekten werden.

Wer die ein wenig ins Satirische verschobene Betrachtung belächelt, dem sei mitgeteilt, daß die nächsten Schritte in der Richtung bereits geplant sind: "Die anderen Fragen, wie medizinisch begleitete Zeugung bzw. künstliche Befruchtung, la procréation médicalement assistée (PMA), elterliche Gewalt oder gemeinsame Adoption für unverheiratete Paare könnten angegangen werden in 'einem ergänzenden Gesetz, das ein Familiengesetz sein könnte, das die Fortsetzung der Debatte erlauben würde,' erklärte der Regierungschef [Jean-Marc Ayrault]."

Künstliche Befruchtung mit dem Sperma des Ehemannes oder eines anonymen Spenders, Befruchtung im Reagenzglas mit hormonaler Behandlung der Frau, Befruchtung durch Mikroinjektion des Spermas mittels einer Pipette direkt ins Ei usw. Die Wissenschaft steht erst am Anfang der Verhomunkulisierung für alle. Die Sozialisten könnten daran ein besonderes Interesse haben, weil somit der Nachwuchs ihrer Parteikader gewährleistet wäre. Es müßten nicht mehr komplizierte Wege eingeschlagen werden, Erste Sekretäre wie Martine Aubry oder Harlem Désir heranzuziehen. Dieser ist das suboptimale Ergebnis der verunglückten Mutterschaft jener, die ihrerseits schon nicht optimal war. Sein Nachfolger sollte aus der Retorte stammen, das wäre eine Erleichterung für alle, pour tous.

Was Google.fr unter 99 700 000 Ergebnissen für pour tous auf der ersten Seite anzubieten hat, mag einen Eindruck vermitteln, womit die Bürger es bei dieser Regierung zu tun haben, mit gebündeltem Leichtsinn, mit Politikern, die im Ausverkauf der Werte angekommen sind und sich darin häuslich eingerichtet haben: Ferien, Finanzen, erneuerbare Energie, Orientierung, Erziehung, Information, Sport, strahlende Sterne für alle. Demnächst also auch Ehe und Adoption für alle.

Dieselben Politiker sind im Gegensatz zu ihren Kollegen in Italien und Spanien nicht gewillt, Strukturreformen durchzuführen, die Frankreich wieder in die Gänge bringen würden. Sie bestünden aus der Umorganisierung und Reduzierung der Regierungen, des öffentlichen Dienstes, der Verschlankung des Staates und seiner auf allen Ebenen doppelt, dreifach und hexagonal gegeneinander regierenden und verwaltenden Beamten: Nation und Regierung mit 38 Ministern, 577 Abgeordneten, und dem Senat, mit 348 von 150 000 Wahlmännern gekürten Senatoren, der in Frankreich größten Ansammlung ehrenwerter Männer: Et tu, Brute?

Es gibt 27 Regionen, les collectivités terriroriales, davon 22 im Hexagon, 101 Départements, Verwaltungsbezirke, les collectivités locales décentralisées, davon 95 im Hexagon, darin die Ballungsräume, les communautés urbaines et les communautés d' agglomérations, verniedlicht les agglos, darin die Städte, die Dörfer, alle mit eigener Regierung, eigener Verwaltung, eigenen Behörden, Organisationen, Institutionen sowie eigenem Steuerwesen. Hinzu kommen die Präfekturen, dem Innenministerium unterstellte Verwaltungseinheiten, mit ihren Unterpräfekturen, sie haben zentrale Exekutivfunktionen, die den Entscheidungen der demokratisch gewählten anderen Instanzen durchaus entgegenstehen können. Nein des Präfekten? Ende der Fahnenstange, da kann der Bürgermeister noch so sehr jammern.

In diesem Moloch sitzen Beamte, die bis in die höchsten Gehaltsstufen mehrheitlich den Parti Socialiste (PS) wählen und Funktionen darin innehaben, so daß jede Verkleinerung des Apparates, gar die Abschaffung von Teilen desselben einen Machtverlust des PS bedeuten würde. Die vom Staat alimentierten Gewerkschaften, in denen weniger als acht Prozent aller Beschäftigten organisiert sind, bestehen zu 80 Prozent aus Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Ein falsches Wort, ein schiefer Blick, und fahnenschwenkende und transparentschleppende Gewerkschafter und Mitglieder von ebenfalls staatlich subventionierten Nichtregierungsorganisationen (NRO) ziehen die Bahnhofsstraße hinunter auf den zentralen Platz der Stadt, um ihre Forderungen kundzutun: Alarm, Demonstration, Rettung unserer Arbeitsplätze, die wirtschaftliche Zukunft unserer collectivité locale (siehe oben) ist bedroht. Diese Aktivitäten werden von Kadern aus den Reihen des PS und anderer linker, mit dem PS im Bündnis regierender Parteien und Bewegungen gelenkt, von eben denen, die bei einer Strukturreform am ehesten auf unbedeutende Posten versetzt oder frühpensioniert würden: noli me tangere

Die Ehe unter gleichgeschlechtlichen Partnern, Homo-Elternschaft und Adoption

Photo : Sébastien Soriano/Le Figaro

Der Großrabbiner von Frankreich Gilles Bernheim, oberste Autorität des Judentums in Frankreich, bekundet in einem am 17. Oktober 2012 per Boten an Staatspräsident François Hollande und Premierminister Jean-Marc Ayrault übermittelten 25-seitigen Dokument seine Gegnerschaft gegen Ehe und Adoption für alle:

Mariage homosexuel, homoparentalité et adoption : se que l'on oublie souvent de dire. Die Ehe unter gleichgeschlechtlichen Partnern, Homo-Elternschaft und Adoption: was man oft zu sagen vergißt.

Er addressiert den Text außerdem an alle Minister und Abgeordneten sowie an Instanzen, die mit der Frage der Homo-Ehe und der Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare befaßt sind. Nach einer zweiseitigen Einleitung (Seiten 4-5) holt er im ersten Teil seiner Ausführungen (Seiten 7-17): "Analyse der von den Befürwortern eines Gesetzes vorgebrachten Argumente" die Slogans und Phrasen über Homo-Ehe im Namen der Gleichheit und des Schutzes des Lebenspartners sowie über Homo-Elternschaft im Namen der Liebe, des Schutzes des Kindes, des Rechts auf ein Kind, der Kinder, die auf eine Adoption warten, der Gleichheit auf den Boden der Tatsachen zurück. Das Gesetz und das Allgemeininteresse daran stellt er außerdem auf den Prüfstand der Zahlen (Seiten 15-17).

Im zweiten Teil (Seiten 18-25) schaut er hinter die Argumente und sieht eine Konfrontation zweier Vorstellungen von der Welt (Seite 18): Den Willen der Aktivisten der Lesbiennes, Gays, Bisexuels Transgenres (LGBT), den geschlechtlichen Unterschied zu leugnen (Seiten 19-20), sowie die biblische Vorstellung der gegenseitigen Ergänzung von Mann und Frau (Seiten 21-23). Die Ausführungen enden mit einer Schlußfolgerung (Seiten 24-25).

Was bedeutet die Leugnung des Unterschiedes der Geschlechter für das Verständnis sowohl des Individuums als auch der Gesellschaft, ist die Frage, die im Dokument weniger auf religiöser als auf philosophischer Ebene erörtert wird. Das Problem mit dem Gesetz sei, daß es zugunsten einer winzigen Minderheit der Gesamtgesellschaft einen großen Schaden zufügen würde, in dem unwiderruflich drei Bereiche durcheinandergebracht würden:
  • Die Abstammung, durch Homo-Elternschaft an Stelle von Vater- und Mutterschaft;
  • die Stellung des Kindes, das vom Subjekt zu einem Objekt wird, auf das jeder ein Recht hat;
  • die Identität, in der die Geschlechtlichkeit als natürliche Gegebenheit verpflichtet würde, zurückzutreten vor einer von jedem einzelnen im Namen eines durch die Ausrottung der Unterschiede pervertierten Kampfes gegen die Ungleichheit geäußerten Orientierung.
Was geschieht? Lateinisch parentalis = elterlich, ununterschieden, versetzt das gleichgeschlechtliche Paar und sein Kind, ob Junge oder Mädchen, von Anbeginn in einen Zustand der Lüge. Das Paar kann nicht die Eltern sein, nichts ist mit parentes. Wer jemals ein Leben geführt hat, in dem die Lüge der Abstammung auf Grund von tatsächlichen oder eingebildeten Gründen vom ersten Tage an bestimmend war, der kann ermessen, daß es sich um ein Verbrechen handelt, einem Kind Eltern aufzuzwingen, die keine sein können, die nicht existieren, die irgendwann, wenn sie es für richtig halten, dem Kind erklären, wer, soweit bekannt, seine leiblichen Eltern.sind, und die dann vielleicht hören, das hätte ihm schon vor einem Jahr mit mitleidvollem Unterton des Bedauerns in der Stimme die Nachbarin erzählt.

Gleichgeschlechtliche Eltern und die Kinder dieser Eltern bewegen sich niemals in der Welt der Tatsachen, des Seins, sondern in einer Welt der Beliebigkeit, der Narrative, des Zustandes. Das geht immer zu Lasten des Kindes. Nicht umsonst kennt die spanische Sprache im Gegensatz zum Deutschen und Französischen zwei Begriffe für "sein": ser und estar. Langenscheidt informiert im Handwörterbuch Spanisch, 1971, (Seite 543):" 'ser' tritt als selbständiges Zeitwort u. als Hilsverb auf; man beachte die Abgrenzung des Gebrauchs von 'ser' und 'estar'; 'ser' bezeichnet dauernde, d.h. wesentliche, innewohnende od. charakteristische Eigenschaften, z.B. Wesen, Nationalität, religiöses Bekenntnis, Herkunft, Beruf, Material ..." Wer nun meint, von Mann und Frau stünde da ja nichts, dem kann frau entgegenhalten, daß "ser mujer" und "ser hombre" so selbstverständlich sind, daß sie nicht erwähnt werden. Im Spanischen heißt es, Heirat und Scheidung betreffend: "soy casado/a", estoy divorciado/a".

Die gleichgeschlechtlichen Paare können heutzutage wie andere Paare ihren Bund sowie eine eventuelle Scheidung juristisch absichern, in Deutschland gesetzlich geregelt durch das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG), vom 16. Februar 2001, in Frankreich nennt man das Pacte civil de solidarité, PACS = eingetragene Lebenspartnerschaft, und se pacser = in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Es handelt sich nicht um eine Ehe, und Kinder können nicht adoptiert werden, die Auflösung des PACS bedarf keiner anwaltlichen Interventionen. Das von den Funktionären der Homosexuellenvereine angestrebte Gesetz ließe das Herz jedes Bolschewiken höher schlagen: daß er das noch erleben darf! Gilles Bernheim zeigt in einer Graphik (Seite 15) den verschwindend kleinen Anteil von gleichgeschlechtlichen PACS in Frankreich. Die absoluten Zahlen hat INSEE. PACS zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern betragen 1,98 Prozent im Jahr 2009 und im Jahr 2010 zwei Prozent aller Ehen und PACS. Wenn man dann den rasanten Anstieg der PACS statt der Ehen bei heterosexuellen Paaren betrachtet und sie mit dem Anstieg der PACS vergleicht, so sind beide Anstiege der PACS proportional gleich. Was das für zukünftige Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern bedeutet, ist klar: Es würde sich um Promille handeln.

Soweit zum Thema, der PS sei für alle da, oder doch zumindest für die Mehrheit der Franzosen. Die Partei trägt im Gegenteil zum Zerfall in Partikularinteressen bis hin zu winzigsten Gruppen und damit zur Atomisierung der Gesellschaft und zur Auslöschung ihrer Werte bei, die Islamisierung ist nur eine Komponente der Umwälzung, die mit der forcierten Legalisierung von Einwanderern und der Einrichtung des Kommunalwahlrechts für nichteuropäische Einwohner, die länger als fünf Jahre in Frankreich leben, schneller vonstatten geht als zur Zeit des Nicolas Sarkozy. Es geht um eine Realitätsverleugnung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, ob es um redressement productif geht oder um die halluzinierte Produktivität dressierter homosexueller Eltern, die demnächst parent 1 und parent 2 genannt werden sollen, weitere parentes der homosexuellen Adoption werden folgen, der anonyme Reagenzglasvater als parent 3, ein Stiefvater aus dem früheren Heteroleben vielleicht als parent 4 etc. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, Die identitätslose Judith Butler mit ihren multiplen Identitäten ["estar"³] wird sich freuen, endlich sind die Tatsachen auch hier unumkehrbar auf den Kopf gestellt, endlich ist Ohnmacht Macht.

Es fällt auch niemandem auf, was parent 1 und parent 2 bedeutet. Juden haben für Numerierung mehr Gespür. Der Mensch ist eine Nummer, und wer entscheidet darüber? Was ist mit der so verehrten Gleichheit, der égalité ? Ist der reichere Mann die Nummer 1, der stärkere, ist der kesse Vater bei den Lesben die Nummer 1 oder die mütterliche Frau, und man führt das alte Modell fort? Kann frau einklagen, Nummer 1 zu werden?

Das Kind wird vom Subjekt zum Objekt, es wird instrumentalisiert. Man google bitte die Bilder zu Elton John Baby. 19 200 000 Ergebnisse und die Kurzinformationen unter den einzelnen Fotos zeigen, was gemeint ist mit den glücklichen Eltern, den proud fathers Elton John and David Furnish, Elton & wife proud dads, Elton und Ehefrau stolze Väter.

Das Recht auf ein Kind gibt es nicht, für niemanden. Auch die Unfruchtbarkeit einer Frau, die sich sehnlichst ein Kind wünscht, gibt ihr kein Recht auf ein Kind. Gilles Bernheim führt es aus (Seite 12). Diese Tatsache hat die Schlüsselfunktion in der gesamten Debatte. Die vom Großrabbiner genannte Ungerechtigkeit der Bevorzugung von Homosexuellen bei der Adoption ist nicht wesentlich, es geht hier um das Kind, es geht darum, daß ein irgendwie geartetes Leiden an Kinderlosigkeit niemandem ein Recht auf ein Kind gibt: "Das Recht des Kindes unterscheidet sich radikal vom Recht auf ein Kind. Dieses Recht des Kindes ist grundlegend ["ser"]. Es besteht im besonderen daraus, dem Kind eine Familie zu geben, wo es das Maximum an Chancen haben wird, sich am besten zu entwickeln."