20. Januar 2012

Frankreich. Der Parti Socialiste auf dem Weg in den Faschismus

Von der Seite 4 des Figaro lacht einem das lange entbehrte Gesicht des Stéphane Hessel zu. In einer vom Nouvel Observateur im Rahmen der "Tage von Nantes" organisierten Debatte mit dem Präsidentschaftskandidaten des Parti Socialiste (PS) François Hollande wird der alte Lügenbaron aufgeboten, dem Widersacher Jean-Luc Mélenchon, dem sozialistischen Senator bis 2008 und nunmehr Kandidaten des Front de gauche, der Linksfront, Stimmen abzujagen. Stéphane Hessel, dessen 14-seitiges Pamphlet "Indignez-vous !" (die übrigen 18 Seiten sind Beweihräucherung und Beiwerk) von den Journalisten Nicolas Barotte und François-Xavier Bourmaud zum Buch hochstilisiert wird, dieser immer im Dienst des Quai d'Orsay und seiner politique arabisante tätige Diplomat, schlägt sich nicht, wie von manchem sich empörenden Linken als selbstverständlich angenommen, auf die Seite links vom PS, zu den Grünen/Ökolos, der Linksfront oder gar den Kommunisten, sondern nachdem er sich in den Vorwahlen für Martine Aubry stark gemacht hat, dient er nun dem gekürten Erfinder der Holländischen Soße.

Der Alte weiß genau, was er tut, da ist von Altersdemenz nichts zu spüren. Sein Juden- und Israelhaß hält ihn in Form. Das bringt ihm im NouvelObs den Titel le sage ein, der Weise, und François Hollande soll gar der Ambitionierte sein. Selten so gelacht!

Dieser Ersatzkandidat, nachdem der lange gehandelte Dominique Strauss-Kahn sich selbt ausmanövriert hat, ist ein Micker ohne Mut und Adel, der gar nichts umsetzt, nicht einmal die verqueren Beschlüsse seiner Partei, der sich aber entlarvt als ein williger Vertreter des gerade aktuellen Zeitgeistes. Der steht auf Gegnerschaft zum internationalen Finanzkapital. Stéphane Hessel spornt ihn an, er möge sich recht ordentlich radikal gebärden, denn je radikaler die Vorschläge, "desto größer die Menge der Leute, die glücklich sind, daß Sie einen wirklichen Wechsel verkörpern." Solchen Tip erhält der Kandidat nicht alle Tage, aber man kann beruhigt sein, daraus wird nichts bei dessen Phlegma.

Was einem aber sehr wohl Angst machen kann, das ist seine Nähe zum Faschismus und dessen Adepten: Puis il s'indigne quand même «de voir que dans cette crise, les marchés pèsent plus que la démocratie, que la politique ne parvient pas à dominer les marchés». «Mon ennemi n'a pas de nom. Mon ennemi, c'est la finance, c'est l'empire de l'argent », a-t-il ajouté. Dann empört er sich aber doch "zu sehen, daß in dieser Krise die Märkte gewichtiger sind als die Demokratie, daß es der Politik nicht gelingt, die Märkte zu beherrschen". "Mein Feind hat keinen Namen. Mein Feind, das ist die Finanzwelt, das ist das Reich des Geldes", hat er hinzugefügt.

Genauer hätten es Jacques Doriot und Marcel Déat nicht ausdrücken können. Wie François Hollande kommen sie aus der politischen Linken; sie enden als Vichy-Kollaborateure. Ihr eifrigster Schüler ist der antisemitische Denunziant Robert Brasillach, dem ich einige Artikel gewidmet habe. General Charles de Gaulle läßt ihn 1945 seiner Verbrechen wegen fusilieren.

Zeev Sternhell schreibt in seinem Werk Ni droite, ni gauche. L'idéologie fasciste en France. Weder rechts noch links. Die faschistische Ideologie in Frankreich, über die "Feinde der Finanzwelt": "Die Faschisten rühren niemals an das Privateigentum, noch, mit einer Ausnahme, an das Konzept des Profits. 'Der individuelle Profit bleibt der Motor der Produktion', sagt Doriot, während Déat die Vergesellschaftung ablehnt und feine Unterschiede macht zwischen verschiedenen Formen des Profits. Der ehemalige Kommunist will 'keine antikapitalistische Demagogie' betreiben. Darin unterscheidet er sich nicht von den Nationalsozialisten aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, die eine schon sehr lange bestehende Tradition wieder aufnehmen: weil, wenn auch diese Schule mit einer extremen Heftigkeit Trusts, Banken und die Plutokratie in allen ihren Formen angreift, sie weder das Privateigentum noch den Profit anrührt. Darüber verständigen sich nationale Sozialisten - De Man, Déat, Bergery, Jouvenel -, die sozialen Nationalisten - Brasillach, Maulnier oder, im Sinne des Julien Sorel, Andreu - ohne Schwierigkeiten. Der schädlichen Auswirkungen des Kapitalismus eingedenk - 'diese schreckliche Ordnung dieser schrecklichen kapitalistischen Gesellschaft', sagt Brasillach -, machen sie das Privateigentum dafür nicht verantwortlich. Sie denken nicht, daß man es abschaffen müßte: was sein muß, das ist, die Herrschaft des Geldes zu brechen. Man muß nicht das Kapital und seine private Aneignung abschaffen -, was gemäß Maulnier ganz einfach unmöglich ist -, aber dem Geld das Recht nehmen, Produktionsbetriebe zu schaffen und zu kontrollieren." Die Lösung für sie ist eine "gelenkte Wirtschaft". (Seite 346f.)

Adolf Hitler weiß dazu schon 1919 in einem Gutachten, "den Juden" betreffend: "Seine Macht ist die Macht des Geldes, das sich in Form des Zinses in seinen Händen mühe- und endlos vermehrt, und den Völkern jenes gefährlichste Joch aufzwingt, dass sie seines anfänglichen goldigen Schimmers wegen so schwer in seinen späteren traurigen Folgen zu erkennen vermögen. Alles was Menschen zu Höherem streben lässt, sei es Religion, Sozialismus, Demokratie, es ist ihm alles nur Mittel zum Zweck, Geld und Herrschgier zu befriedigen."

Auch der SPD-Chef Sigmar Gabriel ist sich mit Faschisten, Nationalsozialisten und dem Präsidentschaftskandidaten des Parti Socialiste einig über die Zerschlagung der Banken, der Finanzwelt, des Reiches des Geldes. Dagegen wird ein Peer Steinbrück nicht anlöcken können. Die Wähler in Frankreich und in Deutschland sollten sich im klaren sein, wen und was sie mit dem Parti Socialiste und der SPD wählen, wildgewordene Kleinbürger, die jederzeit anfällig sind für einen dem 21. Jahrhundert angemessenen Nationalsozialismus. Er wird nicht so daherkommen wie vor 80 Jahren, Juden gibt's auch nicht mehr ausreichend, aber die Führungskräfte der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien Europas geben durch ihre Verlautbarungen Hinweise, was man erwarten kann.