21. September 2012

Islam und Demokratie

Das Provinzblatt L'Indépendant ist online mit dem katalonienbewegenden Aufmacher Tauromachie. Le CPNT accuse des "extrémistes" anti-corrida de "négationnisme culturel". Stierkampf. [Die Bewegung] CPNT [Chasse, pêche, nature, traditions. Jagd, Angeln, Natur, Tradition] bezichtigt die anti-Stierkampf - "Extremisten" des "kulturellen Negationismus", wobei im französischen Sprachgebrauch négationnisme "Leugnung des Holocaust" bedeutet. Mit solchen Formulierungen zur Banalisierung der Judenvernichtung hat L'Indépendant keine Probleme, wohl aber mit dem Artikel Caricature de Mahomet : le gouvernement est en alerte. Mohammed-Karikatur: Die Regierung ist in Alarmbereitschaft.

Der Artikel kommt übers Papier nicht hinaus, die neuen Redaktionsräume in Perpignan sind doch zu schade, demoliert zu werden. Auf Seite 15, unter Actualités, steht er, am Islamfeiertag, den 21. September 2012. Die Leser werden vorbereitet auf die Botschaft, die das Koordinationskomitee der Muslime auf Facebook den Glaubenskämpfern verkündet. Wer das ist? L'Indépendant schreibt's besser nicht, stammt die Weisung doch von einem Muslimfunktionär, der gleich bei uns um die Ecke wohnt, von Omar Djellil, aus Marseille. Der Muslim ist zehn Jahre Mitglied bei SOS Racisme, bevor er für den Front National (!) seine Wahrheit über die Sozialistenorganisation verbreitet, alle Funktionäre seien auch Funktionäre des Parti Socialiste (PS). Er erzählt nichts Neues; denn der Präsident von SOS Racisme der 80er Jahre ist kein anderer als der jetzt von Martine Aubry als ihr Nachfolger für den Posten des Ersten Sekretärs des PS erwählte Harlem Désir. Das Thema fällt unter Parti Socialiste und Demokratie.

Ein Video von 6:39 Minuten Dauer, auf der Website des Front National der Antillen, klärt die francophone Menschheit auf darüber, daß SOS Racisme sich nicht mit rassistischen Beleidigungen gegen originäre Franzosen befasse, die unterlägen dem öffentlichen Recht, zu deutsch, er liefert dem Front National die Argumente frei Haus. Es gebe außerdem zwei Sorten von Rassismus, den man gegenüber SOS Racisme nicht verurteilen dürfe: "Wenn ein Jude eine andere Rasse beleidigt, findest du niemals einen Prozeß." Der andere Rassismus sei der gegen Weiße. Wenn man schwarz, asiatisch oder arabisch sei, eine Frau aus dem Maghreb oder "black", und Opfer von Diskriminierung, nur dann interessiere das SOS Racisme. Sei jemand Opfer eines "jüdischen Unternehmers" oder einer Bande von Abschaum, dann müsse man das fallenlassen. Das sei die von François Mitterrand 1984 gegründete Organisation SOS Racisme. Ihre Funktionäre, wie Malek Boutih, seien Scharlatane. Während des Wahlkampfs zur Nationalversammlung greift Omar Djellil eine Kandidatin des Front de Gauche tätlich an und dient so als Agent provocateur für Jean-Luc Mélenchon. Wie man sieht, ist zwar Allah der beste Listenschmied (Sure 8:30), aber viele der ihm Unterworfenen streben ihm erfolgreich nach. Jetzt ist er wieder im alten Gewand des radikalen Muslims unterwegs:

"C'est une manifestation pacifique de la communauté musulmane. On n'a pas besoin d'autorisation pour défendre nos droits. On bravera donc l'interdiction s'il y a interdiction." Das ist eine friedliche Demonstration der muslimischen Gemeinde. Man braucht keine Genehmigung, um unsere Rechte zu verteidigen. Man wird sich also über das Verbot hinwegsetzen, wenn es ein Verbot gibt.

Das ist kein Islamismus, sondern die reine Lehre der Politideologie Islam. Nicht die Gesetze unserer westlichen Gesellschaft, sondern die von Allah und seinem Propheten verordneten Regeln gelten. Welche das sind, bestimmen die Prediger im Einklang mit den Fatawa der Lehrer der Al-Azhar-Universität und anderer anerkannter Lehrer des Islam. Wer mehr darüber wissen will, was die Glaubenskämpfer vor der Großen Moschee von Paris, an der Place du Trocadéro und im sonstigen zu unterwerfenden Frankreich vorhaben, lese bitte den Bericht von AFP im Internet; denn für die nordkatalanische Provinz ist der von Zoé Cadiot zitierte Spruch schon an der Grenze zur Obszönität.

Die für Samstag, den 22. September 2012 geplante Operation steht unter dem Motto Touche pas à mon prophète. Faß meinen Propheten nicht an! Einmal mehr bemächtigen sich die Muslime eines westlichen Symbols, es ist ähnlich wie mit der Vereinnahmung des deutschen Nationalfeiertags als Tag der offenen Moschee. Wir werden es in diesem Jahr wieder erleben und dürfen gespannt sein, ob der neue Bundespräsident wie sein Vorgänger im vorauseilenden Gehorsam auf die Nationalfahne verzichtet. Die Muslime jedenfalls sprechen am 3. Oktober 2011, zu Christian Wulffs Zeiten, nicht über Deutschland, etwa, wie sie sich integrieren könnten, sondern über Mohammed und seine Barmherzigkeit. Berlin.de, das offizielle Hauptstadtportal hat dagegen nichts einzuwenden, informiert über Einzelheiten und bezeichnet die 500 beteiligten Moscheen als "Gotteshäuser", was sie weder sind noch sein wollen.

In diesem Jahr lautet das Thema Islamische Kunst und Kultur. Beide erlebt die Welt in den letzten Wochen und Monaten hautnah.

Das originäre Motto Touche pas à mon pote. Faß meinen Kumpel nicht an, stammt von eben der linken Organisation SOS Racisme und wird auf deren Website als Logo gebraucht. Kreise um Omar Djellil halten es für angebracht, es für die geplanten Demonstrationen zweckzuentfremden. Die Muslime beweisen täglich, daß sie zu Eigenleistungen nicht fähig oder willens sind, daß sie als Eroberer sich ganz selbstverständlich der Errungenschaften anderer bemächtigen. SOS Racisme wird Klage gegen Unbekannt einreichen, weil noch dazu diese Organisation sich ab dem 19. September 2012 solidarisch erklärt hat mit Charlie Hebdo und dessen Redaktionsmitgliedern.

Am Donnerstag rufen auf Facebook ca. 100 Muslime zu Demonstrationen in Marseille auf, aber der zuständigen Prefäktur liegt kein Antrag vor. Wie auch? Omar Djellil bestimmt die Vorgehensweise. Die Muslime werden auf jeden Fall demonstrieren, was gehen sie die Gesetze Frankreichs an?! In den Freitagspredigten des Landes bekommen sie die letzten Anleitungen für ihre spontanen Erhebungen. Der Präsident des Conseil français du culte musulman (CFCM) Mohammed Moussaoui der Marokko nahestehenden Linie des Islams in Frankreich, RMF, der Rektor der Großen Moschee in Lyon Kamel Kabtane, von der algerischen Linie, und der Muslimbruder Tariq Ramadan, Enkel des Gründers Hassan al-Banna und Sohn des Autors der Verfassung der Muslimischen Weltliga, Rabita, Said Ramadan, äußerten ihre große Unruhe nach den Karikaturen, die in einem Klima der Anspannung diese noch verschärften. Die Muslime sollten nicht in die Falle einer Revolte gehen, es solle keinesfalls demonstriert werden: "Même si notre coeur est blessé, notre intelligence doit avoir la dignité de ne pas répondre et de regarder au-delà". Auch wenn unser Herz verletzt ist, muß unsere Intelligenz die Würde haben, nicht zu antworten und darüber hinaus zu blicken," meint der "einflußreiche Intellektuelle" Tariq Ramadan, der sich selbst als muslimischer Jude sieht.

Das ist das Dilemma der Muslimfunktionäre, daß sie einerseits die dem Islam unterworfene Gemeinde täglich aufhetzen, die Überlegenheit des Islam predigen, die Muslime formen und formieren, andererseits aber die Eroberung nicht überstürzen wollen. Die einzige Chance, in Europa, den USA und weltweit den Islam durchzusetzen, ist gegenwärtig nur die friedfertige Islamisierung. Schon die Koranverteilung in den Fußgängerzonen deutscher Städte ist kontraproduktiv, weil zu viele Bürger aufgeschreckt werden. Tariq Ramadan spricht es aus. Der Islam hat viel Zeit. Das Projekt der Muslimbruderschaft, vom 1. Dezember 1982, wird jetzt 30 Jahre alt: "Allah ist unser Ziel. Der Prophet unser Führer. Der Koran ist unser Gesetz. Der Dschihad unser Weg. Auf Allahs Weg zu sterben ist unsere höchste Hoffnung."

Welche Form des Dschihad aber gerade angebracht ist, darüber gibt es Streitigkeiten unter den zahlreichen Fraktionen des Islam. Die einen, von westlichen Politikern und Medien gern und ohne jede Kenntnis des Islam "militante Islamisten" oder "militante Salafisten" genannt, wollen gleich losschlagen und ins vom Koran versprochene Paradies, die anderen denken strategisch und nutzen die Möglichkeiten, die ihnen die westliche Demokratie bietet, von unseren Eliten werden sie bezeichnet als "moderate Islamisten". Wer Zeitungen aufschlägt, deren Auftritte im Internet konsultiert, wer ARD- und ZDF-Nachrichten einschaltet, ist immer und zu jeder Terrorlage informiert, wer gerade zu welcher Kategorie gezählt wird. Die einen sind die Guten, mit denen die Integration der Muslime in unsere Gesellschaft möglich sei, die anderen sind eine kleine radikale Minderheit, die angeblich nichts mit dem Islam zu tun hat, sondern diesen mißbraucht. Warnungen wie die von Prof. Dr. Egon Flaig, Der Islam will die Welteroberung, werden mit Hohn und Spott quittiert von Politikern und Medien, die bewußt oder unbewußt dabei helfen.

Aber die Hamas, Zweigstelle der Muslimbruderschaft, könnte die Illusionen rasch zerstreuen, wenn man nur den Artikel 30 ihrer Verfassung, vom 18. August 1988, verstünde, der sich auf die von Bukhari und Moslem überlieferten Hadithen bezieht: "Wer auch immer einen Kämpfer um Allahs willen mobilisiert, der selbst ist ein Kämpfer. Wer auch immer die Angehörigen eines Kämpfers unterstützt, der ist selbst ein Kämpfer."

Die Hamas erläutert, was das für den Glaubenskrieg gegen Israel bedeutet: "Schriftsteller, Intellektuelle, Medienschaffende, Redner, Erzieher und Lehrer sowie alle verschiedenen Bereiche in der arabischen und islamischen Welt - alle sind aufgerufen, ihren Part zu übernehmen und der Grausamkeit der zionistischen Angriffe und des durch Finanz- und Medienkontrolle ausgeübten zionistischen Einflusses wie auch der Folgen wegen, zu denen all das im größeren Teil der Welt führt, ihre Aufgabe zu erfüllen. Glaubenskrieg ist nicht beschränkt auf das Tragen von Waffen und die Konfrontation mit dem Feind. Das wirkungsvolle Wort, der gute Artikel, das nützliche Buch, Unterstützung und Solidarität - zusammen mit der Anwesenheit der ernsthaften Absicht, Allahs Banner höher und höher zu hissen - alle diese sind Elemente des Glaubenskrieges um Allahs willen."

Was für die Zerstörung und Wiedereingliederung des israelischen Staatsgebietes in den islamischen Machtbereich gilt, das gilt ebenso für die Islamisierung der Welt. Jeder Muslim hat daran auf seinem Platze zu arbeiten, jeder nach seinen Möglichkeiten. Die sind in den westlichen Demokratien noch sehr begrenzt. Die Muslime bedürfen der Mitstreiter, solcher von der Sorte des Buchhändlers und Präsidenten des Europaparlamentes Martin Schulz (SPD) beispielsweise. Der verurteilt die angebliche Diffamierung und die Verlachung des Islam vielleicht nicht mehr, wenn die radikalen Muslime zu oft und über zu lange Zeiträume die Absichten des Islam zu deutlich artikulieren, wenn er eines Tages begreift, daß die Angriffe auf die Botschaften und Konsulate westlicher Staaten sowie auf die NATO-Truppen in Afghanistan keine Antwort auf Mohammed-Filmchen und -Karikaturen sind, sondern zur Durchsetzung der Herrschaft des Islam angewandte Gewalt.

Islam und Demokratie, das ist für die Muslime ein lästiger aber noch eine Weile auszuhaltender Widerspruch, mit dem einige von ihnen schwer leben können. Der Direktor des Muslim Institute for Research and Planning, London, Dr. Kalim Siddiqui drückt diesen Widerspruch aus, als Cat Stevens alias Yusuf Islam sich in einer Podiumsdiskussion, am 15. April 1989, zum Mordaufruf durch Ayatollah Ruhollah Khomeini an Salman Rushdie äußert: "Wenn Herr Rushdie hilfesuchend an seine Tür käme, 'würde ich wohl jemanden anrufen, der ihm mehr Schaden zufügen würde, als ihm lieb wäre.' ... 'Ich würde versuchen, den Ayatollah Khomeini anzurufen und ihm genau sagen, wo dieser Mann ist,' sagte Herr Islam, der heute [am 23. Mai 1989] die Voraufführung des Programms sah und in einem Interview sagte, daß er zu seinen Kommentaren stehe." So berichtet die New York Times unter dem Titel Cat Stevens Gives Support To Call for Death of Rushdie. Cat Stevens unterstützt den Aufruf zum Mord an Rushdie.

Diese Variante des Glaubenskampfes ist für Dr. Kalim Siddiqui, den Organisator des im Hyde Park vorgesehenen landesweiten Protests gegen die Satanischen Verse zu der Zeit nicht angebracht. "Ich würde ihn nicht umbringen, aber ich bin sicher, daß sich in diesem Land [in England] viele Leute befinden, die dafür vorbereitet sind. Wenn sie sich Rushdies bemächtigen könnten, wäre er tot. Als britischer Bürger habe ich eine Verpflichtung, wenn Sie es so wollen, einen Sozialvertrag mit dem britischen Staat, das britische Gesetz nicht zu brechen. Wir sind keine pazifistische Religion. Wir halten nicht die andere Wange hin. Wir schlagen zurück."

Das sind deutliche Worte, sie sind eine Antwort an alle, die heute erklären, die "Islamisten" in den westlichen Ländern wären nur ein verschwindend kleiner Teil der Muslime. Auf Worte gegen den Islam und seinen Propheten sowie auf jede Art der Islamkritik, ob wissenschaftlich oder künstlerisch vorgetragen, steht die Todesstrafe. Und wenn sich jeder der radikalen Muslime an seinen "Sozialvertrag" mit dem Staat hielte, dessen Nationalität er erworben oder hinterhergeworfen bekommen hat, die Ummah kann allzeit genug Glaubenskämpfer schicken, die Dreckarbeit zu übernehmen.

Heute sind dazu mehr Muslime bereit als 1989, als der "arabische Frühling" noch 22 Jahre entfernt ist. Der entfesselte Islam in den arabischen Staaten beweist täglich, auch wenn kein tollkühner Mensch aus dem Westen ihn angeblich beleidigt, die grundsätzliche Unvereinbarkeit von Islam und Demokratie.