5. Oktober 2015

Die Vereinigten arabischen Emirate und die Demokratie


Georges Malbrunot, der beste Korrespondent, den Le Figaro aufweist, verhilft mir, die ich von deutschen Medien nur mit "Flüchtlingen" verblödet werde, zum besseren Verständnis des Mittleren Ostens. Was bieten deutschsprachige Medien bei Google News, wenn man sehen möchte, was in den Scheichtümern am Golf los ist, und dazu "Vereinigte arabische Emirate" eingibt?

Vereinigte Arabische Emirate: Wahl der Auserwählten, titelt EuroNews in aller Arroganz, und damit hat es sich auch schon bei Google, obgleich die Wahlen am 3. Oktober 2015 stattgefunden haben:

"In den Vereinten Arabischen Emiraten haben ausgewählte Bürger 20 der insgesamt 40 Parlamentarier gewählt. Die übrigen 20 werden von den Emiren gestellt. Rund 80 000 Wähler nahmen ihr Privileg wahr, das entspricht einer Wahlbeteiligung von gerade Mal 35 Prozent. Auch einige Frauen standen zur Wahl, darunter Shahinaz Abdul Razzaq."

Sie besetzt Listenplatz Nr. 279, weiß die Khaleej Times, am 23. September 2015.

Der österreichische Standard und die Schweizer NZZ sind am 29. April 2015 mit Wahlankündigungen für den 3. Oktober 2015 dabei. Deutsche Medien? Fehlanzeige!

Deutschland, seine Regierung, Behörden, Institutionen, Medien, sind nur noch peinlich.

Georges Malbrunot berichtet, mit Anreißer online, unter dem Titel Libéralisation politique prudente aux Émirats, vorsichtige politische Liberalisierung in den Emiraten, über die Wahlkandidatinnen in den von Abu Dhabi und Dubai dominierten VAE. Die Absolventin der Concordia Universität, Montréal/Kanada, Mouna Mansouri, aus Tunesien, wohnhaft in Dubai, wie man auf ihrer Facebook-Seite erfährt, sei zu ihrem Bedauern nicht in den Nationalrat der Föderation gewählt worden. Es gebe überhaupt nur eine Frau dort, sie wohne in Ras al-Khaïma, an der Straße von Hormus.

"Mit insgesamt 40 Mitgliedern, aus sieben Emiraten der Föderation, versteht sich der Nationalrat (CN) als eine Art Parlament der VAE. Seit 2006 werden die Hälfte seiner Mitglieder für vier Jahre gewählt, während die anderen weiterhin eingesetzt bleiben von einer Macht, die jedenfalls verstanden hat, daß sie ihre Bevölkerung an der Verwaltung des Landes beteiligen sollte."

Wer sich jetzt überhebt über solche Zustände, der möge sich das Wahlsystem der Bundestagswahl in Deutschland vornehmen. Wie werden die Kandidaten bei uns bestimmt? Wie viele wahlberechtigte Bürger wählen?

"Der Deutsche Bundestag besteht seit der Bundestagswahl 2002 aus mindestens 598 Sitzen (zuvor: 656). Davon werden 299 Mandate (zuvor: 328) in Einerwahlkreisen nach relativer Mehrheitswahl und die restlichen Mandate über die Landeslisten der Parteien vergeben."

Die Kandidatenaufstellung geschieht bei Überwachung durch die Bundeszentralen der Parteien durch Aushandeln in deren Landesverbänden. Nur die gewählten Direktkandidaten können von sich behaupten, anders als in den VAE an ihre Mandate gekommen zu sein. Alle Kandidaten, vor allem die der Landeslisten werden "eingesetzt ... von einer Macht, die jedenfalls verstanden hat, daß sie ihre Bevölkerung an der Verwaltung des Landes beteiligen sollte."

Eine Zusammenstellung von NRW, 2005, möge es verdeutlichen.

Zusammenarbeit der VAE mit Rußland

Im Artikel Syrie : Les frappes russes acceptées, mais pas l'implication de l'Iran. Die russischen Luftschläge akzeptiert, aber nicht der Einsatz des Iran, berichtet Georges Malbrunot, im Figaro, vom 5. Oktober 2015, ebenfalls heiße Sachen. Auch von diesem Artikel findet man im Internet Spuren.

Die Scheichtümer seien einverstanden mit dem Vorgehen Rußlands gegen die Terroristen, zu denen sie auch die von den USA unterstützten und ausgebildeten Kämpfer gegen Bashar al-Assad zählen. Sie hätten eine Schwarze Liste mit 83 Organisationen erstellt, mit al-Qaida, dem Islamischen Staat sowie weiteren Verbündeten der USA, Saudi-Arabiens und der Türkei. Pikanterweise ist auch die Vereinigung der Muslimbrüder in Frankreich Union des organisations islamiques de France (UOIF) aufgelistet, eine gern empfangene Gesprächspartnerin der französischen Regierung. Die UOIF mag Frankreich im Sinne des Hassan al-Banna und seines Enkels Tariq Ramadan islamisieren, die Scheichtümer halten sie für eine Terrororganisation und wollen nichts mit ihr zu tun haben.

Die Scheichtümer hätten sich nicht an dem Kommuniqué, unterzeichnet von den USA, Großbritannien und Frankreich zur Verurteilung des Vorgehens Rußlands beteiligt, obgleich Frankreich einen Militärstützpunkt in Abu Dhabi besitzt. Die genannten Länder unterstützten gemeinsam mit Saudi-Arabien, Katar und der Türkei die von ihnen so bezeichneten "Rebellen" der al-Nusra, einer Zweigstelle der al-Qaida in Syrien. Die VAE hingegen begrüßten mit Genugtuung die Unterstützung Rußlands durch Ägypten, während die Saudis den Krieg schon zur guerre sainte erklärt hätten, zum Glaubenskrieg.

Man suche bei Google News "vereinigte arabische emirate" russland und staune. Es ist nichts zu finden über die aktuelle Entwicklung!

Deutschland, seine Regierung, Behörden, Institutionen, Medien, sind nur noch peinlich.