Hüter der Schwester sowieso nicht! Die Schwester, in diesem Fall Tristane Banon, hat sich nach dem Sexangriff des Dominique Strauss-Kahn (DSK), im Februar 2003, gemeinsam mit ihrer Mutter Anne Mansouret an ihn, den damaligen Ersten Sekretär des Parti Socialiste (PS) gewandt, um ihn über den mutmaßlichen Vergewaltigungsversuch seines Parteigenossen zu informieren. Der habe ihr geraten, Klage einzureichen, was er heute bestreitet, seine Rolle sei es nicht, jemandem zu einer Klage zu oder von ihr abzuraten. Die junge Frau, 22 Jahre alt zu der Zeit, verzichtet nach Ratschlägen der Mutter zu klagen. Diese gesteht jetzt ein, ihrerseits einige Jahre zuvor ein von Brutalität geprägtes sexuelles Verhältnis mit DSK unterhalten zu haben. Tatsache ist ebenfalls, daß Tout Paris und die gesamte Führungsriege des PS über die Sexbesessenheit ihres Idols Bescheid wissen.
Thierry Ardisson spricht von 14 Frauen seines Bekanntenkreises, die ihn nach der Sendung mit Tristane Banon, 2007, angerufen und erklärt hätten, mit ihnen hätte er es auch versucht. Die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung in Sarcelles, wo DSK Bürgermeister gewesen ist, können ebenfalls einiges berichten. Einzelheiten, Links zum Vidéo etc. kann man in meinem Archiv aufrufen, bitte einfach DSK Tristane Banon in die Suchfunktion eingeben.
Der letzte Artikel zum Thema, Frankreich. Die Affäre DSK ist eine Affäre des Parti Socialiste, vom 6. Juli 2011, handelt von den Ausmaßen der Verkommenheit und der Heuchelei der Führungskader der Partei. Wenn man die neueren Äußerungen von Sozialisten verfolgt, so erfährt man, daß es noch immer PS-Vertreter gibt, die sich eine Rückkehr des DSK zu den nächsten Präsidentschaftswahlen vorstellen und nichts mit den Anschuldigungen gegen ihren Freund anfangen können.
François Hollande, heute Kandidat zur Kandidatur des PS für die nächsten Präsidentschaftswahlen, also potentieller Herausforderer des Nicolas Sarkozy, unterbietet allerdings alles, was aus der Partei verlauten könnte, er erklärt nämlich: C'est une affaire qui ne me concerne en rien. Das ist eine Affäre, die mich nicht im geringsten angeht. Die Medienwelt nimmt diese Verweigerung jeder Verantwortung begierig auf. 105 Ergebnisse erhält man bei Google.fr.
"Cette affaire ne me concerne pas, ni le PS." Diese Affäre geht weder mich noch den PS an. L'Express, wie Le Figaro aus dem Hause des Serge Dassault, berichtet von einer politischen Intrige, der sich der Kandidat gegenüber sehe. "Mit großer Festigkeit" ist er entschlossen, "gegen jede politische Manipulation" zu klagen, wie übrigens DSK das "übler Nachrede" wegen umgehend gegen Tristane Banon ob deren "Phantastereien" tut, wohl wissend, daß in Frankreich solche Verfahren ad calendas graecas verschoben werden; aber gepunktet hat Mann erst einmal. Den Bericht der beiden Frauen über den Vergewaltigungsversuch verniedlicht François Hollande zu einer Information Anne Mansourets über "einen Vorfall", über den Einzelheiten ihm nicht mitgeteilt worden seien.
Allein schon mit dem Ausspruch, daß es ihn nicht im geringsten angehe, beweist er, daß er als Präsident nicht geeignet ist. Ein Parteivorsitzender, der es nicht für angebracht hält, einen gemeingefährlichen Parteigenossen zur Rechenschaft zu ziehen und ihn bei dessen Uneinsichtigkeit aus dem politischen (!) Verkehr zu entfernen, der soll Frankreich regieren können? Einer, der nach allem, was inzwischen über den Lebenswandel des DSK in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist, heute meint, das beträfe ihn in keiner Weise, der zeigt seine negative Einschätzung von Frauen und Männern gleichermaßen, ein solcher wird auch in anderen kritischen Situationen die Verantwortung zurückweisen: Das NATO-Bombardement in Libyen? Es geht mich nicht im geringsten an! Die Verbindungen des Anwalts Jean-Louis Brochen, Ehemannes der Martine Aubry? Die betreffen mich in keiner Weise!
Aber der Kandidat ist nicht allein in seiner Verantwortungslosigkeit. Mit ihm sind, soweit in den MSM bekanntgegeben, seine Parteigenossen, der ehemalige Premierminister und ehemalige Erste Sekretär Laurent Fabius und die PS Nationalsekretärin Laurence Rossignol. Diese Frau, Vizepräsidentin der Region Picardie, hält ihre Freundin Anne Sinclair, die Ehefrau, für eine dem Chanson der Edith Piaf (!) entsprungene Ikone: "Il m'fout des coups, Il m'prend mes sous, mais c'est mon homme, je l'aime." Er schlägt mich, er nimmt mein Geld, aber er ist mein Mann, ich liebe ihn. "Anne Sinclair verkörpert die Universalität der Herrschaft der Frauen." Diese Laurence Rossignol kennt nicht einmal die besten Chansons ihres eigenen Landes, dann wüßte sie nämlich, daß es von Mistinguett gesungen wird, sie steht auch für das Verständnis, das in der Linken und verbreitet in ganz Frankreich von Frauen herrscht. Ich erlebe es täglich, Frauen sind, und wenn es sich um die berühmtesten handelt, so unwichtig, daß man ihre Namen getrost verwechseln darf. Ich unwichtige Ausländerin habe hier von Behörden bereits drei verschiedene Familiennamen zugewiesen bekommen. Sozialisten perpetuieren die Illusionen von einer angeblichen Herrschaft der Frauen, dann brauchen sie weniger für die Emanzipation derselben zu tun. Véronique Groussard kritisiert im Nouvel Observateur, am 18. Juni 2011, die Berichterstattung über die heilige Anne Sinclair. Zu dem Thema liest man bereits eine Woche vorher bei mir: Frankreich. DSK und Anne Sinclair, seine jiddische Mamme. Französinnen hinken immer etwas hinterher, wenn's um Frauen in der Politik geht, sie können besser Chanel Modenschauen.
Laurent Fabius ist derjenige, von dem der inzwischen leider verstorbene Präsident des Languedoc-Roussillon Georges Frêche meint, er hätte eine tronche pas catholique, er sei nicht sehr vertrauenswürdig. Das Gezeter der Funktionäre des PS klingt allen in unserer Region noch in den Ohren. Was ist er anderes, wenn er Bescheid weiß über den Fall und nichts unternimmt gegen den unaufhaltsamen Aufstieg des DSK? Laurence Rossignol schwärmt heute noch von DSK, erst vor einigen Tagen liest man, wie sehr sie es bedauert, daß er nicht kandideren kann.
L'Express eröffnet eine Fotogalerie von Persönlichkeiten, die seinerzeit über den mutmaßlichen Vergewaltigungsversuch informiert sind. Man kann gar nicht schnell genug staunen über alle Namen und Gesichter, die defilieren.
Eine der wenigen bedenkenswerten Einschätzungen liest man ausgerechnet in einem Leitartikel meines Provinzblatts L'Indépendant. Laurent Bachelier gibt François Hollande, was den Fall der Tristane Banon angeht, durchaus recht, er habe nicht an ihrer Stelle Klage einreichen können. Dann aber fährt er fort:
En fait, ce qui dérange le PS, bien au-delà de cet épisode, participe d'une secrète mauvaise conscience que personne ne viendra avouer au grand jour. Celle d'avoir su, tout simplement, et ce depuis des années, que DSK était un agité du sexe. Ce silence permissif, complice, était défendable tant que le personnage restait un simple pion sur l'échiquier politique. Il devient coupable dès lors que l'homme prétend à la fonction suprême, car il masque la réalité profonde de l'individu aux millions d'électeurs désireux d'en faire leur champion.
Avec DSK, le PS est aujourd'hui malade d'une tromperie par omission. Une blessure morale qu'il va traîner au long de la campagne. Avec, à chaque occasion, ses adversaires politiques pour appuyer là où ça fait mal.
Tatsächlich wird das, was den PS weit über diese Episode hinaus durcheinanderbringen wird, Teil eines heimlichen schlechten Gewissens sein, das niemand in aller Öffentlichkeit eingestehen wird. Dasjenige ganz einfach, gewußt zu haben, und das seit Jahren, daß DSK ein Sexbesessener war. Dieses freizügige, komplizenhafte Schweigen, war zu vertreten, solange die Person ein einfacher Bauer auf dem politischen Schachbrett blieb. Es macht sich schuldig von dem Augenblick an, da der Mann das höchste Amt anstrebt, weil es die grundsätzliche Realität des Individuums vor Millionen Wählern verheimlicht, die wünschen, ihn zu ihrem Champion zu machen.
Mit DSK krankt der PS heute an einer Täuschung durch Auslassen. Eine moralische Wunde, die er während der Kampagne mit sich schleppen wird. Mit seinen politischen Gegnern, die es bei jeder Gelegenheit da betonen werden, wo's wehtut.
Die Äußerung des François Hollande sind Laurent Bachelier zu der Zeit bekannt. Der zeigt aber gerade, daß er kein Gewissen hat, daß er nicht durcheinander gerät, sondern vors Gericht ziehen will. Im PS wird weiter geschwiegen. Die Erklärungen des Laurent Fabius und der Laurence Rossignol lassen nicht erkennen, daß sich irgendwer Gedanken macht über Schuld oder die Konsequenzen der Affäre DSK, im Gegenteil, der Auslöser, in New York, ist die "Affäre Nafissatou Diallo" und in Paris die "Affäre Tristane Banon". Wie singt José van Dam als Jochanaan in der Oper Salome? "Durch das Weib kam das Üüünheil in die Welt", und Otto Weiniger meint: "Das absolute Weib hat kein Ich."
Das ist auch die Haltung der oberen Chargen des PS, denn hätten sie den von DSK angegriffenen Frauen ein Ich zugebilligt, sähen sie Frauen nicht als Unheil an, wäre DSK nicht einmal Mitglied des Finanzausschusses der Nationalversammlung geworden.
In diesem noch immer mehrheitlich katholischen Frankreich hat's François Hollande mit Pontius Pilatus gehalten und "nahm ... Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig ..." (Mätthäus 27:24). Aber nicht nur diesem Weg folgt er, sondern auch dem Alten Testament. "Wo ist dein Bruder Abel? Und er sprach: Ich weiß nicht, bin ich der Hüter meines Bruders?" (Genesis 4:9)