8. September 2011

Just Scheu. Ja oder Nein. Wer hört, gewinnt!

das kann das Glück für dich sein,
und nicht für dich nur allein,
es kommt zu vielen Tausend Menschen wieder.

Ja oder Nein,
das gilt für Groß oder Klein,
vielleicht fällt morgen ein Schein
von diesem Glück auf dich hernieder.

Drum spitz die Ohren,
mach mit bei dem Spiel,
hilf uns zu helfen,
aus wenig wird viel.

Ja oder Nein,
das kann das Glück für dich sein,
es reicht dir heute die Hand,
schlag ein!

Wer hört, gewinnt!

"Aus dem Radio des Hilfsfahrzeugs, das mich mitnimmt, höre ich den beschwingten Singsang: 'Ja oder nein, das kann das Glück für dich sein …' und dann: 'Der Reinertrag dieser Funklotterie wird den Hochwassergeschädigten zur Verfügung gestellt'," schreibt Ortwin Fink, in der ZEIT, vom 23. Februar 1962, da ist Just Scheu, der Erfinder der Sendung, bereits sechs Jahre tot.

"Daß auch der hamburgische Staat durch die Funk- und Straßenlotteriesteuern von der Spendenfreudigkeit seiner Bürger profitiert (insgesamt vereinnahmte er von der DHG 725 000 DM), fand selbst Bürgermeister Brauer bedenklich," berichtet das Hamburger Abendblatt, am 8. Oktober 1949.

"Wenn auch die Gerüchte nicht stimmen, denen zufolge das Niveau der bisherigen Funklotterie des NWDR so gehalten gewesen wäre, daß sogar die Mantelpaviane von Hagenbeck richtige Lösungen einsandten, so gibt der neue Start am 1. April doch zu denken. Die größten Chancen auf den 10 000-DM-Hauptgewinn hat nämlich nur der Hörer mit dem derzeitigen Normalgeschmack. Die Methode, mit welcher der NWDR den Durchschnittsgeschmack seiner Hörer erforschen möchte, um auch die banausischen Ansprüche an das Programm befriedigen zu können, ist denkbar einfach. Seit dem 1. April werden nun an den letzten Rest von Intelligenz keine Anforderungen mehr gestellt. Der Hörer setzt von den jeweils gesendeten drei Musikstücken oder Werken der Literatur das, was ihm am besten gefiel, an die erste Stelle. Und wer nun mit der Einsendung, der Dokumentierung seines Geschmacks, dem Durchschnitt des Allgemeingeschmacks am nächsten steht, wird dafür belohnt. Alldieweil sich Bach und Shakespeare im Brummkreiseltempo in ihren Grüften umeinanderwirbeln, werden Ganghofer und Paul Lincke aus den himmlischen Gefilden dankbar auf Just Scheu herablächeln ... Was 'Kraft durch Freude' nicht fertigbrachte - die Funklotterie schafft es: 'Lilly- Marlen', 'Mamatschi' und 'Glühwürmchen' werden nun bald die letzten Rudimente eines Bach, Beethoven oder Hindemith aus unseren Ohren gebannt haben," schreibt DIE ZEIT, am 12. April 1951.

"Es war ein Nachruf auf den allerersten deutschen Rundfunk-Entertainer nach dem Krieg, auf Just Scheu. Peter Frankenfeld war ein scharfer Konkurrent von Scheu. Die beiden waren so etwas wie Ideal-Feinde. Meinen Scheu-Nachruf haben mir viele als Schleimscheißerei übelgenommen. Wohl zu Recht; ich hatte mit der in solchen Fällen oft geübten gedankenlosen Lobhudelei, dem Katalog seiner enormen Vorzüge und Stärken, aus dem Dahingeschiedenen einen Über-Menschen - in Wahrheit also einen Un- Menschen - gemacht. Ich habe ihn nachträglich um Wesentliches gebracht, nämlich um seine Persönlichkeit," geht Henri Regnier, in der ZEIT, vom 12. Januar 1979, öffentlich mit sich ins Gericht, ein seltenes Schauspiel, heute undenkbar, da sich das Personal der MSM kaum herabläßt, eine den Mindesstandards genügende Unterhaltungssendung aufzulegen, geschweige denn, einen, der's konnte, dafür mit einem Nachruf zu beehren.

"Der deutsche Rundfunk hat mit der Neigung, gut ankommende Sendungen einfach abzustellen, weil sie 'zu lange laufen', nach dem Kriege schon manche erfolgreiche Sendereihe kaputtgemacht. Noch heute jammern viele Hörer einer Sendung aus der Steinzeit des Rundfunks nach: den Kölner 'lustigen Gesellen'. Was sich jetzt bei 'Adrian und Alexander' tat, geschah ähnlich vor Jahresfrist, als Just Scheu seine alteingeführte Funklotterie völlig auf den Kopf stellen wollte. Die stille Revolte der Hörer erzwang, daß die alte Form beibehalten wurde," weiß der SPIEGEL Nr. 43/1953.

Auch ich jammere noch heute der Sendung Hallo Nachbarn! Mit Adrian und Alexander nach.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind noch nie anders gewesen als heute, nur die angebotenen Unterhaltungssendungen zur besten Sendezeit und Unterhaltungsmusik, U-Musik, die unterbieten Lilly- Marleen, Mamatschi und Glühwürmchen um Klafter. Im Artikel ARD. Das Programm zum Tanz in den Mai habe ich einige Beispiele genannt sowie die Reaktion der ARD, der ich den Artikel geschickt habe: Möchte vielleicht jemand wissen, was die ARD und ihre Regionalsender zu dieser Kritik meinen? Sie geht ihnen am Arsch vorbei!