3. September 2020

Frankreich hat einen Hohen Kommissar für den Plan

Während die NZZ das neue „Westfernsehen“ ist, hat sich Frankreich eben vollends in eine DDR 2.0 verwandelt. Frankreich hat jetzt einen Hohen Kommissar für den Plan. Er heißt François Bayrou und ist eine der größten Pfeifen des französischen Politikbetriebes.

Jean Castex confirme la nomination de François Bayrou haut-commissaire au Plan

Aus diesem Anlaß wird François Bayrou hier noch einmal vorgestellt. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Als sich die Bewegung En marche !, im März 2017, an einem Tiefpunkt befindet, der LR-Kandidat François Fillon wieder Aufwind bekommt, trifft Emmanuel Macron eine Abmachung mit François Bayrou und seinem Mouvement démocratique, verspricht dem MoDem-Präsidenten den Himmel auf Erden, dieser Pfeife, die außer Korruption noch nie etwas zustande gebracht hat, obgleich er schon zu der Zeit weiß, daß der Mann und das MoDem-Führungspersonal keinen Schritt tun werden im zu schaffenden Macron-Universum.

Jacques Chirac und François Bayrou, der José Bové für Führungskräfte


Am Sonntag, 11. März 2007, zur besten Sendezeit, hält Jacques Chirac eine vor- oder drittletzte Rede an die Nation, der er mitteilt, daß er nicht zur Kandidatur antrete für ein drittes Mandat. Der großartige Schauspieler hält Elogen an sein Land, das nicht endet, die Welt in Erstaunen zu versetzen. Das kann man sagen, wenn er es auch anders meint, als es im Rest der Welt wahrgenommen wird. Die strategischen, politischen und wirtschaftlichen Mißerfolge, die besonders seine zweite Amtszeit auszeichnen, gehen unter in Je vous aime, und mancher Berliner erinnert sich an die etwas verbogen kolportierten Worte des Erich Mielke, vom 13. November 1989: Ich liebe euch doch alle! 

"Der vollständige Text der Rede von Jacques Chirac"
L'intégralité de l'allocution de Jacques Chirac. Le Monde, 11 mars 2007
Le texte de la déclaration du chef de l'Etat communiqué par l'Elysée, dimanche 11 mars

Das ist die Wahrheit eines Mannes, wie sie Alexis Brézet als Leitartikel den Figaro-Lesern offeriert: La vérité d´un homme. So hat jeder seine Wahrheit, und Nicolas Sarkozy sagt, er sei von den Worten des scheidenden Präsidenten touché, berührt, es kann aber auch getroffen heißen, im Sinne eines Schusses.

Nichts ist abwegiger als die Annahme, Jacques Chirac habe den Weg freigemacht für Nicolas Sarkozy. Er macht nicht den Weg frei für ihn, sondern er kandidiert nicht mehr, weil er weiß, daß er keine Chance hat. Auf wessen Seite er sich stellt, will er erst mitteilen, wenn alle Kandidaten nominiert sind durch die benötigten mindestens 500 gültigen Unterschriften aus den Kreisen der Bürgermeister. Das heißt, daß er nicht rückhaltlos hinter dem Kandidaten steht, den seine eigene Partei bestimmt hat. Man kann es sich in etwa so vorstellen, als wenn Roland Koch, Christian Wulff und andere Konkurrenten um die Kandidatur zur Kanzlerschaft nach der Entscheidung der CDU für Angela Merkel erklärt hätten, sie warteten erst einmal ab, wer sich aus SPD, FDP und sonstigen Parteien zur Kandidatur entschlösse, danach richte sich ihre Entscheidung, wer unterstützt werde.

Der Stand von heute weist 20 Präsidentschaftskandidaten aus, darunter einige, die zur bürgerlichen Seite zu zählen sind. Muß man Jacques Chiracs Zurückhaltung so verstehen, daß er sich für den Fall, daß außer Nicolas Sarkozy und dem rechts von ihm positionierten Philippe de Villiers weitere bürgerliche Kandidaten ihre 500 Unterschriften zusammentragen, die Entscheidung für einen von denen vorbehält, oder warum kann er nicht werbewirksam in seiner Sonntagsrede seine Unterstützung für Nicolas Sarkozy erklären? Zieht er etwa den Kandidaten François Bayrou als Alternative in Erwägung, oder die Generalstochter Ségolène Royal, von der Konkurrenz? Es wäre nicht das erste Mal, daß Jacques Chirac sein eigenes politisches Lager verrät, auch außenpolitisch kann man solches beobachten, etwa in seiner Politik gegenüber Syrien.

Inzwischen kommt hinzu, daß François Bayrou alle Chancen hat, Ségolène Royal schon im ersten Wahlgang auszuschalten. Dann scheidet der Parti Socialiste (PS) aus dem Rennen aus, wie im April 2002, diesmal aber nicht gegen einen rechtsextremen, sondern gegen einen Kandidaten der links-rechts-mittleren Linksrechten, von dem niemand weiß, wo er wirklich angesiedelt ist. Es ist von Anfang an klar gewesen, daß der PS nur eine Chance hätte, wenn Dominique Strauss-Kahn (DSK) Präsidentschaftskandidat wäre, weil Wahlen in Frankreich in der Mitte gewonnen werden und nicht links, unterstützt gar von Wahlkampfmanagern des linkesten Spektrums des PS, nun rückt die Kandidatin den DSK endlich in den Vordergrund, was die Fehlentscheidung für eine Kandidatin Ségolène Royal allerdings nur deutlicher werden läßt und weitere Punkte kostet.

Der Dritte Mann François Bayrou

Das eine oder andere sickert allmählich durch über die politische Herkunft des François Bayrou. Dazu muß man die hinteren Seiten der Zeitungen sehr aufmerksam lesen. Dort analysiert Charles Jaigu, aus der Politikabteilung des Figaro, auf der Seite 15, den widerspenstigen, aufsässigen Kandidaten.

"Wie Bayrou, der 'Aufsässige' ,
Sarkozy die Unterstützung der Oberschichten entziehen könnte"
Comment Bayrou l'« insoumis » [sic]
pourrait priver Sarkozy du soutien des classes supérieures.
Par Charles Jaigu, Le Figaro, 12 mars 2007

Von der Rebellion her hat der ehemalige Bauer aus dem Béarn mehr Ähnlichkeit mit dem Neubauern und Maisausreißer José Bové als mit einem Staatsmann. Wie im Fall des Bewohners des Larzac besteht auch beim Kandidaten François Bayrou die Partei aus einem Einmannbetrieb. Gelernt haben beide bei dem aus Süditalien stammenden Guru Lanza del Vasto, von dem ich zugegebenermaßen vorher noch nie gehört oder gelesen habe. Lanza del Vasto (1901 - 1981) ist eine Art Mahatma Gandhi Italiens. Nach Indien reist er wiederholt. Dort trifft er außer Mahatma Gandhi noch andere Weise und Asketen Indiens. "Pèlerinage aux Sources", Pilgerfahrt zu den Quellen, nennt er seinen Bericht, den er 1943 darüber veröffentlicht. 1948 gründet er die den indischen Ashrams nachempfundene Gemeinde Arche, predigt ein bescheidenes gewaltfreies, alternatives Leben, die Rückkehr aufs Land und zur manuellen Arbeit, und initiiert Aktionen des gewaltfreien Widerstandes. Er fastet in Rom 40 Tage, um den Papst zu einer Verurteilung der Massenvernichtungswaffen und zur Anerkennung der Gewaltfreiheit zu bringen. Er fastet mehrere Male aus Protest gegen die Folter in Algerien, gegen Atomwaffenversuche und für die Unterstützung der Bauern des Larzac. Einer von ihnen ist José Bové.

Die Gewaltfreiheit, ob seinerzeit von Mahatma Gandhi oder heute von José Bové, ist nur eine andere, subtilere, man könnte auch sagen hinterfotzigere Art von Gewalt, auf die der Spruch paßt: Gott schütze mich vor den Schwachen, vor den Starken kann ich mich schon selbst schützen. In autoritärer Weise beanspruchen sogenannte Gewaltfreie die Definitionshoheit über den Begriff Gewalt. Die Illusion der Gewaltfreiheit bringt bis heute in die französische und in die europäische Politik eine große Portion Heuchelei. Außenpolitisch kann man das besonders gut an der Haltung zum Irakkrieg studieren. François Bayrou ist Teil dieser Heuchelei, die vor allem in Frankreich leider oft mehr geschätzt wird als Aufrichtigkeit.

"Mit 18 Jahren war ich fasziniert von Gandhi und von seinem französischen Schüler Lanza del Vasto. Die wesentliche Idee der Philosophie Gandhis ist, daß man nicht mit schlechten Mitteln zum guten Ende gelangen kann. Wie Gandhi glaube ich noch immer, daß ´der Weg das Ziel ist, wie der Baum im Samenkorn´. In der Arche des Lanza del Vasto gab es nur eine Art der Entscheidung, Einstimmigkeit ... Mir fällt es auch leicht, die Grünen zu verstehen. Die Wurzeln ihrer Bewegung trinken aus denselben Quellen, wie die des Lanza del Vasto", schreibt er auf seiner Wahlkampfseite und bezieht sich noch heute positiv darauf.

Was es für eine Demokratie bedeutet, wenn der Weg das Ziel ist, und Entscheidungen einstimmig gefällt werden, thematisiert er nicht. Wenn´s gewaltfrei ablaufen soll mit einstimmigen Entscheidungen, kommt es auf einen charismatischen Führer an, der allein diese Einstimmigkeit bewirken kann. Zur Gewährleistung der erstrebten Einstimmigkeit beim Auseinanderdriften der Meinungen wird dann später zwecks Machterhaltung im Extremfall auf Methoden Hitlers und Stalins zurückgegriffen oder auf die des Islam, der von vornherein keine Meinungen kennt. Sehr treffend schätzen seine Konkurrenten von der UMP ein, daß sich der Kandidat nur immer selbst meine. Die Grünen werden von ihm leichthin einvernommen, über Lanza del Vasto sieht er sich mit ihrem Streben verbunden.

Wo einer mit 18 Jahren politisch steht, und welche Dummheiten sich daraus ergeben, das ist nicht so relevant wie die Tatsache, daß sich der Präsidentschaftskandidat heute noch dazu bekennt, es sei denn, man unterstellt ihm demagogische Sprüche. Der Vater des François Bayrou gehört zum Mouvement républicain populaire (MRP), einer vom späteren Außenminister Georges Bidault 1944 gegründeten bis 1967 existierenden Partei von christlichen Widerstandskämpfern, die sich vom politischen Gegensatz links-rechts und von der "Treue" zu General Charles de Gaulle lösen wollen. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

1973 schließt sich François Bayrou dem Centre démocratique an. Geradezu rührend beschreibt er seinen Weg dorthin, der im Gandhischen Sinne das Ziel zu sein scheint: "Ich habe im Telefonbuch die Pariser Adresse dieser politischen Bewegung gesucht. Ich hatte noch nie einen Centriste getroffen. Ich wollte aber parteipolitisch aktiv werden, auch wenn das Engagement nicht sofort zum Mittelpunkt meines Lebens wurde."

"Für die Kandidaten oder für die Wähler nützliche Plakate?"

Nicht nur ist der Weg das Ziel der Politik des François Bayrou, sondern im Mittelpunkt steht dabei er, seine Überlegungen, Vorlieben, seine Gefühle breitet er mit scheinbar kindlicher Naivität aus: "Unsere Bewegung war im Niedergang begriffen, man mußte den Abhang wieder hochklettern, und das habe ich sehr geliebt. Ich bin ein sehr ernsthaftes Parteimitglied, sehr enthusiastisch und sehr eifrig, appliqué. Ich liebe es, Flugblätter zu verfassen. In diesem Punkt unterscheide ich mich ganz schön von meinesgleichen in der Politik. Die meisten kommen von oben, meistens aus der ENA oder aus dem Kabinett eines Ministers. Sie waren nie aktive Parteimitglieder."

Seit 1998 ist François Bayrou Präsident der 1978 auf Initiative von Jean Lecanuet und Jean-Jacques Schreiber gegründeten Partei Union pour la démocratie française (UDF): "ni droite ni gauche", "nicht rechts, nicht links". Diese Partei sollte dem Staatspräsidenten Valéry Giscard d´Estaing bei den Wahlen zur Nationalversammlung zur Verfügung sein [sic]. Es handelt sich um einen Zusammenschluß verschiedener Parteien der Mitte und der nicht-gaullistischen Rechten. Zum Verständnis sei erwähnt, daß in Frankreich die Parteien der Mehrheit zu Instrumenten der Präsidenten verkommen sind. Die Wahlen zur Nationalversammlung finden nach den Präsidentschaftswahlen statt, die Abgeordneten sind bessere Claqueure. Im Rahmen der Machterweiterung des Präsidenten Jacques Chirac wird von diesem am 17. November 2002 aus der ebenfalls von ihm, im Jahre 1976, gegründeten gaullistischen Partei Rassemblement pour la République (RPR) die Union pour un Mouvement Populaire (UMP), gegründet, die Vereinigung für eine Volksbewegung, worin der größte Teil der UDF aufgeht, bis auf einige Standhafte um François Bayrou.

Charles Jaigu behauptet in seiner Analyse, daß François Bayrou heute nicht mehr gern die ferne Episode seiner Leidenschaft für Lanza del Vasto erwähne. Es wäre für gebildetere Leute ja auch peinlich, einem Politiker hinterher zu laufen, der die Ordnung des Gesetzes im Namen einer höher stehenden Moral ablehnt, die selbstverständlich er in erhabener Weisheit definiert. Darum liest der Politikredakteur des Figaro lieber nicht die Website des Kandidaten, schließlich weiß man nicht, ob der nicht ab Mai 2007 der neue Präsident Frankreichs ist.

Das Motto des François Bayrou lautet: Ablehnung des Sozialismus der Klassenkämpfe und der Reinform des Liberalismus zugunsten eines Zwischensystems, wo die Politik die liberale Wirtschaft kontrolliert und verpflichtet, den menschlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Das sind hehre Worte im Namen einer höher stehenden Moral.

"François Bayrou, Sprengstoffattentäter der [politischen] Mitte"
François Bayrou, dynamiteur du centre. Par François Fressoz, Les Echos, 27 janvier 2006

Françoise Fressoz analysiert die Position der UDF im Januar 2006, als sich die Kandidatur des François Bayrou abzeichnet. Sie verweist auf das hohe Wahlergebnis der Vorgängerpartei MRP, die in der ersten Nationalversammlung nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahre 1946, mit einem Anteil von 28,2 Prozent der abgegebenen Stimmen die stärkste Partei wird. Zwei besondere Voraussetzungen habe dieses Ergebnis: das Prestige der Parteigründer, katholische Mitglieder, die eine aktive Rolle im Widerstand gespielt haben, und das Verhältniswahlrecht, das die Vertretung der Partei begünstigt. Das 1958 eingeführte Mehrheitswahlrecht führt zum Zweiparteiensystem und nötigt Vertreter der Mitte, sich mit den bürgerlichen Rechten zu verbünden, um zu regieren. In Frankreich werden die Wahlen aus der Mitte entschieden, was auch beim PS nahelegen würde, einen Kandidaten der Mitte zu bestimmen. Dieser Kandidat wäre Dominique Strauss-Kahn gewesen. Die Kandidatin Ségolène Royal, die mit einem Wahlkampfteam links von der Mitte angetreten ist, und die sich mit linkspopulistischer Kritik am Sanierungsplan "Power8" der EADS auf Stimmenfang begibt, sie verliert täglich mehr Ansehen.

Deutsche Politiker der CDU, muß man leider sagen, überholen die Kandidatin des PS noch. Das Ergebnis wird sich in der Zukunft zeigen, wenn die deutschen und französischen Steuerzahler durch Mißwirtschaft der Politiker mit Verlusten in Milliardenhöhe konfrontiert werden. François Bayrou hat, während Ségolène Royal sich dem Power8 widmet, die werbewirksame Idee der Neuverhandlung der Verträge zwischen Deutschland und Frankreich zugunsten eines französischen Führungsanspruchs.

Um auf die Analyse der Françoise Fressoz zurückzukommen: sie geht von den Blöcken UMP und PS aus und sieht wenig Chancen für einen Dritten Mann. Im Januar 2006 ist nicht damit zu rechnen, daß etwas ganz anderes eintritt, nämlich, daß der Dritte Mann anstelle der Kandidatin des PS an die zweite Stelle rückt und den PS noch mehr marginalisiert, als dies schon 2002 der Fall ist.

Es ist kurz davor, und wenn es im zweiten Wahlgang zu einem Duell Nicolas Sarkozy - François Bayrou kommt, dann ist Nicolas Sarkozy weg vom Fenster; denn die Linke wird schon allein, um einen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu verhindern, mehrheitlich François Bayrou wählen. Bereits jetzt lösen sich aus den Anhängern der bürgerlichen Rechten nicht unwesentliche Teile heraus und wollen François Bayrou im ersten Wahlgang ihre Stimme geben, einem Kandidaten, von dem niemand sagen kann, welche Politik er betreiben wird. Wahrscheinlich weiß er´s selbst nicht. Blogs von zu François Bayrou übergelaufenen Anhängern des Jacques Chirac veröffentlicht Le Figaro, am 13. März 2007, unter dem Titel Des chiraquiens pour Bayrou. Christophe Carignano, einer von ihnen, zitiert auf dem Blog bonVote.com, freut sich über den kräftigen Anstieg der Überläufer aus dem Lager des Jacques Chirac, eine große Zahl von Bloggern der Anhängerschaft von Jacques Chirac und Dominique de Villepin schlössen sich dem Centriste an, es sei wie ein Schneeballprinzip.

Das ist von Jacques Chirac so gewollt. Deshalb hat er am Sonntag keine Unterstützung des Nicolas Sarkozy ausgesprochen. Er sieht seine Einflußmöglichkeiten bei einer Präsidentschaft des François Bayrou gegeben, bei Nicolas Sarkozy hätte er die nicht. Woher soll François Bayrou, der jahrelang nicht am inneren Kreis der politischen Macht teilhat, seine Kompetenz und die Regierungsmitglieder nehmen, wenn nicht aus der Beratung durch Jacques Chirac und seiner Geschäftsfreunde? Das meint Jacques Chirac, wenn er sagt, er werde zukünftig der Republik anders dienen. Er rechnet damit, die Regierung hinter den Kulissen weiterzuführen. Die Franzosen, die für François Bayrou stimmen, können sich freuen, sie bekommen Jacques Chirac verjüngt wieder.

Es sind vor allem Unterstützer-Blogs für Dominique de Villepin, die sich begeistert in die Schlacht für ihr neues Idol François Bayrou stürzen und dessen politisches Verhalten nun über den grünen Klee loben: Bayrou erweist Jacques Chirac die Ehre. Es sei François Bayrou, der die aufrichtigsten Worte des Respektes für Jacques Chirac aufgebracht habe: Welch profunder Unterschied herrscht zwischen den Reden des UMP-Kandidaten des Umbruchs und François Bayrou auf der Ebene der Aufmerksamkeit für die von Jacques Chirac vertretenen Werte, schreibt vincent75, wohnhaft auf der Île de France, auf der Insel Frankreichs.

Damit dieses Inselleben so weitergehe, damit sich nichts ändere, werden zahlreiche Bürger ihre Stimme dem Hoffnungsträger der linksrechten Mitte geben. Es ist so ähnlich wie in Deutschland bei den letzten Bundestagswahlen, da Neuerer wie Paul Kirchhof abserviert werden zugunsten des "Großen Konz".

"Chirac-Anhänger für Bayrou"
Des chiraquiens pour Bayrou. Par Vianney Aubert,

Auch ich unterstütze François Bayrou, um Nicolas Sarkozy den Weg zu versperren, schreibt ein freier gaullistischer Blogger. Derweil erklärt Dominique de Villepin am Sonntagabend seine Unterstützung für Nicolas Sarkozy. So sieht jeder, wo er bleibt. Eine Chance für Dominique de Villepin besteht nur, wenn Nicolas Sarkozy gewinnt. François Bayrou wird sich kaum der Dienste des abgehalfterten Clearstream-Dominique bedienen.

Von Lanza del Vasto über Jacques Chirac bis Philippe de Villiers ist manches möglich, und auf Frankreich kommen weitere Aufregungen zu. Wir werden weitere fünf Jahre Chaos bekommen, was zur Freude der USA, Kanadas und Australiens noch mehr Brain und Kapital aus Frankreich vertreiben wird. Aber die Wähler haben etwas gegen einen Präsidenten, der mitten im Tumult der Novemberkrawalle 2005 erklärt, er werde die Störer und Randalierer aus Frankreich hinaus kärchern.

Die deutsche Firma Alfred Kärcher GmbH&Co. KG schaltet heute, um alle Mißverständnisse auszuräumen darüber, ob sie etwa die Äußerungen des Kandidaten Nicolas Sarkozy billigt und gar das benötigte Gerät liefert, auf der Seite 9 des Figaro, gleich unter einen großen Artikel mit dem Titel Bayrou träumt davon, am 6. Mai gegen Sarkozy anzutreten, ein Kommuniqué, in dem sie klarstellt, daß sie nichts mit solchen üblen Ansinnen gemein hat: Die Gesellschaft Kärcher bricht heute ihr Schweigen, weil sie sich nicht wiedererkennen kann in den kürzlichen Reden und Sinnvermischungen, mit denen ihr Name verbunden wird. François Bayrou wird das sicherlich mit dem Ankauf mehrerer Kärcher-Staubsauger für den Präsidentenpalast honorieren.

Im Figaro wird Nicolas Sarkozy allmählich zur Persona non grata. Heute berichtet die ehemalige Geisel im Irak Georges Malbrunot (G.M.), auf der Seite 3, in einem Zweispalter unter der Überschrift Douste-Blazy beruhigt die arabische Welt über die Politik von Sarkozy, aus Abu Dhabi und Kuwait: In der Golfregion kennt man sehr wohl die Zuneigung des UMP-Kandidaten zu Israel, und man schätzt die Rolle des Gegengewichts zur amerikanischen Supermacht. Im Januar hatte der Innenminister die arabischen Botschafter in Paris "überrascht", in dem er erklärte, "für die Wiederaufnahme des Friedensprozesses ist nicht Israel das Problem, sondern die Anerkennung Israels durch die (islamistische palästinensische, G.M.) Hamas".

Solche in anderen Teilen der Welt als Grundvoraussetzungen eines friedlichen Zusammenlebens in der Region angesehenen Feststellungen, nämlich die Anerkennung des Existenzrechts eines UNO-Mitgliedsstaates, verunsichert und überrascht die arabischen Staaten, die sich überlegen könnten, ob sie Frankreich nicht durch Petrodollar-Maßnahmen bestrafen, Geschäftsbeziehungen reduzieren, wenn einer ins Amt kommt, der solche Selbstverständlichkeiten ausspricht. Georges Malbrunot warnt schon einmal vor. Bei den französischen Führungsschichten wird die Warnung bald ankommen, meint Charles Jaigu. Dann können sie getrost den Rebellen in Anzug und Schlips wählen, sie tun´s fürs Vaterland. Frankreich tritt ein in die surrealistische Welt des André Breton, der sich seinerzeit noch mit einer Metapher begnügen muß, aber jetzt wird´s endlich Wirklichkeit:

Alles läßt glauben, daß es einen Punkt des Verstandes gibt, wo Weiß und Schwarz, Hoch und Tief und die Rechte und die Linke aufhören, als Gegensätze wahrgenommen zu werden.

Die Vorliebe der Franzosen für Rebellen und Atypische wird dazu führen, daß Weiß und Schwarz islamgrün werden und Hoch und Tief sich irgendwo unten vereint, wenn Rechte und Linke sich im undefinierbaren links-rechts-mittleren Linksrechten François Bayrou repräsentiert sehen.

12. März 2007

Ein solcher wie François Bayrou paßt zu Emmanuel Macron wie die Faust auf die Omma!

Comeback als „Hoher Kommissar“ in Frankreich. Von Thomas Hanke, 

"Der Politiker musste vor drei Jahren wegen einer Finanzaffäre aus Frankreichs Regierung ausscheiden. Nun darf er ein Amt wiederbeleben, das de Gaulle 1946 geschaffen hatte."

Rolle in Houellebecqs Roman „Unterwerfung“. Wikipedia

In Michel Houellebecqs 2015 erschienenen Roman „Unterwerfung“ spielt Bayrou eine wichtige Rolle bei der fiktionalen Machtübernahme durch die Muslimbrüder im Frankreich des Jahres 2022. Die Beteiligung Bayrous wird von einem fiktionalen Ex-Mitarbeiter des französischen Inlandsgeheimdienstes als „genialer“ Schachzug des fiktionalen muslimischen Parteiführers und neuen Präsidenten Frankreichs analysiert, da sich der Politiker aufgrund seines Charakters besonders für dessen Pläne eigne: „Er hatte sich […] auf einen Handel mit Mohammed Ben Abbes eingelassen: Dieser hatte sich dazu verpflichtet, Bayrou zum Premierminister zu ernennen, wenn er als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorginge. […] Was Bayrou so einzigartig, so unersetzlich macht […] ist seine Dämlichkeit. Sein politischer Entwurf ist immer auf seinen persönlichen Wunsch beschränkt geblieben, unter allen Umständen ein ‚hohes Amt‘ zu bekleiden […] Er hat nie eigene Vorstellungen gehabt und auch nicht so getan, als hätte er welche; in diesem Ausmaß ist das durchaus selten. Das macht ihn zum idealen, den Begriff des Humanismus verkörpernden Politiker, zumal er sich für Heinrich IV. hält und für einen großartigen Friedensstifter im Dialog der Religionen. Darüber hinaus erfreut er sich bei der katholischen Wählerschaft, die seine Dämlichkeit beruhigt, größter Beliebtheit. Genau das ist es, was Ben Abbes braucht […]“[17]

17. Michel Houellebecq: Unterwerfung (Roman). DuMont Buchverlag, 2017 (7. Aufl.),
ISBN 978-3832163594.