3. August 2023

Frankreich muß gehen! Es lebe Niger!

Anti-Frankreich-Demonstration am Unabhängigkeitstag, in Niamey, 3. August 2023

"Westliche Beunruhigung vor den Veranstaltungen zum Jahrestag der Unabhängigkeit"
Niger: inquiétudes occidentales avant les manifestations pour l'anniversaire de l'indépendance

Mehr als 1000 Personen sind seit Mittwoch, 2. August 2023, von Frankreich aus Niger ausgeflogen, laut AFP  hauptsächlich Amerikaner, Kanadier und Belgier. Mit den ersten vier Flügen wurden 992 Personen aus dem Land gebracht, darunter 560 Franzosen. 

Was denn nun? Fünfter Flug? Mehr als Tausend? 992 in vier Flugzeugen? Unwichtig?

Update, vom 4. und 5. August 2023 im und unterm Text
Die Abgesandten der ECOWAS sind aus Abudja abgereist.
Der antirussische Druck des Westens führte im Niger zum Staatsstreich
Bald Riesengewinne der westlichen Rüstungsindustrie und Tausende von toten Afrikanern!

Die ECOWAS bereitet ein militärisches Eingreifen vor, wenn es sich auch um "die letzte Option auf dem Tisch" handelt. Diese Option soll gewählt werden, wenn der von der Junta abgesetzte Präsident Mohamed Bazoum nicht wieder eingesetzt wird. Da die Junta mehrfach erklärt hat, dies nicht zu tun, ist die Gewinnmaximierung der westlichen Rüstungsindustrie, diesmal endlich auch Frankreichs, im großen Stil sowie der Produktion von Tausenden von "Ukrainern" nahe gerückt.

Update, vom 5. August 2023

"Die französischen Soldaten gebeten, aus Niger stiften zu gehen"
Les soldats français priés de décamper du Niger. L'Indépendant/Midi Libre et al., 5 août 2023

Frankreich hat die Entscheidung der Junta, vom 4. Augst 2023, zur Kenntnis genommen, die Verträge zur militärischen Zusammenarbeit Frankreichs mit Niger zu kündigen. Die Außenminister Frankreichs und der USA, Catherine Colonna und Antony Blinken, sind sich einig, Mohamed Bazoum zu unterstützen, wieder in sein Amt zu gelangen. Die Generalstäbe der ECOWAS-Staaten haben bereits einen militärischen Interventionsplan ausgearbeitet. Nigeria, Senegal und die Elfenbeinküste sind bereit, Truppen zu stellen. Endlich kriegt Frankreich auch was ab vom Krieg der USA gegen Rußland!

Darum sind die französischen und andere Bürger verbündeter Staaten der internationalen Staatengemeinschaft ausgeflogen worden. Es kann losgehen mit dem Abschlachten anderer.

Fiche le camp, Jacques ! Wobei es sich nicht nur um Soldaten des Namens Jacques handeln dürfte. 

Seit 1948 holen auch Ausländer, die Fremdenlegion, für Frankreich die Kohlen aus dem Feuer, 1948 bis 1954 in Indochina, dann überall in den Ländern in denen die Kolonialmacht Frankreich Drecksarbeit leisten muß, um ihren Einfluß zu behalten: Algerien 1955 bis 1962, dann hauptsächlich Afrika: Tschad, Zaire, Kongo, Somalia, Ruanda, Republik Zentralafrika, Elfenbeinküste, Mali sowie Europa: ex-Jugoslawien, Naher Osten: Libanon, Irak und Asien: Afghanistan. Jetzt auch in Niger!

"Die Putschisten in Niger setzen auf  Eskalation"
Au Niger, les putschistes jouent l’escalade. Par Isabelle Lasserre, Le Figaro 4 août 2023

Der Abzug aus Niger, der ca. 1 000 bis 1 500 französischen Soldaten, "aus dem für die französischen Anti-Terrormaßnahmen unentbehrlichen Herzstück" werde im Élysée und im Generalstab studiert.

Die Streitkräfte Nigerias und der ECOWAS-Staaten besäßen die Kapazität, Ukrainer zu werden, in Niger einzugreifen. Nigerias Truppen könnten sofort ins nördliche Niger einmarschieren.

Unter 130 Kommentaren ist dieser, von Plinius dem Jüngeren 😁, einigermaßen repräsentativ:

Pline le Jeune, le 04/08/2023 21:54
"Ein schöner diplomatischer Erfolg! Frankreich hinausbefördert mit einem Tritt in den Ar... überall in Afrika. Eine nicht vorhandene Ministerin, ein Präsident, der nichts als seinen Ruhm verwaltet, das führt dazu, daß wir bei Desinteresse auf internationaler Ebene isoliert sind."

Westafrika bereitet sich auf einen regionalen Krieg vor. Von Andrew Korybko,

Nein, sondern Frankreich, Großbritannien und die USA bereiten Westafrika auf den Krieg vor.

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"Putsch in Niger: Eine militärische Intervention wäre 'die letzte Option auf dem Tisch', laut ECOWAS"
Putsch au Niger : une intervention militaire serait «la dernière option sur la table», selon la Cédéao.

Die Äußerung tut der in der ECOWAS für Politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit zuständige Kommissar Abdulfatar Musa, von dem man im Internet nicht erfährt, aus welchem der 15 Länder er stammt. Darf man raten? Aus einem (noch) mit dem Westen liierten Land.

Es ist schon deshalb unmöglich, ihn zu finden, weil er nicht so heißt, sondern Abdel-Fatou Musah, Phd, und er ist aus Ghana, im Rang eines Botschafters, aber das ist den französischen Agenturen und Medien unwichtig. Was interessiert ein Name, wenn schon die Staaten insgesamt nur im Hinblick auf die Interessen des Westens interessieren?

"Botschafter Musah bekam seinen Bachelor von der Universität von Ghana, Legon, gefolgt von einem Masters in Mass Communication und einem Doktor in Historischen internationalen Beziehungen von der staatlichen Lomonossow-Universität Moskau. Er spricht fließend Englisch, Französisch, Russisch, Hausa und Twi."

Die Hausa sind in West- und Zentralafrika mit 76 Millionen die größte ethnische Gruppe.

Wenn man davon ausgeht, daß der Muslim Abdel-Fatou als Kind zuerst Hausa und Twi lernt und spricht, sieht man an der Auflistung, wie unwichtig diese Sprachen in der ECOWAS sind. Da geht es um Englisch und Französisch. Was sein Studium in Moskau angeht, witzelten wir zur Zeit der Sowjetunion: Wer in den USA studiert, kommt als Kommunist zurück, wer in Moskau studiert, kommt als Kapitalist zurück. Das galt besonders für die Lumumba-Universität seligen Angedenkens.

"Wir dürfen Afrika keinesfalls verlassen"
Il ne faut pas quitter l'Afrique!. Par Renaud Girard, Le Figaro, 31 juillet 2023

Das ist doppeldeutig, es nicht zu verlassen und, es nicht im Stich zu lassen. Aus den folgenden Ausführungen ergibt sich aber, daß es ihm um die Ausbeutung der "immensen Ressourcen Afrikas" geht, "das mittelfristig eine zentrale Rolle in der Weltwirtschaft einnehmen" werde. "Kulturell hat Frankreich einen komparativen Vorteil. Man muß ihn voll ausspielen und denjenigen helfen, die uns darum bitten." Tja, es bittet nur kaum noch einer, daß Frankreich bleiben möge, im Gegenteil, und deshalb frotzelt Leser PA75, am 02/08/2023,  00:13 Uhr: "Das Ideal wäre, wenn Frankreich es erreichte, in Frankreich zu bleiben. Das ist noch nicht gewonnen ...!" und spielt damit an auf die Veränderung Frankreichs durch Millionen von legalen und illegalen afrikanischen Immigranten.

Was den kulturellen Vorteil Frankreichs in Afrika angeht, sollte man an Libyen 2011 denken!

Renaud Girard, dessen Kolumnen ich meistens sehr schätze, vor allem, wenn es recht ausgewogen um Rußland geht, erfrecht sich zu behaupten, den Kolonien wäre "die Unabhängigkeit gewährt" worden, les indépendances accordées, von oben nach unten, heißt das. Ohne die Großzügigkeit Frankreichs wären die ehemaligen Kolonien Afrikas jetzt abhängig wie die Überseegebiete Frankreichs, wie Neukaledonien und Polynesien beispielsweise, oder wie Mayotte? Niemals, jamais !

Die 15 Mitgliedsstaaten der ECOWAS, ehemalige britische, französische und portugiesische Kolonien, sind untereinander uneinig, wie mit Niger zu verfahren ist. Wenn da militärische Interventionen stattfinden, werden sie nicht von allen gegen Niger, sondern der einen gegen die anderen ECOWAS-Staaten ausgetragen, was den Rüstungsindustrien Frankreichs, Großbritanniens und der USA Aufträge brächte. Vielleicht könnte Rheinmetall ja zusätzlich 'nen in Deutschland gefertigten Leopard einfliegen?

Das Komitee der Chefs des Militärstabs (CCDS) der ECOWAS-Mitglieder kommt auf Beschluß der Staatschefs der ECOWAS, vom 30. Juli 2023, zu einem Außerordentlichen Treffen über die politische Lage in der Republik Niger zusammen, in Abuja, vom 2. bis 4. August 2023.

Nebenbei erfährt man, daß der britische Außenminister James Cleverly, nomen est omen, sich ebenfalls in Abuja aufhält und mit dem nigerianischen Präsidenten Bola Tinubu, Muslim und vom ethnischen Stamm der Yoruba, zusammentrifft. Wer seitens Frankreichs dort herumlungert, ist unklar. 

Die ECOWAS-Mitgliedsstaaten Gambia, Ghana, Nigeria, Sierra Leone und Togo sind Mitgliedsstaaten des Commonwealth of Nations. Dort residiert in jedem Land ein Hochkommissar der britischen Krone. Dr Richard Hugh Montgomery ist Hochkommissar in Abuja, seit April 2023.

James Cleverly übt auf die versammelten Mitglieder des Commonwealth of Nations der ECOWAS Druck aus, den Renaud Girard allerdings Rußland unterstellt. Gegen Frankreich auftretende Afrikaner wären "vom Ausland manipuliert", heißt von Rußland - oder gar von China?

Update, vom 4. August 2023

"'Die Abgesandten der ECOWAS sind abgereist', in der Nacht von Donnerstang auf Freitag und haben weder Abdourahamane Tiani, den Chef der Militärs, noch den entmachteten Präsidenten Mohamed Bazoum gesehen, hat ein Mitglied der Delegation erklärt, am Freitag, den 4. August."

Nirgendwo liest man, wer wen nicht treffen wollte, es bleibt offen, ob die Putschisten die beiden Treffen hintertrieben haben. Darf man raten? Wenn das der Fall gewesen wäre, berichtete jedes Medium in Frankreich darüber, von linksradikal bis RN-nah. Verschleiert wird, daß die von den Briten und Franzosen beeinflußten Delegationsmitglieder nicht verhandeln durften, um ein militärisches Eingreifen der sogenannten internationalen Staatengemeinschaft offen zu halten.

Das hat Ähnlichkeit mit der Lage in der Ukraine, wo angeblich immer Wolodymyr Selenskyj Verhandlungen verweigert. Dabei können weder die Ukraine noch die ECOWAS-Staaten souverän entscheiden; sie haben den USA, Großbritannien und Frankreich zu gehorchen.

gauloisrefractaires kommentiert, am 02/08/2023, 17:36
"Am drolligsten in dieser Lage ist, daß die westlichen Länder und die ECOWAS seit Jahrzehnten unfähig sind, die Dschihadisten Afrikas auszurotten, aber sie wären bereit, einen 'Gegen-Putsch' zu führen, um das von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnte 'Kolonialregime' wieder einzusetzen? Diejenigen, die die Verantwortung übernehmen werden, auf die Gewalt zurückzugreifen, riskieren, ganz Afrika in einem noch nie auf dem gesamten Kontinent gesehenen 'Bruderkrieg', dessen Folgen unabsehbar sind, in Flammen aufgehen zu lassen."

Vielleicht ist das ja eine Absicht? Bruderkrieg zur Verringerung der Anzahl der Afrikaner? Wir EU-Bürger können nur hoffen und beten, daß die Folgen eines solchen Vorgehens bedacht werden.

"Zusätzlich zu einem Ultimatum von einer Woche zum Rücktritt der Junta, um die verfassungsmäßige Ordnung wieder herzustellen, und die Aussetzung von Finanztransaktionen mit Niger hat die ECOWAS das Einfrieren aller Dienstleistungen, einschließlich der Energietransaktionen dekretiert." Die Weltbank, die Niger im letzten Jahr 1,5 Milliarden Dollar überwies, stellt ihre Zahlungen ab sofort ein. Nigeria, Emmanuel Macrons Lieblingsland, hat Niger jetzt schon mal den Strom abgedreht.

MOSCOU APPELLE AU "DIALOGUE" 
La Russie appelle au "dialogue" pour éviter une "dégradation de la situation".
"Rußland ruft zum 'Dialog' auf, um eine 'Verschlechterung der Lage' zu vermeiden."

Niger warnt vor ausländischer Einmischung – Afrikaner unterstützen Putschserie auf dem Kontinent. RT, 3 Aug. 2023 12:35 Uhr

Viele junge Afrikaner unterstützen nach einem Bericht der UNO die Putschserie auf dem Kontinent.

"Der Bericht sagte, daß 'paradoxerweise' die Unterstützung der Bevölkerung für den kürzlichen Militärputsch in Afrika 'symptomatisch ist für eine Welle neuer demokratischer Bestrebungen, die sich über den Kontinent ausbreiten', da überwiegend Jugendliche zunehmend frustriert sind von den bestehenden wirtschaftlichen und politischen Systemen und auf einen schnelleren Wechsel drängen, als Wahlen bringen können," berichtet Cara Anna, AP, am 2. August 2023.

Die UNO hat von Afrikanern in Afrika ihre Meinung erfragt. Man kann aber davon ausgehen, daß auch die jungen Afrikaner in Frankreich das so sehen. Das hindert Emmanuel Macron und seine Regierung nicht daran, immer mehr junge Afrikaner in Frankreich aufzunehmen. Jetzt werden aus Niger noch diejenigen hinzukommen, die nicht unter der neuen Regierung leben wollen.

"Wir sind immer ein Einwanderungsland gewesen und werden fortfahren, das zu bleiben," erklärt der Staatspräsident dem in den Pazifik mitreisenden Loris Boichot, vom Figaro Magazine, gegen die Tatsachen, die nachzulesen sind in der Geschichte der Merowinger und Karolinger.

Update, vom 4. August 2023

Wie die Regierung der USA die Lage nach dem Putsch einschätzt, entnimmt man indirekt dem Artikel des nigerianisch-amerikanischen Douglas Dillon Senior Fellows for Africa Studies Ebenezer Obadare, vom Council on Foreign Relations, der für die Blog Posts seiner Wissenschaftler eine institutionelle Verantwortung ablehnt, sie "repräsentieren die Ansichten der CFR Wissenschaftler und Mitarbeiter":

"Nigeria sollte ein afro-westliches Bündnis leiten, um Nigers Militärjunta zu vertreiben und die Demokratie im Land wieder herzustellen." Das ist die Pax Nigeriana Marke James Cleverly.

from Africa in Transition, 
Pax Nigeriana
Nigeria should lead an Afro-Western alliance to flush out Niger’s military junta and restore democracy in the country. 

Bekräftigt wird die Annahme, daß die US-Regierung das so sehen könnte, durch den Meinungsartikel des Mohamed Bazoum, in der Washington Post des Jeff Bezos: 


Opinion  President of Niger: My country is under attack and I’ve been taken hostage

Update, vom 5. August 2023

Worum es im Niger wirklich geht und warum ein militärisches Eingreifen wahrscheinlich ist. 

"Schon vor dem Einmarsch in die Ukraine schlug die amerikanische Atomindustrie wegen ihrer Abhängigkeit von ausländischen Quellen Alarm. Seitdem sprechen Führungskräfte und Regierungsbeamte von einer Krise. Wenn jetzt noch die Probleme in Niger hinzukommen, sieht die Situation eher nach einem Notfall aus.

Die Lösung des Problems wird jedoch nicht einfach sein und würde eine intensive Zusammenarbeit zwischen den USA und Frankreich erfordern – ironischerweise die beiden westlichen Mächte, für die in Niger am meisten auf dem Spiel steht."

Kommentator Cipolla meint, die US-Regierung wäre eben dabei, Frankreich aus dem Geschäft zu vertreiben und ihrerseits mit der neuen Militärregierung Verträge über den Abbau von Uran und Gold zu schließen, um die Ware dann teuer an Frankreich, die EU und andere zu verscherbeln.

Wenn's so ist, sollte die Bundesregierung sich verhalten wie der Ukraine gegenüber: Sanktionen, NATO-treue Waffenlieferungen, die 100 Soldaten in Niger umgehend aufstocken, um im geplanten ECOWAS/NATO-Krieg mitzutun und die eigenen Bürger noch mehr zu schädigen. Los geht's! 💀


Die Afrikaner sehen, dass Russland sie mittels «Wagner» vor internationalem Terrorismus schützen kann. Zusammenfassung der ersten Frage der «FRAGE-ANTWORT»-SENDUNG VOM 31.07.2023

"Der antirussische Druck des Westens führte im Niger zum Staatsstreich"

Das Ultimatum an die Putschisten läuft aus. Von Claudia Bröll, Kapstadt,


Affaire à suivre ...

Niger. Erwidert Frankreich auf unnachgiebige Art? 31. Juli 2023/Updates 1. und 2. August 2023
Der Putsch in Niger ist eine Katastrophe für Frankreich. 29. Juli 2023/Updates, 30 Juli 2023