31. Juli 2023

Niger. Erwidert Frankreich auf unnachgiebige Art?

Staatsstreich in Niger: Frankreich wird 'auf umgehende und unnachgiebige Art' erwidern,
falls seine Staatsangehörigen angegriffen werden."
Coup d’État au Niger : la France répliquera «de manière immédiate et intraitable»
en cas d'attaque contre ses ressortissants. Par Le Figaro avec AFP, 30 juillet 2023

"Der Präsident der Republik 'wird keinen  Angriff gegen Frankreich und seine Interessen dulden', hat der Élysée-Palast nach den Demonstrationen vor der Botschaft Frankreichs, in Niamey, reagiert." Mit dem Ruf "Wir wollen Rußland" demonstrierten dort, Flaggen Nigers und Rußlands schwenkend, am Sonntagmorgen, Tausende, die mit Tränengas auseinandergetrieben wurden.

Update, vom 1. und 2. August 2023 im  und unterm Text
Frankreich evakuiert seine Staatsbürger aus Niger. Die Luftschläge können beginnen!
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft bereitet sich auf einen Bruderkrieg vor. 💀

Frankreich werde "alle regionalen Initiativen" unterstützen, um die Ordnung wiederherzustellen und Mohamed Bazoum wieder in sein Amt einzusetzen. Westafrika wird doch in Schach zu halten sein! 

Wer nur bringt es dem Staatspräsidenten schonend bei, daß der Angriff auf Frankreich und seine und seiner Konzerne Interessen bereits mit dem Putsch erfolgt ist?

"Interview. 'Krise in Niger und antifranzösisches Gefühl:
Rußland rührt die alten kolonialen Erinnerungen wieder auf'"
ENTRETIEN. Crise au Niger et sentiment anti-français : 
"La Russie remue les vieux souvenirs coloniaux". Par Anatole Bernaudeau, 
La Dépèche, 30 juillet 2023 / L'Indépendant, 31. Juli 2023

INTERVIEW. Krise in Niger und antifranzösische Stimmung: 
„Russland weckt alte koloniale Erinnerungen“

Der Emeritus für Geschichte der Gegenwart am Institut für Politikwissenschaft der Universität Aix-en-Provence Professor Jean-Charles Jauffret erklärt dem Redakteur Anatole Bernaudeau, daß die lokale Bevölkerung nach dem Putsch, vom 26. Juli 2023, den Wunsch geäußert hätte, daß die Anwesenheit Frankreichs im Lande beendet werde: "À bas la France", Nieder mit Frankreich, höre man im ganzen Land. Die Bürger seien vom Westen enttäuscht, nicht nur von Frankreich. Der Kampf gegen die Dschihadisten in dem Sahel-Gebiet, das sechsmal größer ist als Frankreich, hätte seit Frankreichs Eingreifen in Mali, 2013, keine brauchbaren Ergebnisse gebracht.

"Ja, und es gibt Grund, sehr, sehr besorgt zu sein. Du musst kein Strauß sein. Dies ist eine Bestätigung dafür, dass die Region von Russland kontrolliert wird. Und wenn Sie Niger kontrollieren, kontrollieren Sie 80 % der Sahelzone. Vor dem Putsch blieb das Land ein Stützpunkt Frankreichs. Jetzt bleibt nur noch Tschad übrig, aber wie lange."

Den Uranabbau betreffend, liest man in französischen Medien zunächst, der wäre für die Société Orano, ex-Areva, die das Uran seit 50 Jahren abbaut, nicht so wichtig, er machte nur 10% des Uranbedarfs für Frankreichs Atomindustrie aus. Niger fördere überhaupt nur 4% des weltweit geförderten Uranerzes. Die Daten scheinen von Statista zu kommen,: Niger an 14. Stelle.

Statista Research Department, 14. April 2023

"Mehr als 50% des in Niger gewonnenen Uranerzes wird dazu benutzt, französische AKWs zu betreiben. 24% der Uranimporte der EU kommen aus Niger."

Prof. Jean-Charles Jauffret berichtet, daß sich im Niger die größte Uranmine der Welt befindet,  eine der wenigen natürlichen Ressourcen des Landes, in Arlit. Gibt man Arlit bei Google ein, so kommt man auf die Organisation Hibakusha Weltweit. "Eine interaktive Karte zu den Gesundheits- und Umweltfolgen der nuklearen Kette", mit Informationen zu den Uranminen von Arlit und Akokan.

"Niger, ein Land mit einem der niedrigsten Entwicklungsstände der Welt, ist gleichzeitig der drittgrößte Produzent des Waffen- und Energierohstoffs Uran. Die Kehrseite des lukrativen Geschäfts: In Minen-Städten wie Arlit und Akokan messen Wissenschaftler heute gefährliche Dosen von Radioaktivität, die zu erhöhten Krebsraten führen. ... Heute ist die unterirdische Uranmine von Akokan die größte der Welt und Niger der Lieferant von etwa 7,5 % des weltweiten Uranerzes."


Arlit liegt 1 200 km nordwestlich von Niamey. Die Société Orano informiert auf ihrer Website

"Die Compagnie Minière d’AKOUTA (COMINAK) ist eine Aktiengesellschaft nach nigrischem Gesetz mit einem Kapital von 3,5 Milliarden Franc CFA [5 337 500 €, Stand: 31. Juli 2023], gegründet am 12. Juni 1974. Sie baut die Uranschichten in der Provinz von Agadez ab, im Norden von Niger.

Die Aktionäre von COMINAK 
Seit Ende Februar 2021 hält Orano 59% des Kapitals von COMINAK, nach der Übernahme des Teils, der von einem der historischen Aktionäre gehalten wurde, der japanischen Gesellschaft [Overseas Uranium Resource Development] OURD (25%)."

"Die industriellen Aktivitäten von COMINAK werden in AKOUTA ausgeübt, einer Industriezone 6 km entfernt von der städtischen Siedlung AKOKAN, wo die Arbeiter und ihre Familien wohnen. Das Gelände ist 12 km entfernt von den Einrichtungen der Mine von SOMAÏR."

On March 31, 2021, the Akouta mine in Niger operated by COMINAK 
ceased production after nearly 50 years of service. Réaménagement Cominak


Zum Franc CFA [1 XAF = 0,001525 EUR, 1 EUR = 655,837991 XAF, Stand: 31. Juli 2023] fragt Dagmar Henn, auf RT, am 27. Juli 2023:

"Warum haben bis heute die ehemaligen Kolonialmächte nie angeboten, Handel in der Landeswährung zu treiben oder nötigen sogar, wie Frankreich mit dem CFA-Franc, den Ländern eine Währung auf? Es wäre technisch betrachtet kein Problem, den Handel entsprechend umzustellen. Es geschieht nicht, weil damit ein ökonomischer Vorteil für die westlichen Länder verloren ginge."

Der Franc CFA ist so wenig wert, daß man den Betrag in Euro kaum sehen kann: Promille!

Außer dem französischen Militär sind zur Zeit 500 bis 600 französische Staatsbürger in Niger, und, wie man heute aus meiner Dorfzeitung erfährt, sind dort auch 1 100 US-Soldaten stationiert, die nunmehr, wie ein US-Gesetz bestimmt, aus dem Land in die Heimat zurückgeholt werden sollen.  Wenn das keine "unerschütterliche" Unterstützung ist! Antony Blinken hat recht: Jedem Land, aus dem die USA weichen und ihren Einfluß gegen die Bevölkerung nicht militärisch sichern, geht es durch diese indirekte Unterstützung besser - es sei denn, sie kehren auf dem Luftweg und bombardierend zurück.

Frankreich hat versichert, daß es keinen Angriff auf seine Staatsbürger und seine Interessen in Niger dulden werde. Es werden andererseits keine Franzosen evakuiert, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß durch einen verrückten Putschisten-Fan, gern auch einen Rußland-Wimpel schwenkend, ein Bürger zu Schaden kommen könnte. So fragt RT und zeigt ein Foto des von Mohamed Bazoum entlassenen Generals Amadou Abdraman*, bei einem Fernsehauftritt, vom 31. Juli 2023:

* Berichtigung: Nicht General Amadou Abdraman wurde von Präsident Mohamed Bazoum entlassen, im April 2023, sondern der in Niger sehr beliebte General Salifou Modi. Abdourahamane Tchiani bzw. Tiani sollte der nächste gewesen sein.  Präsident Mohamed Bazoum hatte nie eine gute Beziehung zur Nationalgarde.

General Salifou Modi ist jetzt der Präsident des Militärs der neuen Republik Niger.

Putsch in Niger: Interveniert Frankreich militärisch?, RT, 31 Juli 2023 16:31 Uhr

"Einer der am Militärputsch beteiligten Offiziere, Amadou Abdraman, sagte am Montag im nationalen Fernsehen Nigers, Frankreich habe die Regierung des Nachbarlandes Nigeria um Erlaubnis ersucht, ihren Luftraum für Luftschläge gegen Niger zu nutzen, und plane eine militärische Intervention."

Nigeria hat derzeit eine westlich orientierte Regierung. Außerdem kennt sich Emmanuel Macron in dem Land aus wie in keinem anderen, da hat er, vor 21 Jahren, sein ENA-Auslandspraktikum absolviert, ein ganzes halbes Jahr, und ohne Brigitte Trogneux! Er hinterließ dort nur gute Erinnerungen. 

Auch die Streitkräfte Nigers sind einverstanden, daß ihr Land von Frankreich mit Bomben belegt wird. Der Minister für Verteidigung ist verhaftet. Die Unterschrift unter die Genehmigung stammt vom Interimspremierminister Seiner Exzellenz Massoudou Hassoumi, Staatsminister, Minister für Auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit Nigers.

Update, vom 1. August 2023

"Staatsstreich in Niger: Frankreich wird seine Staatsbürger diesen Dienstag evakuieren."
Coup d'État au Niger : la France va évacuer ses ressortissants ce mardi. 

"Während die Regierungschefs der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS/Cédéao am Sonntag Sanktionen über Niger verhängt und den Putschisten ein Ultimatum gestellt haben, haben die sich in Mali, in Burkina Faso und in Guinea an der Macht befindenden Militärführer der nigrischen Junta ihre Unterstützung ausgedrückt. In einem im Fernsehen der beiden Länder verlesenen gemeinsamen Kommuniqué haben Mali und Burkina Faso gewarnt, daß 'jede militärische Intervention in Niger als eine Kriegserklärung' ihnen gegenüber angesehen werde."

Macron zeigt Härte im Dienste Europas. Von Christian Putsch, Korrespondent in Kapstadt,

Wenn das alles nicht so tragisch wäre sowohl für  die westafrikanischen Staaten als auch für uns, könnte man sich weglachen! Für "Europa" tut Emmanuel Macron gar nichts, sondern für die Interessen von Orano und damit für die französische Atomindustrie, die seit 12. Juni 1974, den Niger und seine Uranvorkommen zu Billigpreisen ausbeutet. Als offensichtlich wird, daß es in Mali und Burkina Faso zu Ende geht mit Frankreichs Herrschaft, wird, am 23. Oktober 2019, für Niger ein COMINAK-Sanierungsprojekt beschlossen, das mit Schließung der Mine, am 31. März 2021, beginnt.

Schon zwei Jahre später wird darüber ein Abkommen geschlossen, derweil an die 600 COMINAK-Minenarbeiter arbeitslos sind. Französisch sagt man trop tard ! und dann rien ne va plus !

Orano-Geschäftsführer Nicolas Maes und die Ministerin für Minen Ousseini Hadizatou Yacouba, Foto, wie auch Finanzminister Ahmat Jidoud unterzeichnen das Abkommen, letztere beide jetzt inhaftiert.

Orano signs partnership agreement with government of Niger, wnn world nuclear news, 05 May 2023

"Die allgemeine Übereinkunft deckt das Imouraren Projekt, den fortdauernden Betrieb der Somaïr Mine, die Sanierung der Cominak Mine und Oranos soziale Verpflichtung in Niger ab."

Können Frankreich und die NATO sich einen neuen Stellvertreterkrieg gegen Rußland leisten, erweitert auf den "Globalen Süden"? Werden die 1 100 US-Militärs doch nicht aus Niger abgezogen?

U.S. military partnership with Niger remains key to maintaining regional stability and security.

"Im Niger sind auch rund einhundert Bundeswehr-Soldaten stationiert. Nach Einschätzung der Bundesregierung seien sie derzeit nicht akut gefährdet."

"Ob Deutschland sein Engagement in Niger nun beende, ist aus Sicht des Verteidigungsministers [Boris Pistorius] noch offen."

Was tun die da eigentlich alle, Franzosen, Amerikaner, Deutsche, in fremder Herren Länder?

"Für unsere Würde und unsere Ehre sind wir entschlossen zu sterben!!!"

Militärregierung in Niger stoppt Uranexport nach Frankreich – EU droht

"Die Militärregierung in Niger hat laut Medienberichten den Export von Uran nach Frankreich verboten. Unterdessen verschärft der Westen seine Drohungen gegen die Putschisten. Sowohl die EU als auch die USA haben Unterstützung für eine mögliche Intervention der ECOWAS angekündigt."

Die Ukraine wird dem Westen langsam langweilig. Neue "Ukrainer" müssen her! 😈

Update, vom 2. August 2023

The Committee of Chiefs of Defence Staff (CCDS) of the Economic Community of West African States (ECOWAS) will meet in Abuja from August 2nd to 4th, 2023 on the political situation in the Republic of Niger. The CCDS is meeting following the decision of the Authority of ECOWAS Heads of State and Government at their Extraordinary Session held on the 30th of July 2023 in Abuja, Nigeria.

"Putsch in Niger: Eine militärische Intervention wäre 'die letzte Option auf dem Tisch', laut ECOWAS"
Putsch au Niger : une intervention militaire serait «la dernière option sur la table», selon la Cédéao. 

Die Äußerung tut der in der ECOWAS für Politische Angelegenheiten und Sicherheit zuständige Kommissar Abdulfatar Musa*, von dem man im Internet nicht erfährt, aus welchem der 15 Länder er stammt. Darf man raten? Aus einem (noch) mit dem Westen liierten Land.

*Es ist schon deshalb unmöglich, ihn zu finden, weil er nicht so heißt, sondern Abdel-Fatou Musah, Phd, und er ist aus Ghana, im Rang eines Botschafters, aber das ist den französischen Agenturen und Medien unwichtig. Was interessiert ein Name, wenn schon die Staaten insgesamt nur im Hinblick auf die Interessen Frankreichs interessieren?

"Botschafter Musah bekam seinen Bachelor von der Universität von Ghana, Legon, gefolgt von einem Masters in Mass Communication und einem Doktor in Historischen internationalen Beziehungen von der staatlichen Lomonossow-Universität Moskau. Er spricht fließend Englisch, Französisch, Russisch, Hausa und Twi."

Wenn man davon ausgeht, daß Abdel-Fatou Muslim ist und als Kind zuerst Hausa und Twi lernte und sprach, sieht man an der Auflistung, wie unwichtig diese Sprachen in der ECOWAS sind. Da geht es um Englisch und Französisch. Was sein Studium in Moskau angeht, witzelten wir zur Zeit der Sowjetunion: Wer in den USA studiert, kommt als Kommunist zurück, wer in Moskau studiert, kommt als Kapitalist zurück. Das galt besonders für die Lumumba-Universität seligen Angedenkens.

Die 15 Mitgliedsstaaten, ehemalige britische, französische und portugiesische Kolonien, sind untereinander uneinig, wie mit Niger zu verfahren ist. Wenn da militärische Interventionen stattfinden, werden sie nicht gegen Niger, sondern der einen gegen die anderen ECOWAS-Staaten ausgetragen, was den Rüstungsindustrien Frankreichs, Großbritanniens und der USA Aufträge brächte. Vielleicht könnte Rheinmetall ja zusätzlich 'nen in Deutschland gefertigten Leopard einfliegen?

Nebenbei erfährt man, daß der britische Außenminister James Cleverly, nomen est omen, sich ebenfalls in Abuja aufhält und mit dem nigerianischen Präsidenten Bola Tinubu zusammentrifft. Wer seitens Frankreichs dort gerade jetzt herumlungert, werde ich auch noch rausfinden. 

Was tun Nichtmitglieder der ECOWAS dort? 

gauloisrefractaires kommentiert, am 02/08/2023, 17:36
"Am drolligsten in dieser Lage ist, daß die westlichen Länder und die ECOWAS seit Jahrzehnten unfähig sind, die Dschihadisten Afrikas auszurotten, aber sie wären bereit, einen 'Gegen-Putsch' zu führen, um das von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnte 'Kolonialregime' wieder einzusetzen? Diejenigen, die die Verantwortung übernehmen werden, auf die Gewalt zurückzugreifen, riskieren, ganz Afrika in einem noch nie auf dem gesamten Kontinent gesehenen 'Bruderkrieg', dessen Folgen unabsehbar sind, in Flammen aufgehen zu lassen."

Vielleicht ist das ja eine Absicht? Bruderkrieg zur Verringerung der Anzahl der Afrikaner? Wir EU-Bürger können nur hoffen und beten, daß die Folgen eines solchen Vorgehens bedacht werden.

"Zusätzlich zu einem Ultimatum von einer Woche zum Rücktritt der Junta, um die verfassungsmäßige Ordnung wieder herzustellen, und die Aussetzung von Finanztransaktionen mit Niger hat die ECOWAS das Einfrieren aller Dienstleistungen, einschließlich der Energietransaktionen dekretiert."

Nigeria, Emmanuel Macrons Lieblingsland, hat Niger jetzt schon mal den Strom abgedreht.

MOSCOU APPELLE AU "DIALOGUE" 
La Russie appelle au "dialogue" pour éviter une "dégradation de la situation".
"Rußland ruft zum 'Dialog' auf, um eine 'Verschlechterung der Lage' zu vermeiden."

Affaire à suivre ...

Der Putsch in Niger ist eine Katastrophe für Frankreich. 29. Juli 2023/Updates, 30 Juli 2023