8. Mai 2011

Frankreich. Alle gleich arm, alle gleich schwarz

Von meinen Großeltern lerne ich schon als kleines Mädchen, daß wir wer sind, uns nicht verstecken müssen, uns nichts schenken lassen, vor niemandem buckeln, gleiche Rechte haben wie die Reichen, und daß jeder, wenn er nur strebsam genug ist, vorwärts kommen kann. Die Postille der SPD, gegründet 1876, heißt denn auch Vorwärts. Sozialdemokratisch, sozialistisch, das heißt, den Blick nach vorn richten, aufgeschlossen sein für Neues, für Naturwissenschaften und Technik, die Avantgarde bilden.


Mein aus dem Ostwestfälischen stammender Großvater mütterlicherseits, in den Pott emigriert und von Beruf Hauer auf der Zeche Recklinghausen, tritt Ende des 19. Jahrhunderts in die SPD ein, weil er meint, den Armen sollte es besser gehen, sie hätten auch ein Anrecht auf ein Stück vom Kuchen, nicht nur auf Graubrotbrösel und aufs Knüstchen. Als Junge will mein Großvater Schneider werden, die sitzen im Schneidersitz mit gekreuzten Beinen auf dem Tisch und sticheln. Dazu aber soll mein klein und schmächtig geratener Großvater, das Hämeken, nicht stark genug sein, wohl aber, um in Schwerstarbeit, im Stollen immer ganz vorn, die Kohle zu gewinnen. Unterstellt ist er dem Steiger, der ist Beamter.

Solche Einstellung wie meine Großeltern haben Ende des 19. Jahrhunderts auch die verschiedenen nach der Pariser Commune aktiven Sozialisten, unter ihnen die späteren Mitglieder der 1905 gegründeten Section française de l'Internationale ouvrière (S.F.I.O.), der Französischen Sektion der Arbeiterinternationale. Reformen und republikanische Solidarität sind angesagt bei demokratischen und revolutionären Sozialisten. Die radikalsten erstreben die politische Macht des Proletariats. Mag es auch noch so viele im Streit liegende Richtungen geben, alle wollen sich modernisieren, Anschluß an die neuesten technischen Entwicklungen bekommen, ihre und die Lebenssituation der unteren Schichten oder Klassen Frankreichs verbessern. Als Logo weisen in einem Kreis drei schwarze Pfeile auf rotem Grund von rechts oben nach links unten, sie sollen das Hakenkreuz bannen, sie stehen für "Brot, Frieden, Freiheit". Ab 1944 weht die rote Fahne und die Jakobinermütze, drapiert mit Farben der Tricolore, feiert Wiederauferstehung. Letztens ist der Kämpfer für die Palästinenser Stéphane Hessel mit dem Kopfputz unterwegs.

Die S.F.I.O. wird 1969 zum Parti Socialiste. Von nun an geht's bergab, François Mitterand voraus, im Schlepptau Jean-Pierre Chevènement. Logo ist eine rote Rose in der Faust, symbolisierend ein freundliches Entgegenkommen, die Dornen verbergend, und irgendwie tätig werden kann man bei geschlossener Faust auch nicht. So vergehen die Jahre. Inzwischen gibt's fast unüberschaubare linke Gruppen und Grüppchen innerhalb und außerhalb des Parti Socialiste, und ihr echtes Anliegen ist die Rettung der "guten alten Zeit". Es sind versammelte Reaktionäre, deren wichtigstes Wort NON heißt, NEIN. Die sich links gebärdenden Genossen bejammern die geplante Abschaffung sozialer Einrichtungen, die sich Frankreich schon lange nicht mehr leisten kann, 35-Stundenwoche, Rente mit 60, Aufnahme der Armen und Geschundenen der Welt. Es versteht sich, daß keiner der Funktionäre in bescheidenen Verhältnissen lebt, warum auch? Diäten, Geschäfte, Netzwerke florieren, und der Bauer José Bové wohnt auf dem Larzac in einem Bio-Haus, das mehrere Millionen Euro gekostet hat.

Die Bürger Frankreichs, die mit Nicolas Sarkozy und seiner Carla Bruni nicht mehr viel am Hut haben, setzen mehrheitlich auf einen Sozialisten, der aber dem sozialistischen Schema nicht entspricht und eben deshalb in Umfragen vorn liegt, auf Dominique Strauss-Kahn. Dieser, zu Zeiten seiner Regierungszugehörigkeit in politischen Ämtern, umstritten, rehabilitiert, verheiratet mit der Journalistin Anne Sinclair und von Nicolas Sarkozy im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen von 2007 als möglicher Konkurrent zum International Monetary Fund (IMF) entsorgt, ist der mehrheitlich bevorzugte Kandidat der Franzosen.

Seine Vergütung als Präsident des Internationalen Währungsfonds setzt sich nach Informationen des kritischen Blogs Bretton Woods project so zusammen (Stand: 4. Dezember 2007): steuerfreies Jahresgehalt $420,930 (290 170 €) und steuerfreie Aufwandsentschädigung $75,350 (51 942 €). Das ist mehr als das Gehalt des Weltbankpräsidenten ($493,940 / 340 500 €), des US-Präsidenten ($450,000 / 310 210 €, zu versteuern) und des UN-Generalsekretärs ($403,958 / 278 471 €, steuerfrei). Nur der General Manager der Bank for International Settlements (BIS), der Kanadier Malcolm D. Knight, verdient mehr als sie alle, ungefähr $750,000 / 517 017 € plus nicht spezifizierte Aufwandsentschädigung. Dominique Strauss-Kahn, in Frankreich kurz DSK, nimmt teil an einem Pensionsschema, das für Entwicklungsländer gemäß IMF-Empfehlung strikt verboten ist. Er wird als Generaldirektor eine besondere Aufstockung der Rente erhalten; sie richtet sich nach der Dauer der Zugehörigkeit zum IMF. Wenn er eine volle Amtszeit bleibt, wird er für jedes Jahr, das er nicht arbeitet, 180 Prozent der Pension eines Durchschnitts-Angestellten erhalten. Weitere Einzelheiten sind dem Blogger nicht bekannt.

Das Gehalt des DSK beträgt 342 112 € = 28 510 €/ Monat. Er gehört also zu denjenigen, die den Rat meines Großvaters befolgt haben, sich anzustrengen, dann würde man auch was. Die Franzosen wissen von den traumhaften Vergütungen des DSK, und ziehen ihn dennoch der Islamfreundin Martine Aubry, der glamourösen Ségolène Royal und dem abgemagerten François Hollande vor.

Aber die Konkurrenz innerhalb des Parti Socialiste und außerhalb, bei den bürgerlichen Parteien, schläft nicht. Man sollte es nicht glauben, was heutzutage Politiker straucheln lassen oder gar zu Fall bringen kann. Es sind nicht mangelnde Ideen, ein fehlendes oder fehlerhaftes Parteiprogramm, sondern es ist ein AFP-Foto, auf dem DSK und seine Frau am 28. April in einen Porsche steigen. Es scheint sich, nach dem Foto zu urteilen, um einen Panamera S zu handeln, die "4. Dimension". Er kostet unverbindlich, mit Schaltgetriebe, 95.594,00 € inkl. MwSt. Eine Mercedes Limousine der S-Klasse, die "Ikone der Fortbewegung", ist ab 71 876 € inkl. MwSt zu besteigen. Es gibt aber teuerere Modelle.

Die MSM in Frankreich und auch der STERN in Deutschland regen sich darüber auf, wobei der STERN weiß, daß es sich um einen Panamera S handelt, und indirekt zu verstehen gibt, daß der Flitzer dem DSK gehört. 156 aktuelle Ergebnisse bietet Google.fr am 7. Mai 2011, 216 am folgenden Tag, über den "Champagner-Sozialisten", darunter allerdings auch Spötter, die Fotos zeigen, auf denen Staatspräsident Georges Pompidou in seinen Porsche steigt, und François Fillon sich als Ferrari-Fahrer outet. Der Preis des neuen Ferrari 12-Zylinder FF beträgt 258 100 €.

Der Panamera S ist mitnichten Eigentum des DSK, sondern er gehört dem Sonderberater der Lagardère Gruppe, dem ehemaligen Kommunikationsberater und engen Vertrauten des DSK Ramzi Khiroun. Mit einem solchen Auto darf man einen zukünftigen sozialistischen Präsidenten Frankreichs nicht antreffen, ihm wird in dem Fall mangelnde Verbundenheit mit dem Volk attestiert - nicht von diesem, sondern von den von Neid zerfressenen Journalisten der MSM. Gerade sozialistische Präsidenten haben Bescheidenheit und Askese zur Schau zu stellen. Vorbei sind die Zeiten, da es wie in den USA ist, da es die Menschen anspornt zu Leistungen, daß sie Vorbilder haben, die sie mitreißen, im Frankreich von heute ist das Ideal, daß alle gleich arm sind. Die Folge ist, wie man unschwer erraten kann, eine beispiellose Heuchelei, am schlimmsten von Konkurrenten des DSK, sie lassen ihre Meinung durch Stellvertreter an die Öffentlichkeit dringen, durch die Umgebung der Martine Aubry, der Ségolène Royal, durch die Anhänger des François Hollande, des Benoît Hamon. So können sie im Falle, daß alles anders verläuft, als geplant, ihre Neutralität in der Kampagne erklären.

Alle gleich schwarz

Ist für die französische Politik das erstrebenswerte Ziel "alle gleich arm", so ist es im Fußball "alle gleich schwarz". Google.fr bietet 614 000 Ergebnisse zu Football "Black-black-black". Im Jahr 2005 fallen linke Politiker und ihre MSM über Alain Finkielkraut her, der es wagt, die Tatsache zu beklagen, daß nicht mehr wie zu Zeiten der Weltmeisterschaft 1998 die Mannschaft black - blanc - beur sei, sondern jetzt black - black - black, also nicht mehr aus schwarzen, weißen und arabischstämmigen Fußballern zusammengesetzt sei, sondern nur noch aus schwarzen.

Es kann geschehen, daß es außer dem Torwart keinen weiteren weißen Spieler auf dem Platz gibt. Wenn´s in die Defensive geht, wird´s weißer. Die Schwarzen holen die Kastanien aus dem Feuer. Der weiße Torwart ist der Star der Mannschaft. Wer erinnert sich nicht an den kahlköpfigen Fabien Barthez, in der WM 1998? Solches aber darf Alain Finkielkraut nicht sagen, sonst kriegt er´s mit dem Haß der MSM-Journalisten und der Blogger zu tun. Im Artikel Alain Finkielkraut, das Interviewerpärchen und die Geier (Teil 2) kann man nachlesen, wer alles geifert: Blogger OOdr, Le Monde, die linke medienkritische Site "acrimed" und viele andere.

In einer öffentlichen Ratssitzung in Montpellier sagt der Präsident der Region Languedoc-Roussillon Georges Frêche bedauernd über die Zusammensetzung der Fußballmannschaft Frankreichs, WikiNews zitiert ihn gemäß AFP: "Dans cette équipe (de France), il y a neuf blacks sur onze. La normalité serait qu´il y en ait trois ou quatre. Ce serait le reflet de la société. Mais là, s´il y en a autant, c´est parce que les blancs sont nuls. J´ai honte pour ce pays. Bientôt, il y aura onze blacks. Quand je vois certaines équipes de foot, ça me fait de la peine." In dieser Mannschaft (von Frankreich) sind neun Schwarze, von elf. Normal wäre, wenn es drei oder vier wären. Das würde die Gesellschaft widerspiegeln. Aber wenn das so ist bei uns, dann ist das deshalb, weil die Weißen Nieten sind. Ich schäme mich für dieses Land, bald wird es elf Blacks geben. Wenn ich manche Fußballmannschaften sehe, schmerzt mich das.

Ein Blick auf die Zusammensetzung der Nationalmannschaft zur WM 2010 zeigt:

2 Torwarte: ein weißer, ein schwarzer
8 Verteidiger: 5 schwarze, 3 weiße
5 Libero/Läufer: 3 schwarze, 2 weiße
7 Stürmer: 4 schwarze, 3 weiße
insgesamt: 13 schwarze, 8 weiße

Es hätte bei der WM 2010, wenn die Spieler nicht in ihrem blauen Bus sitzengeblieben wären und gestreikt hätten, eine Konstellation mit nur schwarzen Spielern geben können. Ähnlich äußert sich Georges Frêche im Jahr 2006 und wird dafür angeblichen Rassismus wegen von 33 Vorstandsmitgliedern des PS aus der Partei entfernt. Am eifrigsten in seinem Vernichtungswahn ist Arnaud de Montebourg, der eine muslimische algerienstämmige Mutter hat. In alter sozialistischer und islamischer Tradition, politische und persönliche Widersacher zu eliminieren, betreibt er dessen Ausschluß aus dem Parti Socialiste und erhält prompt Genugtuung.

Jetzt aber hat die Diskussion einen neuen Höhepunkt erreicht; denn der Nationaltrainer Laurent Blanc äußert sich am 8. November 2010 in einer Versammlung wie seinerzeit Alain Finkielkraut und der inzwischen verstorbene Georges Frêche, und er fordert Quoten für weiße und für nordafrikanisch-stämmige Spieler. Deshalb gibt es seit zwei Wochen eine von den schwarzen Spielern Lilian Thuram und Patrick Vieira losgetretene "Affäre der Quoten". Der Selbstzerstörungswillen der französischen Politiker und MSM kennt ab sofort keine Grenzen mehr. Der Internetauftritt Mediapart des ehemaligen Trotzkisten und Chefredakteurs von Le Monde Edwy Plenel macht damit Kasse. Er ist immer auf der Seite der Gerechten, ob es um Stéphane Hessel geht oder nun um die Quoten des Laurent Blanc. Abgesahnt wird von den Abonnenten und von staatlichen Sendern wie ArteTV, TV5 und France Culture, die gute Honorare zahlen. Die französischen Steuerzahler finanzieren diese linken Kampagnen zur Zerstörung der Gesellschaft.

Man befürchtet, daß der Trainer die Kampagne nicht durchsteht und aufgibt, fürchtet Le Figaro. Der technische Direktor der Nationalmannschaft François Blaquart, der Erfinder der Quoten, ist bereits suspendiert. Es handelt sich wie seinerzeit bei Georges Frêche wieder einmal um eine Entgleisung, un dérapage. Die Untersuchungen laufen, wer bislang nicht einvernommen worden ist? Laurent Blanc. Die Inkompetenz des Fußballverbandes Frankreichs zeigt sich einmal mehr, seine Funktionäre stellen sich gegen den Trainer. Le Figaro aktualisiert laufend den Stand der Selbstzerfleischung Frankreichs.

Als ich eben die Site des Vorwärts aufschlage, um noch einmal das genaue Gründungsdatum des Blattes zu verifizieren, lautet der erste Artikel dort: SPD will über Quote diskutieren. Wollen sie ebenfalls Selbstmord begehen wie Laurent Blanc, vielleicht fordern, daß Schulklassen in manchen Bezirken nicht mehr fast ausschließlich aus Türken und türkischstämmigen Deutschen bestehen? Nein, sie wollen wie allgemein bei den Linken üblich und politisch korrekt, daß in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Quoten für Personen mit Migrationshintergrund, in Deutschland synonym für Muslime, eingeführt werden. Das wird nicht als Diskriminierung und Hetze angesehen, sondern das wird befürwortet, in einer BILD-Umfrage sogar von der Mehrheit der Leser, dem können die Betroffenen getrost ablehnend gegenüberstehen, das ist schon bei der Diskussion um die Frauenquote so, aber es liegt auf dem Weg "alle gleich arm", "alle gleich schwarz". Niemand muß sich mehr anstrengen in einer tatsächlich oder angeblich hostilen Mehrheitsgesellschaft. Mit Hilfe von Quoten kriegt jeder und jede eine Chance. Quotenfrau an meinem ehemaligen Arbeitsplatz zu sein, das hätte mir bei allen Intrigen anderer Frauen (!) noch gefehlt.

Auch für "France quotas pour musulmans" gibt es herrliche Ergebnisse. Nicolas Sarkozy will für das ehemalige Französisch-Westafrika Muslimquoten bei den Präsidenten, was er für die Elfenbeinküste unter Applaus der westlichen Welt bereits erreicht hat, Streetpress fragt: "Après Laurent Blanc qui veut instaurer des quotas en équipe de France, pourquoi ne pas introduire des quotas l'Assemblée Nationale pour plus de représentativité ?" Nach Laurent Blanc, der in der französischen Nationalmannschaft Quoten einführen will, warum keine Einführung von Quoten in der Nationalversammlung, um sie representativer zu machen?

Bezeichnend für die Heuchelei der Linken ist, daß Quoten für Muslime und Schwarze für diese positiv, keinesfalls als rassistisch, und für die Mehrheit neutral eingeschätzt werden, während Quoten für Weiße in einer mehrheitlich schwarzen Fußballmannschaft für die Weißen positiv und für die Schwarzen negativ und als rassistisch gegen die Schwarzen bewertet werden. Diese Relativierung der Kriterien bestimmt nicht nur die Einschätzung der Fußballmannschaft Frankreichs, sondern sämtliche heutigen Diskussionen in Deutschland und in Frankreich über Islamisierung und Integration. Die so fürsorglich für Muslime und Schwarze eintretenden Linken merken den Rassismus gegenüber ihren Schäfchen gar nicht, sondern sie kommen sich noch edel vor, abgesehen davon, daß keiner von ihnen außer auf Demonstrationen gegen die verhaßte Gesellschaft persönlich mit denen zu tun haben möchte.

Derweil betreibt der UEFA Champions League Finalist FC Barcelona seine ganz eigene Politik zum Aufbau von Qualitätsspielern. Dank ausgezeichneter Jugendarbeit des Clubs besteht die Mannschaft aus einer Mischung von selbst herangezogenen und teuer eingekauften Spielern. Der Welt bester Spieler Lionel Messi stammt aus der Nachwuchsakademie La Masia von Barcelona. Im Endspiel von Rom 2009 stammen acht Spieler aus dieser Akademie. "Viele der Jungtalente kommen aus Katalonien und anderen Regionen Spaniens, jedoch gibt es immer wieder Spieler aus anderen Staaten, die in La Masia ausgebildet werden wollen," weiß Wikipedia. Es verleiht dem Club eine Kontinuität, von der andere nur träumen können, und von Kampagnen wie der gegen Laurent Blanc hat man in Spanien auch noch nicht gehört.