Irgendwie ähneln sich alle linken und sonstigen Propaganda-Medien, besonders nah ist die Verwandtschaft, wenn es darum geht, einen Gegner oder Feind vorzuführen auf einem Gebiet, das derartig vermint ist, daß man meinen sollte, die Journalisten hätten genug zu tun, sich um den Kram in ihrem eigenen Land zu kümmern. Je größer die Mißstände zu Hause, desto wortgewaltiger geht's her über die Zustände in Ländern, deren politisches System man rundum ablehnt. Ein Musterbeispiel dafür ist Iran PressTV, noch vor ARD und ZDF mein liebster Sender. Was ist die oft unscharf fokusierte, weil durch mangelnde Kenntnis des Islam nicht treffsichere Propaganda von Tagesschau und Tagesthemen, von heute und heute-journal über Morgen- und Abendland, über den "arabischen Frühling" und die "Demokratiebewegung", gegen die Konsequenz des Iran PressTV.
Auf den Sender ist Verlaß. Nach jedem Beitrag weiß man eineindeutig, wie die herrschenden Mollahs zu den Ereignissen in dem vorgestellten Land stehen, das Verständnis des Islam und die Grundsätze der schiitischen Lehre lassen keine Zweifel aufkommen. Jedes Land kann eingetragen werden in ein Koordinatensystem, das bestimmt wird durch die Koordinaten Islam - Sunna - Schia - Nichtislam. Von Iran PressTV erfährt man nur eines nicht, was im Iran los ist, welche Bewegungen, Aufruhre, Proteste, Demonstrationen kleinerer und größerer Art in Teheran, Täbriz, Schiraz, Isfahan, Basra oder Rescht stattfinden. Darüber zu berichten, sieht die Regierung keine Veranlassung. Entsprechend ist es auch nicht Aufgabe des Senders, Vergleiche anzustellen mit den Verhältnissen im eigenen Land, beispielsweise: Während wir in Teheran dies oder jenes erreicht haben, liegt Saudi-Arabien noch weit zurück. Einen solchen Satz wird man vom Iran PressTV nicht hören, sondern der Iran befindet sich in der komfortablen Position des Beobachters.
Preisexplosionen am israelischen Immobilienmarkt und anderer Käse
In einer ähnlichen Position sieht man Le Figaro im Falle Israels. Dieses Land und seine Politiker werden in allen gesellschaftlichen Bereichen vorgeführt, wie man als überlegener Gegner ein Land vorführt, von ganz oben, nach ganz unten. Marc Henry liefert dazu Stoff, in dem er über die Wut Tausender Israelis über die Preisexplosion am Immobilienmarkt berichtet: La révolte des tentes à Tel Aviv. Die Zeltrevolte in Tel Aviv.
In Israel ist was los, die Demonstranten gegen die Höchstpreise bei Kauf oder Miete von Wohnungen und Häusern kampieren in ihren Zelten auf dem Boulevard Rothschild, den Champs-Elysées von Tel Aviv. Mehr und mehr Familien könnten sich keine angemessene Wohnung leisten, 70 Prozent der Israelis hätten die Mittel nicht zum Erwerb von Wohneigentum. Eine Revolte der Mittelklasse sei ausgebrochen, eine Kampagne auf Facebook, losgetreten von Daphni Leef, einer 24-jährigen Frau, die ihre Miete nicht mehr habe zahlen können, weil der Besitzer der Wohnung die Miete massiv erhöht habe, gewönne enormen Zulauf, jung und alt, gehaltbeziehende Ehepaare sowie Rentner machten mit.
Die Wirtschaft Israels boome, 5,2 Prozent Wachstum seien für dieses Jahr vorausgesehen, ein Traum europäischer Länder. Das Prokopfeinkommen sei in etwa das Italiens. Aber das alles sei Statistik, es berücksichtige nicht diejenigen, die von der Gesellschaft ausgeschlossen seien, les laissés-pour-compte. Die Einkommen stagnierten seit fünf Jahren, aber die Wohnungspreise seien um 55 Prozent angestiegen. Aber das sei noch nicht alles. Über Facebook werde seit einigen Wochen der Cottage Cheese boykottiert, und damit man auch ja nichts im Internet findet, vermeidet Marc Henry suchfähige Begriffe: Cottage Cheese Rebellion wird die Kampagne genannt, which could grow into an uprising against a dysfunctional political system and an economic system long controlled by monopolies and cartels, faßt Daniel Doron, im Wall Street Journal, die seit Juni 2011 zu lesenden Informationen aus der israelischen Presse zusammen. Dort erfährt man auch, wer was in Gang gesetzt hat, nämlich der 25-jährige Kantor Itzak Alrov, aus der orthodoxen Gemeinde Bnei Brak, den Käse.
Davor sei, ebenfalls durch soziale Netzwerke - vielleicht meint er wieder Facebook? - schon eine andere "spontane" Fronde erstanden und die Regierung dadurch gezwungen worden, die Steuererhöhung für Brennstoff zu verschieben.
Pour couronner le tout, une partie des médias alimentent une campagne contre une douzaine de familles de "tycoons" (magnats en anglais) accusées de manipuler l'économie à leur profit en empêchant le libre jeu de concurrence. Um das alles zu krönen, nährt ein Teil der Medien eine Kampagne gegen ein Dutzend Familien der "Tycoons" (Wirtschaftskapitäne in englisch), die angeklagt seien, die Wirtschaft zugunsten ihres Profits zu manipulieren und das freie Spiel der Konkurrenz zu verhindern, berichtet Marc Henry, der aber keine Gefahr sieht für die Regierung des Benyamin Netanyahu. Die Linke sei praktisch inexistent, und Tzipi Livni von den Zentristen werde mit Likud in einen Topf geworfen. Nebenbei erfährt man, daß Figaro-Lesern der Begriff Tycoon erklärt werden muß, sie können außer Französisch sonst keine Sprachen, außer die "über andere Leute".
Daniel Doron meint: Not surprisingly, radical elements are trying to exploit legitimate grievances to unseat Mr. Netanyahu, who is trying to overcome oligarchs' and bureaucrats' stiff resistance to reform. But the rebellion may yet bring the right kind of change to Israeli society - truly competitive markets and a more accountable political class. Es verwundert nicht, daß radikale Elemente die gerechtfertigten Sorgen auszubeuten versuchen, um Herrn Netanyahu abzusetzen, der versucht den starken Widerstand von Oligarchen und Bürokraten gegen Reform zu überwinden. Aber die Rebellion könnte der israelischen Gesellschaft die richtige Art von Wechsel bringen - wirklich konkurrierende Märkte und eine berechenbarere politische Klasse.
Ulrich Becker berichtet auf ARO1 in Facebook zu den Protesten: "Jedijot Achronoth machte eine grosse Story, diese Schabbatausgabe, ueber die fuehrenden 'Frauen der Revolution' hinter den Protesten. Eine davon kenne ich zufaellig persoenlich und es koennte eine traurige Analogie fuer die ganze Protest-Farce sein:
Die nette Dame, die sich hier mit sozialistischen Spruechen fuer 'soziale Gerechtigkeit' ausspricht ist naemlich im echten Leben von mysterioesen Stipendien versorgt (doppelt so viel, wie man mit ehrlicher Arbeit erreichen koennte), obwohl ihre akademischen Leistungen weniger als mittelklassig sind und von Kommilitonen fuer aggressives und selbstherrliches Auftreten und Mouth-Shutting gefuerchtet, und erklaerte mir selbst, wie das mit Stipedien und allgemein mit der Verteilung von oeffentlichen Geldern funktionieren sollte (!):
Wer lauter bruellt, kriegt mehr, wer still ist, nichts.
Soweit zu ihrer Raubtier-Antigerechtigkeitsvorstellung des Dschungels - aehm 'soziale Gerechtigkeit' meine ich. Und diese Frau ist eine der fuehrenden Stimmen dieser sozialistischen Anarchisten, aehm Kaempfer fuer soziale Gerechtigkeit..."
HintermännerInnen der Proteste
Selbstverständlich erfährt man von Marc Henry keine Hintergründe über die Rolle der Linken und Linksradikalen, nicht einmal solche, die das Gegenteil der Äußerungen von Uli Becker wiedergäben: Méfiants, les manifestants proclament qu'ils ne veulent pas être "récupérés" par une classe politique désorientée qui semble avant tout attendre que la fièvre sociale retombe. Mißtrauisch, erklären die Demonstranten, daß sie nicht von einer desorientierten politischen Klasse "vereinnahmt" werden wollen, die vor allem abzuwarten scheint, daß sich das soziale Fieber wieder legt. Das ist alles.
Wer nun erwartet, daß der Korrespondent einige Tage später Zusammenhänge begreift und über sie berichtet, der wird enttäuscht. Am 5. August entdeckt er vielmehr "die israelischen Siedler", sie schlössen sich der Bewegung an, während in der Protestbewegung sich Spannungen bildeten. Die angeblich spontanen Protestler wollen laut Marc Henry aus der Bewegung eine gegen den Premierminister machen.
Eine weitere Demonstration kündigt er an, sie begänne nach dem sakrosankten Sabbath. Er behauptet, die Bewegung sei aus der Basis heraus entstanden - zu deutsch aus den Grassroots. Er nennt noch einen Aktivisten, ohne dessen Hintergrund mitzuteilen, Roy Neuman. Dabei wissen die Leser nicht einmal, wer Daphni Leef ist, die Aktivistin aus dem vorherigen Artikel (siehe Foto, neben ihr weitere spontane Bürger Israels).
Wer ist sie, die am Samtagabend vor 250 000 Demonstranten spricht: "Dieser Geist ist unschlagbar. Ich spüre diesen Geist mit jedem Tag, der vorbeigeht ... Es ist ein Sturm, der sich über das Land legt. Derselbe Sturm weht in den Herzen aller der Leute, die hier und überall im Lande stehen - der Geist sozialer Gerechtigkeit." So zitiert von YNetNews, am 7. August 2011, um 0:22 Uhr.
Diese junge Frau ist eine Profi-Aktivistin. Wer jemals politische Reden geschwungen hat, der weiß, was es bedeutet, auch nur vor 100 Leuten zu sprechen, vor tausend, geschweige denn vor Hunderttausenden. Indy News Israel berichtet am 23. Juli über das Naturtalent, auf YouTube wird sie als Video Editor bezeichnet:
Overcome with emotion, Daphni Leef, the first activist to call for the tent protest, said, “I never believed this would happen – we are not alone!”
“We got so used to suffering alone, and our desperation was so great… In my entire life I never thought I would give up my apartment and find my home. We are in the street, and we must stay in the street!”
“A roof over your head is the most basic thing, that all of us deserve. There are people who are fighting every day to have this roof over their heads. I as a young woman feel that I am almost there,” Leef said.
“Everyone, all of this generation, we are one!” she added, to thunderous applause.
Daphni Leef hat inzwischen 4 999 Facebook-Freunde, die Grenze ist bei 5000 erreicht, weiß ich von Daniel Pipes, mit dem sich nun niemand mehr befreunden kann. Sie ist Absolventin des Jahres 2008 der Tel Aviv University, Department Film and Television. Ich behaupte ungeschützt, daß dort nicht gerade ein Hort des Likud zu finden ist, nicht einmal der Tzipi Livni - wie hieß noch ihre Partei?
Ulrike Putz sieht im SPIEGEL die Revolution in Israel ausbrechen. Bei ihr sind's 350 000 Demonstranten, dagegen ist Le Figaro richtig bescheiden und spricht mit der israelischen Polizei und AFP von 250 000. Inzwischen ist laut Arutz7 die Anzahl auf 65 000 Demonstranten gesunken: Press inflated numbers.
Sqall Leonhart kommentiert die unzulängliche Information durch den Figaro, um 16:57 Uhr:
Des journalistes ont etudie l'origine des magnifestants et la majorite de leurs dirigeants auto-proclames sont des militants d'extreme gauche et meme anarchiques. Pourquoi cachent-ils leurs couleurs ? Parce que que la gauche israelienne est morte, elle ne represente pas plus de 20% des voix depuis qq annees. J'espere que Netanyahu saura passer des lois qui n e tueront pas le marche mais renforcera la concurrence pour faire baisser les prix des loyers.
Die Journalisten haben die Herkunft der Demonstranten untersucht, und die Mehrheit der selbsterklärten Anführer sind Parteigänger der extremen Linken und sogar der Anarchisten. Warum verbergen sie ihre Farben? Weil die israelische Linke tot ist, sie vertritt seit einigen Jahren nicht mehr als nur noch 20 Prozent der Stimmen. Ich hoffe, daß Netanyahu Gesetze durchbringt, die nicht den Markt abwürgen, aber die Konkurrenz stärken, um die Mietpreise damit zu senken.
Der SPIEGEL kann nie den Hals vollkriegen, wenn's um Israel geht: Reiches Land, arme Bürger - ganz anders als in Deutschland eben, anders als in Europa, anders als in den USA seit Barack Obama. Israel sollte sich schämen! Das kommt von der "Besatzung des Westjordanlands und der Subvention der Ultraorthodoxen".
Und wer ist Roy Neuman? Der kommt überhaupt nur im Figaro und anderen francophonen Auftritten vor, die vom Figaro abschreiben. Er wird nämlich Neumann geschrieben, wie der gleichnamige Sanitätsgefreite, aber so werden weitere Spuren verwischt. Die Leser müssen sich nicht unbedingt ansehen, wer als Zeuge der Anklage bemüht wird. Er sei Sprecher der Proteste, Protest Spokesman, wissen die Jerusalem Post und andere israelische Auftritte. Leider bekommt man bei dem Allerweltsnamen nicht heraus, woher Roy Neumann kommt. Niemand scheint ein Interesse daran zu haben, das herauszufinden und mitzuteilen.
Mitstreiter für die Gerechtigkeit
Für Marc Henry ist das alles sowieso gleichgültig; denn sonst könnte er nicht so gezielt gegen Israel Propaganda machen, die Leser würden mal eben - wait a minute - nachdenken. So aber legt er mit der mächtigen Gewerkschaft Histadrut nach, deren Vorsitzender Ofer Eini entschlossen sei, seine großen Bataillone in den öffentlichen Unternehmen zur Teilnahme an der Demonstration vom 6. August zu mobilisieren. Das kenne ich noch aus meiner Zeit als ÖTV-Gewerkschafterin (heute Wer? Die?), die öffentlichen Großbetriebe BVG, BEWAG, GASAG konnten sich das leisten. Bis die IG Metall demonstrierte und streikte, da mußte schon mehr los sein, denn da ging es um Privatbetriebe und nicht um die Knete der Steuerzahler. Die World Socialist Website bricht den Stab über Ofer Eini, seine Histadrut und die Gewerkschaft der Kommunalbehörden, Union of Local Authorities, sie wollten die Kontrolle über die Bewegung, um sie zu ersticken. Davon mag man halten, was man will, wenigsten erfährt man etwas.
Das könnte auch erklären, warum die Siedler sich einmischen. Von einer union sacrée jedenfalls, einem Geheiligten Bund, ist nicht die Rede, schon unter Ausschluß dessen, was nicht sein kann. Vorprogrammierte Fehleinschätzung liefert der Korrespondent aus Tel Aviv - oder sitzt er gar in der Redaktionsstube des Figaro, in Paris? Die Uneinigkeit komme durch die unterschiedlichen Streitpunkte, Mütter mit Kleinkindern wegen der Kindergartenpreise, Taxifahrer wegen der Benzinpreise, Lehrer und Erzieher zur "Verteidigung der öffentlichen Schule", andere gegen die Einfuhr von Milchprodukten, was die Regierung vorhabe, um zur Preissenkung beizutragen.
Zum Schluß läßt Marc Henry die Katze aus dem Sack:
Le pouvoir acquis dans la rue commence également à exacerber les ambitions personnelles. Des dissensions sont apparues entre les différents groupes. Mais Roy Neuman n'en a cure : "Il y a un élan vital général, un désir de vivre ensemble, la lueur d'espoir apparue enfin dans le regard des Israéliens balaie toutes autres considérations."
Die auf der Straße erreichte Macht beginnt auch die persönlichen Ambitionen anzustacheln. Meinungsverschiedenheiten sind aufgetaucht zwischen den verschiedenen Gruppen. Aber Roy Neuman [sic!] ist unbesorgt: "Es gibt einen allgemeinen lebendigen Schwung, einen Wunsch, miteinander zu leben, der endlich im Blick der Israelis erschienene Hoffnungsschimmer fegt alle anderen Erwägungen hinweg."
Na, dann! Die Genossen der radikalen Linken werden's schon richten!
Mieten in Paris
Nun, da die Leser alles wissen über das Elend in Israel, die unerschwinglichen Mieten in Tel Aviv und Jerusalem, über die arme Bevölkerung in einem reichen Land, gestatte mir Marc Henry die Frage nach den Kosten für Wohnraum in Paris. Was liest man im Figaro dazu?
Ich gebe in die Suchfunktion flambée prix immobilier paris ein. Zehn Resultate kommen, eines vom 10. März 2011, das nächstaktuelle vom 21. April 2007. Aber das vom März ist schon spannend genug als Vergleich zu den Aufregungen des Marc Henry über die Zustände in Israel. Der Bürgermeister von Paris Bertrand Delanoë erklärt, "konsterniert" zu sein über den Vorschlag des Staatssekretärs für Wohnungswesen Benoist Apparu, die chambres de bonne, die Dienstmädchenkammern und andere Kammern, die zu mißbräuchlich hohen Preisen vermietet werden, zu besteuern. Er will solche Mietobjekte besteuern, wo der Quadratmeterpreis für eine Fläche von weniger als 13 Quadratmetern mehr als 40€ beträgt, vierzig Euro! Und aus der Formulierung geht hervor, daß solche Butzen bislang einfach so und unversteuert vermietet werden können, oder?
Man erinnert sich an meinen Artikel über die CSU und die Quadratmeterpreise für Wohnungen in München, wohl eine der teuersten Städte Deutschlands, was die Mieten angeht? Der Quadratmeterpreis liegt um die 10€, und in der Hauptstadt Berlin sind die Mietpreise sehr viel niedriger.
Könnte man Daphni Leef, die sich gezwungen sieht, in einem Zelt auf den Champs-Élysées von Tel Aviv zu campen, nicht ein solches Zuhause anbieten, von dem aus sie ihre Videos herausgibt? Dazu muß frau nicht in Israel sein, sondern im judenfreundlichen Frankreich ginge es ebenso. 520€/Monat für 13 Quadratmeter? Und hat schon einmal jemand solche chambres de bonne gesehen, wo sie in oder an den Wohnungen liegen? Richtig, am Dienstboteneingang, manche auch sous le toit, unterm Dach, juchhe, sturmfreie Bude!
Der Bürgermeister ist empört. Nur ein Prozent aller Pariser Wohnungen beträfe eine solche Maßnahme der Regierung, der Durchschnitt der Wohnungen in Paris koste 22€/qm, ville particulièrement affectée par la flambée des prix de l'immobilier, die besonders vom Anstieg der Immobilienpreise betroffene Stadt. Nahezu um 50 Prozent seien die Mietpreise in Paris in den letzten zehn Jahren gestiegen, mehr und mehr Familien seien vom Wohnungsmarkt in Paris ausgeschlossen. Bertrand Delanoë fordert Mietspiegel, um bei Erst- oder Wiedervermietung die jetzt praktizierten unverschämten Mieterhöhungen auszuschließen. Der Staatssekretär befürchtet eine Blockierung bei den Vermietungen, aber der Bürgermeister verweist auf Deutschland, wo es Mietspiegel schon seit sehr langer Zeit gebe, was die Wohnungsbesitzer nicht entmutigt hätte. Der Markt für Mietwohnungen sei der bedeutendste in Europa.
Wer jemals in Paris eine akzeptable Wohnung gesucht hat, weiß, wovon Bertrand Delanoë redet. Vor zehn Jahren, noch zu Zeiten des Franc, sollte ich für Bruchbuden in Vorstädten von Paris 5000 FF/Monat (ca. 770€) abdrücken, einen Kühlschrank aus den 50er Jahren, den mit den abgerundeten Ecken, wie im "Fall für Zwei" bei Josef Matula, sollte man gern behalten dürfen. Er war allerdings total unbrauchbar. In den drei Zimmern sah es aus wie in Deutschland in Trümmerwohnungen nach WWII, und im Araberviertel lag die Wohnung außerdem. Das schreibe ich, weil die Gegend in Paris mietmindernd ist, eine solche Wohnung in einem anderen Viertel schon vor zehn Jahren nicht unter 1000€ zu mieten gewesen wäre.
Wer sich eine Vorstellung von den Mietpreisen in Paris machen möchte, der bekomme seinen Schreck auf der Site der wöchentlich erscheinenden Kleinanzeigenzeitschrift für Privattransaktionen Particulier à Particulier. Einzimmer-Appartment im 14. Arrondissement, 28 qm, 795€; Zweizimmer-Appartment im 17. Arrondissement, 35 qm, 1 100€; Dreizimmer-Appartment im 15. Arrondissement, 49 qm, 1 377€ usw.
Das entschuldigt nicht die horrenden Mieten in Israel. Sie sind aber wohl indécent, wie man hier sagen würde, anstößig und schamlos, die Berichte des Marc Henry und die Demagogie, die der Figaro betreibt, anstatt sich um die Kosten für Wohnraum in seiner eigenen Stadt zu kümmern und sie anzuprangern. Die beiden Artikel passen in die übliche Denunziation Israels. Le Figaro hat das Niveau des Iran PressTV erreicht.